Frank Gockel ,
09.04.2005 :
Redebeitrag zur Auftaktveranstaltung der Kampagne "(Z)entrale (A)usländer (B)ehörde abschaffen!"
Liebe Freundinnen und Freunde,
mein Name ist Frank Gockel, ich bin seit Jahren ehrenamtlich im Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. tätig. Ich gehe in den größten Abschiebeknast Europas und versuche den Menschen, die dort unschuldig inhaftiert sind, zu helfen.
Jetzt fragt sich der Ein oder Andere, wieso ich denn hier rede. Heute geht es doch nicht um Abschiebehaft, heute geht es darum, die Zentrale Ausländerbehörde abzuschaffen. Diesen Leuten möchte ich ein doppeltes Nein zurufen. Warum ein doppeltes Nein? Ganz einfach: Zum einen kann man einzelne Bausteine der Deutsche Flüchtlingsverhinderungspolitik nicht isoliert betrachten. Alles spielt zusammen, von den Festungsanlagen, die in der Zwischenzeit weit vor den Toren der Europäischen Union errichtet sind, bis hin zur Abschiebehaft und den gewaltsam durchgeführten Abschiebungen. Es ist ein riesiger Apparat, der nur ein Ziel hat: Menschen aus unserem Land auszuschließen.
Zum anderen spielt die Zentrale Ausländerbehörde im Bereich der Abschiebehaft eine zentrale Rolle. Ich möchte sogar behaupten, dass es nach den jetzigen Strukturen unmöglich ist, Abschiebeknäste in NRW zu betreiben, ohne dass die ZAB mitmischt.
Um sich dieses ein wenig näher anzusehen, muss man wissen, wer in die Abschiebeknäste kommt. Der Gesetzgeber hat sich in der Zwischenzeit sechs Gründe einfallen lassen, warum man inhaftiert werden kann. Eine bunte Palette also, wobei sich die Ausländerbehörden jedoch in der Regel nur einen Punkt raussuchen. So steht im Gesetz, dass man jemanden einknasten kann, wenn "der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung entziehen will". In der Praxis wird dieses sehr einfach gehandhabt, was ich an zwei Beispielen erläutern will:
Ein Flüchtling, der es irgendwie geschafft hat, hier nach Deutschland zu fliehen ohne an den Festungsmauern ertrunken, erschossen oder sonst wie umgekommen zu sein, muss sich unverzüglich bei einem Bundesamt und damit auch bei einer ZAB melden. Sollte er auf dem Weg zur ZAB von den Bullen kontrolliert werden, so kann schon der Verdacht bestehen, dass er sich der Abschiebung entziehen will. Die Folge ist, dass dieser Mensch, der vielleicht gerade aus einem Folterkeller geflohen ist, als Begrüßung in der BRD sofort inhaftiert wird.
Das zweite Beispiel ist, dass Flüchtlinge, die sich nach Behördenmeinung erdreisten, einen zweiten Asylantrag, einen so genannten Asylfolgeantrag, zu stellen, sich sehr schnell aus Sicht der ZAB verdächtig machen, sich der Abschiebung entziehen zu wollen. Immerhin stören sie den Ablauf des Behördenalltages und stellen einen Antrag. Logische Konsequenz aus sicht der ZAB ist die monatelange Inhaftierung in einem Abschiebeknast.
Dieses Beispiel zu erwähnen, spielt gerade hier in diesem Ort eine besondere Rolle, da die ZAB Bielefeld führend in der Zahl der inhaftierten Asylfolgeantragsteller ist. Die Erfolgsaussichten bei Asylanträgen aus Abschiebehaft sind übrigens viel geringer, als bei den gleichen Anträgen in Freiheit. Dort liegen sie schon weit unter 2 Prozent, in Abschiebehaft sind sie dann endgültig beim Traum der deutschen Politikern, bei 0 Prozent angekommen.
Wenn Migrantinnen und Migranten erst einmal im Abschiebeknast sind, so geben die kommunalen Ausländerbehörden das Verfahren an die Zentralen Ausländerbehörden ab. Die ZAB's bieten dann in den Knästen so genante "Sprechstunden" an, in die die Gefangenen genötigt werden. Dort werden sie gezwungen, alles möglich zu unternehmen, um möglichst schnell abgeschoben zu werden. So müssen Flüchtlinge, die keinen Pass haben, Passersatzpapieranträge unterzeichenen, Fotos von sich machen lassen oder sie werden gezwungen, Briefe an die Angehörigen im Herkunftsland zu schreiben, damit diese wiederum Papiere nach Deutschland schicken. Dass manche Angehörige im Herkunftsland dadurch selber gefährdet sind, wird billigend in kauf genommen.
Um die Abschiebung nach allen Seiten abzusichern, werden die Gefangenen genötigt, den Knastarzt von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden und Justizvollzugsbeamte ohne Uniform lassen sich Sozialassistenten nennen, in der Hoffnung, dass sie mit Sozialarbeitern verwechselt werden und so eventuell den Gefangenen noch einige Geheimnisse zu entlocken. Wer sich trotz dieses ganzen perfiden Systems noch immer weigert, bei der Passersatzbeschaffung mitzuwirken, bei dem kann die Haftzeit immer wieder verlängern werden, Abschiebehaft wird dann schnell zur Beugehaft, bei der Menschen bis zu 18 Monaten hinter Gittern verschwinden.
So wundert es nicht, dass die ZAB früher oder später gegen fast jeden Flüchtling gewinnt und ihn abschieben kann. Wenn es so genante "Sahneflüge" sind, dass sind im ZAB- und BGS-Sprachgebrauch Abschiebungen in Ländern mit touristischen Angeboten, dann fliegt auch der ZAB-Mitarbeiter gerne mal mit und begleitet den Flüchtling bis zur Übergabe an die Folterknechte im Herkunftsland, um dann noch einen Kurzurlaub zu machen. Falls der Flüchtling ein wenig Geld gespart hat, zahlt er selbstverständlich für den Urlaub seiner Begleiter.
Zum Schluss möchte ich hierfür einfach mal ein Beispiel nennen:
Der Botschafter des Königreiches Nepal stellt schon seit Jahren keine Passersatzpapiere mehr aus, zu gefährlich sind Abschiebungen für die Betroffenen nach Nepal. Für die Ausländerbehörden ist dieses jedoch kein Grund, Nepalesen nicht abzuschieben. Die ZAB Bielfeld wurde beauftragt, sich ein System zu überlegen, um auch diese Menschen loszuwerden. Dazu geht man folgenden Weg:
Als erstes soll der Flüchtling inhaftiert werden, da die Kosten für eine Abschiebung sehr hoch sind und man jeden Misserfolg meiden möchte. Danach besorgt die ZAB Bielfeld ein Papier der Migartionsbehörde in Nepal. Dieses muss unter Umständen vor Ort beschafft werden, so dass zwei Mitarbeiter eine einwöchige Nepalreise machen dürfen. Wenn sie zurück nach Deutschland gereist sind, erstellen sie ein deutsches Ausweisdokument für den Flüchtling und begleiten ihn dann in einem Dreitagetripp in das Königreich. Am Flughafen wird der Abgeschobene den Behörden übergeben und ohne zu kontrollieren, ob er es lebendig aus den Flughafern herausschafft, wenden sich die Mitarbeiter der ZAB den Sehenswürdigkeit vor Ort zu. Dieser Urlaub in Nepal wiederholt sich jedes viertel Jahr, die Kosten gehen schnell in die zehntausende von Euros pro abgeschobenen Flüchtling. Geld, was man hier bei der Unterbringung und Verpflegung von Flüchtlingen auf deren Kosten spart, wird dort in riesigen Summen für Urlaubstrips der ZAB-Mitarbeiter zum Fenster geworfen.
Wie Ihr seht, spielt die ZAB eine wichtige Rolle in der Abschiebemaschinerie der Bundesrepublik. Sie trägt eine Mitschuld an den Tod von Flüchtlingen, sei es nun, wenn sie versuchen, nach Deutschland zu kommen oder sei es, wenn sie Außerlandes gebracht werden. Daher fordern wir:
Stoppt das unmenschliche Flüchtlingsverhinderungsregime Europas!
Weg mit den rassistischen Sondergesetzen gegen Migrantinnen!
Schließt alle Abschiebeknäste und reißt die ZAB nieder!
Dankeschön.
Gockel@gegenAbschiebehaft.de
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