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Mindener Tageblatt , 08.04.2005 :

Gedenken an Pfarrer Dietrich Bonhoeffer in Simeoniskirche / Hinrichtung vor 60 Jahren / Theater-Szenen beleuchten Stationen seiner Entwicklung zum Widerstandskämpfer

Minden (pri). Insbesondere die evangelischen Christen gedenken in dieser Woche des Widerstandskämpfers Pfarrer Dietrich Bonhoeffer. Er wurde am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet.

Von Ralf Kapries

In Minden wird deshalb noch einmal das Stück "Die Nacht von Flossenbürg" von Karlheinz Komm aufgeführt. Am Freitag, 8. April, ist es ab 19.30 Uhr in der Mindener Simeoniskirche zu sehen.

Es hat tatsächlich mehrerer Jahrzehnte bedurft, bis Bonhoeffers Weg vom Kampf um die Bewahrung des christlichen Bekenntnisses, hin zur Beteiligung am konspirativen, auf Umsturz ausgerichteten, Widerstand als Mitglied der Gruppe um Admiral Wilhelm Canaris, als ein wahrhaft christliches Zeugnis anerkannt wurde. Als 1953 in der evagelischen Kirche des kleinen oberpfälzischen Ortes Flossenbürg eine Gedenktafel für Bonhoeffer aufgestellt werden sollte, lehnte der damalige Landesbischof seine Teilnahme an der Gedenkfeier ab und zitierte als Begründung die Bibel: "Wer das Schwert in die Hand nimmt, wird durch das Schwert umkommen." Bonhoeffer sei nicht als Märtyrer der Kirche gestorben, sondern aufgrund politisch motivierter Umsturzvorbereitungen gegen das NS-Regime.

Bonhoeffers Lebensentscheidungen aber wurden - das stellt auch Komm in seinem Stück dar - entweder aus einem von tiefem Humanismus geprägten Selbstverständnis gefällt oder menschlich schwer erkämpft. Für ihn baute alles logisch aufeinander auf: seine Entscheidung zum Beruf des Pastors, seine Entscheidung für die Bekennende Kirche, die Entscheidung zum politischen Widerstand gegen das menschenverachtende NS-Regime und zum Beitritt in eine Widerstandsgruppe. Doch erst 1995, 50 Jahre nach der Hinrichtung, gedachte die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern Dietrich Bonhoeffers mit einer Veranstaltung und einem Gottesdienst im ehemaligen KZ-Flossenbürg. Landesbischof Hermann von Loewenich würdigte Bonhoeffer als "Blutzeugen des Glaubens" und damit als Märtyrer und hob auch die christlichen Bindungen der anderen ermordeten Widerstandskämpfer hervor.

Bonhoeffer wird am 4. Februar 1906 in Breslau geboren. Mit 13 Jahren äußert er den Wunsch Theologie zu studieren. 1923 beginnt er sein Theologiestudium. Studium in Tübingen. Promotion in Berlin, Vikar einer Gemeinde in Barcelona, Assistent an der Berliner Universität, Stipendium in New York, Privatdozent an der Berliner Theologischen Fakultät - viele weitere Stationen folgten. Sein beruflicher und auch sein familiärer Hintergrund brachte Bonhoeffer von Anfang an in eine ganz klare Distanz zum "nationalen Aufbruch" des Jahres 1933.

Rückkehr in die Diktatur

Ab 1935 leitet Bonhoeffer das Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde bei Stettin. 1937 wird das Seminar durch die Gestapo geschlossen, jedoch arbeitet er in illegalen Sammelvikariaten weiter. Bonhoeffer scheint Glück zu haben, als er 1939 eine Einladung zur Übernahme einer Gastdozentur in New York erhält. Doch lassen ihn Gewissensbisse gegenüber seinen Mitstreitern schon drei Wochen später wieder nach Deutschland fahren.

1940 geht er in den Widerstand. Am 5. April 1943 wird er verhaftet, 1945 aus dem KZ Buchenwald abtransportiert. Wenig später kommt er in das KZ Flossenbürg, wo er einen Monat vor Ende des Zweiten Weltkrieges auf persönlichen Befehl des Diktators Adolf Hitler zusammen mit fünf weiteren Angehörigen seiner Widerstandsgruppe erhängt wird.

Was mag wohl geschehen sein, in Bonhoeffers letzter Nacht? Komm beantwortet diese Frage aus der Phantasie, gestützt auf Bonhoeffers Briefe, Gedichte und Gebete, in denen der Mensch Bonhoeffer authentisch zu Wort kommt. Es spielt der Arbeitskreis "Kirche und Theater" aus Lübbecke, mit Lieselotte Oncken als Mutter, Jürgen Moritz als Wachmann und Werner Theodor Storm in der Titelrolle unter der Regie von Karlheinz Komm.


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