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Gütersloher Volkszeitung / Die Glocke , 06.04.2005 :

Zeitzeugen berichten vom Kriegsende / Bombenangriff am Totensonntag im Kirchturm überlebt

Von Regina Bojak

Gütersloh (gl). "Manche Menschen können gar nicht einschätzen, wie spannend ihr Leben verlaufen ist. Sie sind ganz überrascht, wenn andere Personen sich für ihre Geschichten interessieren." Hans-Dieter Musch, Stephan Grimm vom Stadtarchiv und Dr. Rolf Westheider, Leiter der Stadtmuseums Gütersloh, sind davon überzeugte, dass es viele - vor allem auch jüngere - Männer und Frauen gibt, die erfahren wollen, wie es denn zum Kriegsende in Gütersloh ausgesehen hat. Und sie haben acht Männer und zwei Frauen ausfindig gemacht, die bereit sind, ihre Erinnerungen zu schildern.

In der Reihe "Museumsgespräche" heißt es am Freitag, 22. April, ab 19.30 Uhr im Sonderausstellungsraum des Stadtmuseums "Erinnerungen an das Kriegsende vor 60 Jahren". Es sei nicht ganz einfach gewesen, Zeitzeugen aus Gütersloh zu finden, die auch bereit seien, ihre Kriegsgeschichte zu erzählen, betonen Stephan Grimm und Hans-Dieter Musch, der die Moderation des Gesprächs übernimmt. "Gerade unangenehme Erinnerungen werden oft lieber verdrängt." Stephan Grimm hat viel über die damaligen Vorgänge in der Stadt von den ehrenamtlichen Mitarbeitern im Stadtarchiv erfahren. "Für einen Archivar sind solche Berichte natürlich unersetzlich. Vor allem, weil dabei auch immer mal Namen oder Fakten auftauchen, die in den Akten nicht verzeichnet sind." Deshalb ist er auch ganz erpicht darauf, noch weitere Gütersloher zu finden, die über ihre Erfahrungen erzählen wollen. "Auch Fotos und Feldpostbriefe würden wir gern im Stadtarchiv sichern. Es wäre schön, wenn wir solche Unterlagen bekommen könnten, bevor sie im Müll landen."

Ob ein Abend für die Erzählungen ausreicht, wagen die Organisatoren zu bezweifeln. Sie halten sich die Möglichkeit offen, zu einer weiteren Gesprächsrunde einzuladen. Am 22. April geht es zunächst um die Wohnungssituation, wie und womit geheizt wurde, woher die Menschen ihre Nahrung erhielten und wie sie sich kleideten. Auch von Schule und Ausbildung erzählen die Zeitzeugen und selbstverständlich von kulturellen Ereignissen, wie den ersten Tanzveranstaltungen, die zu dieser Zeit ganz besonders hoch im Kurs standen. "Ein Mann erzählt, wie er in einem Industriebetrieb Torpedos entgratet hat, ein anderer berichtet über seine Arbeit als Melder auf der Polizeidienststelle. Ein weiterer hat den Angriff am Totensonntag im Turm der Apostelkirche überlebt", erklärt Hans-Dieter Musch. "Es ist einfach sehr spannend zu erfahren, wie die Menschen in der damaligen Ausnahmesituation ihr Leben gemeistert haben", fügt Rolf Westheider hinzu. Die Organisatoren hoffen, vor allem ganz junge Besucher beim Museumsgespräch begrüßen zu können.


gt@die-glocke.de

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