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23.04.2019 :
Rechtsrock-Konzert zu Ehren Adolf Hitlers in Norditalien
Am Osterwochenende veranstaltete die italienische Neonazi-Organisation "Veneto Fronte Skinheads" (VFS) über zwei Tage ein Rechtsrock-Konzert in Norditalien unter dem Motto "Defend Europe".
Zum Auftakt des Wochenendes versammelten sich am Freitagabend bereits etwa 600 Neonazis in der kleinen Gemeinde Sanguinetto in der Provinz Verona. Band-Mitglieder der am Folgetag angekündigten Acts, boten den europaweit angereisten Neonazis dort eine Akustik-Show samt DJ-Set.
Am Samstag begann das Hauptkonzert bereits um 14 Uhr. Über 2.000 Neonazis feierten Adolf Hitlers 130. Geburtstag, ungestört von Polizei und Behörden, in einem öffentlichen Gebäude mitten im Zentrum der Kleinstadt Cerea. Auf der Bühne standen namenhafte Rechtsrock-Bands aus Australien, Schweden, Spanien, Italien, Polen und England. Auch die deutsche Band "Sleipnir" trat auf. Dementsprechend international war auch das Publikum. Nachweislich folgten der Einladung Neonazis aus Österreich, Frankreich, Tschechien, der Slowakei, Kroatien, Ungarn, Irland, Polen, der Schweiz, Spanien, Griechenland, Bulgarien, England und sogar aus Brasilien. Die wohl größte Gruppe aus dem Ausland stellten mehrere hundert Neonazis aus Deutschland. Allein über 30 Autos mit deutschen Kennzeichen konnten vor Ort gezählt werden. Weitere Neonazis traten die Reise mit dem Flugzeug an.
Neben den "Veneto Fronte Skinheads" als Hauptorganisatoren, waren dutzend andere Neonazi-Gruppierungen anwesend. Darunter "Blood and Honour", "Combat 18", wie auch unterschiedliche Ableger der "Hammerskins". Schon seit etlichen Jahren reisen unter anderen sächsische Neonazis aus dem 2000 in Deutschland verbotenen Netzwerk von "Blood and Honour", zu den Events der VFS.
Am vergangenen Wochenende konnte unter anderen der Dresdner Neonazi Sebastian Reiche als Besucher ausgemacht werden, wie auch der Chemnitzer Yves Rahmel. Während Reiche als exponierte Person für "Blood and Honour" im Dresdner Land aktiv war und später dem Umfeld der militanten Kameradschaft "Skinheads Sächsische Schweiz" angehörte, galt Rahmel als Führungsfigur von "Blood and Honour" in Chemnitz. Als Drahtzieher des Labels "PC Records" unterhält er bis heute beste Kontakte zu Neonazis in der ganzen Welt. Dass er auf dem Konzert in Italien einen Verkaufsstand betrieb liegt nah. Zumal auch Steve Geburtig vor Ort war, der offiziell für das Label verantwortlich ist. Zum "Defend Europe"-Konzert in Norditalien brachte Rahmel ein Kind mit - vermutlich seine kleine Tochter.
Auch andere Neonazis besuchten mit ihren Kindern die Veranstaltung, auf der unentwegt Hitlergrüße gezeigt und etwa T-Shirts getragen wurden, auf denen das Konterfei Adolf Hitlers oder das Hakenkreuz zu sehen waren. Die Tochter eines angereisten deutschen Neonazis trug darüber hinaus selbst ein T-Shirt mit der Aufschrift "Blood and Honour".
Auch eine Gruppe Neonazis aus Österreich präsentierte sich in T-Shirts mit der Aufschrift "Blood and Honour Central Europe Division". Sie brachten Kisten gefüllt mit T-Shirts mit, die unter anderen für 25 Euro für den Weiterverkauf gedacht waren. In der Gruppe befand sich auch Sandra Grischenig aus Hohenems, die dem "Blood and Honour"-Ableger in Vorarlberg zugerechnet wird. Bereits beim "ISD Memorial" 2015 trugen Personen aus Grischenigs Allgäuer Freundeskreis T-Shirts mit dem Namen des "Blood and Honour"-Ablegers "Central Europe Division" - offensichtlich eine Codierung für das Netzwerk in Deutschland und Österreich.
Zu Gast war am Osterwochenende in Italien auch der bekannte österreichische Neonazi Kai-Rolf Müller, alias "Rocker Rolf". Als im März 2019 32 Wohnungen und Geschäfte in Österreich durchsucht wurden, war auch Müller von den Maßnahmen betroffen. Aktuell laufen gegen ihn und weitere 89 Neonazis Ermittlungen wegen NS-Wiederbetätigung. Etwaige Maßnahmen stehen den Neonazis von "Blood and Honour Hexagone" aus Frankreich eventuell noch bevor. Erst jüngst kündigte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an, gegen die Gruppe die am Samstag ebenfalls vor Ort vertreten war, vorzugehen und ein Verbot anzustreben.
Auch die deutsche Band "Sleipnir" ließ es sich nicht nehmen, sich im Ausland zu dem in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerk zu bekennen. So trugen die mitgereisten Crew-Mitglieder der Band T-Shirts mit dem Aufdruck "Blood and Honour Deutschland".
Das "Easterfest" der VFS ist eines von etlichen Großevents der Szene in Italien. So zieht auch das mehrtägige Rechtsrock-Festival "Ritorno a Camelot" jährlich mehrere tausend Neonazis aus ganz Europa an. Für Neonazis aus Deutschland bedeuten diese Events vor allem ein uneingeschränktes und straffreies Ausleben ihrer NS-Ideologie. Für Organisationen wie "Blood and Honour" sind es Orte des Austausches und der Vernetzung. Dass das Netzwerk von "Blood and Honour" in Österreich und Deutschland in keiner Form inaktiv ist, machen die vorliegenden Bilder erneut deutlich.
Bildunterschrift: Sebastian Reiche (links im Bild).
Bildunterschrift: Yves Rahmel mit Kind beim "Defend Europe"-Konzert in Norditalien.
Bildunterschrift: Kind mit "Blood and Honour"-Shirt.
Bildunterschrift: Neonazis aus Österreich mit "Blood and Honour Central Europe Division"-Shirts.
Bildunterschrift: Crew-Mitglieder von "Sleipnir" in "Blood and Honour Deutschland"-Shirts.
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Südtirol News Online, 23.04.2019:
Abstoßend: "Osterfest" der Nazis am Hitler-Geburtstag
23.04.2019 - 08.03 Uhr
Konzert rechtsextremer Rockbands löst Woge der Empörung aus - Video
Cerea. Ein von der rechtsextremen Vereinigung "Veneto Fronte Skinheads" in der Messehalle von Cerea, einer Kleinstadt südlich von Verona, organisiertes "Osterfest" löste eine unglaubliche Welle der Empörung aus. Das "Osterkonzert", zu dem mehrere rechtsextreme Rock-Bands aus halb Europa eingeladen waren, fand zudem am 20. April, "zufälligerweise" dem Geburtstag Adolf Hitlers, statt. Nach dem "Osterfest", das sich als Treffen von mehr als Tausend aus ganz Europa angereisten Neonazis entpuppte, gerieten die Gemeinde sowie der Betreiber der Messehalle in Erklärungsnot. Der Fall des "Nazi-Konzerts" von Cerea beschäftigt nun sogar das römische Parlament.
Noch während der Veranstaltung gingen bei der Polizei mehrere Meldungen und Hinweise auf "verdächtige Kahlköpfige" vor einer Messehalle ein. Touristen und Einheimische, die keine Ahnung vom Konzert hatten und die das Fest anfänglich für ein Dorffest oder ein Motorrad-Treffen hielten, wurden schnell eines Besseren belehrt. Das Werbeplakat, des heuer "Defend Europe - VFS Easter Fest 2019" genannten, als geschlossene Veranstaltung angemeldeten "Osterfestes" des "Veneto Fronte Skinheads" ließ keinen Zweifel über die politische Natur des Konzerts aufkommen. Einigen Bands, wie den polnischen Rockgruppen "Legion" und "Katastrof Aryan Rock" waren auf Grund der "suprematistischen Inhalte" der Musiktexte erst vor Kurzem ein Konzert in der Schweiz verboten worden. Auch die anderen Namen der Bands - Fortress, Gesta Bellica, Sleipnir, Jolly Rogers, Squadron, Acciaio Vincente, LTW Band und Snöfrid - mit ihren einschlägigen Texten passten in dieses Bild.
Schlussendlich fanden sich zum Konzert in Cerea, das zudem ausgerechnet am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, stattfand, rund Eintausend begeisterte Neonazis ein.
Nach dem Konzert gerieten der Betreiber der Halle sowie die Gemeinde von Cerea, die das Konzert genehmigt hatte, rasch in Erklärungsnot. Der Bürgermeister von Cerea, Marco Franzoni, der einer von der Lega beherrschten Gemeinderatskoalition vorsteht, erklärte später gegenüber Medien, dass die Veranstaltung von den Organisatoren ordnungsgemäß angemeldet und von der Gemeinde genehmigt worden sei. Marco Franzoni fügte hinzu, dass der Veranstalter die Miete für die Messehalle korrekt bezahlt und die Halle in einem aufgeräumten und sauberen Zustand hinterlassen hätte. Anschließend verwies der erste Bürger von Cerea auf die Verfassung, die die Meinungsfreiheit - auch von "unbequemen Ideen" - schütze. Zuletzt gab Franzoni seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich das Konzert im Rahmen der Verfassung geblieben wäre.
Der Sprecher und rechtliche Vertreter von "Veneto Fronte Skinheads", Giordano Caracino, wies die Kritik ebenfalls zurück und wandte ein, dass, um die Anfahrt der Fans aus ganz Europa zu ermöglichen, das "Osterfest des Veneto Fronte Skinheads" jedes Jahr zu Ostern stattfinden würde. Dass das Konzert heuer auf den Geburtstag von Adolf Hitler fiel, nannte er wortgemäß einen "Zufall".
Aber es half nichts. Die Opposition im Gemeinderat von Cerea, die nichts vom Fest gewusst hatte, ging nach dem Bekanntwerden des "Nazi-Konzerts" mit dem Bürgermeister hart ins Gericht. Sie sprachen von einer "Schande für Cerea, die auf die gesamte Stadt ein schlechtes Licht werfe". Die Gemeinderätin der oppositionellen Bürgerliste, Alessia Rossignoli, kündigte eine dringende Anfrage an, mit der sie in Erfahrung bringen will, was die Gemeinde dazu bewegt hatte, offen rechtsradikalen und neonazistischen Rock-Gruppen eine Messehalle zur Verfügung zu stellen.
Zwei Abgeordnete - Francesca Businarolo von der Fünf-Sterne-Bewegung und Francesca Businarolo vom PD - teilten zudem mit, dass sie das römische Parlament mit dem Fall von Cerea beschäftigen werden. Francesca Businarolo zeigte sich empört und beschämt darüber, dass kurz vor dem Tag der Befreiung vom Faschismus und Nationalsozialismus am 25. April Rock-Bands, die sich offen zu einer gewalttätigen und rassistischen Ideologie bekennen, auf einem der Gemeinde gehörenden Festplatz ein Konzert gegeben hatten. Mit der parlamentarischen Anfrage wollen die beiden Parlamentarierinnen alle behördlichen Verantwortlichkeiten aufdecken.
Es ist leicht möglich, dass das Konzert ein gerichtliches Nachspiel haben wird und dass es für die Verantwortlichen politische sowie rechtliche Konsequenzen geben wird.
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Störungsmelder, 22.04.2019:
Hitler-Feier mit deutscher Beteiligung
22.04.2019 - 13.45 Uhr
Mehrere Hundert europäische Neofaschisten haben in Italien den Geburtstag Adolf Hitlers begangen - ungestört von Polizei oder Demonstranten. Das ließen sich auch deutsche Rechtsextreme nicht entgehen.
Von Henrik Merker und Jonas Miller
Kahl rasierte Männer, auf schwarzen T-Shirts steht "HKN KRZ" - Hakenkreuz. Groß gewachsen und tätowiert, sie laufen nachts auf einer kaum befahrenen Dorfstraße im Nordosten Italiens, vorbei an etlichen geparkten Autos. Das verschlafene Bauerndorf Sanguinetto hat schon bessere Zeiten gesehen. Weitab von großen Städten zieht es Hunderte Neonazis aus ganz Europa in die Veranstaltungshalle des Ortes, das Mamma Mia.
Es ist Karfreitag, der 19. April, die Nacht zum Geburtstag von Adolf Hitler. Vierzig Kilometer südlich der Stadt Verona und knapp hundert Kilometer westlich von Venedig findet ein Neonazi-Konzert im Nirgendwo statt. In Deutschland gilt zur selben Zeit ein Tanzverbot. Für den Samstag ist eine weitere Veranstaltung geplant.
Das Konzert wurde im Internet vom international organisierten Netzwerk Blood and Honour beworben. Deutsche Rechtsrock-Fans hatten über Chat-Gruppen Fahrgemeinschaften nach Italien gebildet. Der genaue Ort war bis zuletzt geheim gehalten worden. Um ihn zu erfahren, sollten Besucher einen Schleusungspunkt anfahren, eine Tankstelle an der Schnellstraße von Verona. Dort gab es die Adresse.
Karfreitag: Feiern für Hitler
Bei konspirativ organisierten Neonazi-Konzerten ist das üblich. Neonazis nutzen Schleusungspunkte, um sich vor Journalisten und Polizei zu verstecken. Doch das ist diesmal nicht nötig. Die Polizei hat eine Station nur 200 Meter neben dem Gelände. Polizisten sind keine zu sehen. An den Kreuzungen im Ort stehen Wachposten der Rechten. Kein Gegenprotest. Rund 250 Neonazis treffen sich völlig ungestört.
Organisiert hat das Fest die Gruppe Veneto Fronte Skinheads (VFS). Die über vierzig Jahre alte Organisation steht Blood and Honour und den Hammerskins nahe. Gruppenmitglieder reisen durch ganz Europa, nehmen an Demonstrationen teil und halten auch in Deutschland ihre Reden.
Vor dem Parkplatz des Mamma Mia steht ein Schild mit dem Slogan der Konzerte: "Defend Europe". Der Spruch gehört zum Markenkern der Identitären Bewegung, auch andere Rechtsextreme nutzen ihn. Am Straßenrand leuchten Kennzeichen aus Nordsachsen und Oberbayern auf. Die meisten Besucher aber sind Italiener. Faschisten und Neonazis, Mitternacht werden sie auf Hitler anstoßen. Sie brüllen "Sieg Heil", Musik spielt.
Karsamstag: Eine Messehalle für den Führer
Am Samstagmorgen parkt nur noch ein Offroad-Lkw mit Freisinger Kennzeichen vor dem Mamma Mia. Oberkörperfreie bayerische Neonazis sitzen davor und frühstücken. Alle anderen sind abgereist. Über eine anonyme Telefonnummer ist zu erfahren: Das große Konzert zum Hitler-Geburtstag findet in der 17.000 Einwohner zählenden Kleinstadt Cerea statt, ganz in der Nähe.
Veneto Fronte Skinheads haben dort das riesige Messegelände "Area Ex" zur Verfügung, mitten im Wohngebiet. Die Messehallen sind nicht als rechter Veranstaltungsort bekannt. Auf der Website sieht man Bilder von Sektempfängen und Messehostessen, am Abend werden international bekannte Neonazi-Bands auftreten. Vierzig Meter von der Polizeistation entfernt.
Kleinstadt in Nazi-Hand
Schon in der Mittagshitze tragen Helfer große Kisten und Taschen in die Hallen. Sicherheitskräften der Veneto Fronte Skinheads in einheitlichen T-Shirts bewachen den Aufbau. Die Männer haben Funkgeräte, melden jede Auffälligkeit auf den umliegenden Straßen.
Wir, die Reporter, wollen fotografieren, parken dafür in sicherer Entfernung - die Bahngleise nach Verona liegen zwischen uns und den Neonazis. Wachposten entdecken uns trotzdem. Das Auto einer Sicherheitsfirma fährt heran, bleibt vor dem einzigen Fluchtweg stehen. Glatzköpfe mustern unseren Wagen, diskutieren hektisch. Erst Minuten später fahren sie weiter, hinter den getönten Scheiben haben sie unsere Kameras nicht erkannt. Wir fahren weiter, in die Innenstadt von Cerea.
Die ist schon voll mit Rechtsextremen. Sie haben die Cafés und Restaurants in Beschlag genommen. "Division Nordsachsen" steht auf den T-Shirts einer Gruppe von zehn bulligen Männern, die sich Pizza in die Münder stopfen. Vor den Cafés sitzen neofaschistische Italiener. Eine Rocker-Gruppe hat ihre Motorräder auf dem Gehweg geparkt. Auch sie wollen zu dem Konzert, haben nationalistische Abzeichen auf ihre schwarzen Lederkutten genäht.
Entsetzen zum Hotelfrühstück
Deutsche Touristen berichten von Männern in T-Shirts mit der Aufschrift "White Power", die beim Frühstücksbuffet in ihrem Hotel in Verona saßen. "Es sollte ein erholsames Osterwochenende werden", sagt ein Paar. Stattdessen Entsetzen und Machtlosigkeit: "Man will das nicht, will nicht mit solchen Leuten im Hotel sein."
Doch nicht nur im Hotel ist das Ausweichen schwer. Selbst am Stadtrand bietet sich in einem Schnellrestaurant ein ähnlicher Anblick: Eine Gruppe trägt T-Shirts mit den Insignien von Hexagone, dem französischen Ableger des Neonazi-Netzwerks Blood and Honour. Das Auto, in dem sie gekommen ist, hat ein Kennzeichen aus der französischen Schweiz. Eine andere Gruppe trägt Klamotten von Ansgar Aryan, einer deutschen Marke, die vom Berliner Neonazi Patrick Schröder vertrieben wird.
Als die Nacht anbricht, leeren sich die Cafés von Cerea, die Neonazis sind jetzt auf ihrem Konzertgelände. Einheimische nutzen die Dämmerung, um noch einen Espresso oder ein Glas Wein zu trinken.
Verbindungen nach Chemnitz
Am Haupteingang der Konzerthalle stehen um die dreihundert Neonazis. Im Inneren sind es wohl weit über tausend, wie Bilder zeigen. Immer wieder urinieren Betrunkene an die Glasfassaden der großen Veranstaltungsgebäude. Die Anwohner müssen den Anblick ertragen.
Dazu kommen Schlagzeugtrommeln, Bassgitarren und das Gebrüll. Die Rufe "HooNaRa! CFC! Chemnitzer FC!" dröhnen aus der Halle. Die deutsche Band Sleipnir spielt. Wenig später grölt die Band: "Ohohoh, wir sind Patrioten! Wir sind die Patrioten!" Zwischendurch hört man ein deutliches "Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!" aus dem Publikum.
Der Schlachtruf "HooNaRa" ist bemerkenswert: Die Abkürzung steht für "Hooligans, Nazis, Rassisten". Die braune Fangruppe des Chemnitzer Fußballclubs hatte sich nach dem Tod ihres Anführers 2007 offiziell aufgelöst.
Gegen Folgevereinigungen von HooNaRa laufen Terror-Ermittlungen. Chemnitz spielt eine Schlüsselrolle für die deutsche Neonazi-Szene, das Kerntrio der Terrorgruppe NSU konnte dort Ende der Neunzigerjahre untertauchen. Vergangenes Jahr kam es in der Stadt an mehreren Tagen zu rassistischen Ausschreitungen.
Glocken übertönen das Konzert
In Italien feiern auch sächsische Neonazis bis spät in die Nacht auf dem "Defend Europe"-Konzert. Auf die deutsche Band Sleipnir folgen Rechtsrock-Gruppen aus Schweden, Spanien, Australien, Großbritannien und Polen. Jolly Roger aus Spanien spielten zuletzt unter dem Namen Irreductibles im sächsischen Ostritz. Bei dem Konzert wurden Polizisten und Reporter angegriffen.
Zwei Passanten laufen spätabends am Zaun des Geländes vorbei, bleiben kurz stehen und beobachten das Geschehen. Als ein breiter Typ im schwarzen Shirt mit "Securizza"-Aufdruck auf sie zugeht, machen die beiden kehrt. Mehrfach halten Autos am Zaun, Leute schauen, schütteln den Kopf, fahren wieder.
Völlig aus der Zeit, gegen 21.10 Uhr, läuten plötzlich die Glocken der Stadtkirche. Vier Minuten lang wird das Konzert der Neofaschisten übertönt. Dann herrscht wieder der bedrückende Lärm. Der Protest schweigt sich aus.
Bildunterschrift: Neonazis am Eingang der Konzerthalle.
Bildunterschrift: In der Dunkelheit bewachen Rechtsextreme den Veranstaltungsort.
Bildunterschrift: Rechtsextreme Besucher sitzen in einem Café zusammen.
Bildunterschrift: Ein Teilnehmer lässt Gesinnung und Urin freien Lauf.
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