Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt ,
25.10.2018 :
Staatsanwaltschaft soll Antifa-Aufruf überprüfen
Protest: Behörde "bewertet" mögliche Gewalt-Anzeichen vor Haverbeck-Demo
Bielefeld (dro). "Den Nazi-Aufmarsch entschlossen verhindern": Das fordert das Antifaschistische Bündnis Bielefeld für den 10. November. An dem Samstag wollen Neonazis in der City für die Freilassung der in Brackwede inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck demonstrieren. Was das "entschlossene Verhindern" genau bedeutet, bleibt indes unklar (die NW berichtete). Auch die Polizei ist sich nicht sicher.
Wie Polizeisprecher Achim Ridder erklärt, wird die Pressemitteilung deswegen der Staatsanwaltschaft "zur Bewertung" vorgelegt. Beim Protest rechne die Polizei zunächst einmal mit einem "friedlichen Verlauf", so Ridder. "Wir gehen davon aus, dass es bei der Ankündigung nicht um strafbare Handlungen geht." Sollte es doch dazu kommen, würden Beamte "konsequent einschreiten". Ridder betont hinsichtlich des Versammlungsrechts indes auch, dass aktuell für den 10. November keine Veranstaltungs-Anmeldung der Antifa vorliegt, sondern nur für eine Gedenk-Demonstration am 9. November.
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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 23.10.2018:
Antifa will Nazi-Aufmarsch verhindern
Ankündigung: Bündnis ruft am 9. November zur Gedenk-Demo vom Jahnplatz zum Standort der ehemaligen Synagoge auf / Am Samstag gilt "Erinnern heißt kämpfen" / Ist mit Gewalt zu rechnen?
Von Jens Reichenbach
Bielefeld. Wenn am 10. November in der Bielefelder Innenstadt Neonazis für die Freilassung der in Brackwede inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck demonstrieren, will das Antifaschistische Bündnis Bielefeld den "Nazi-Aufmarsch entschlossen verhindern". Ob das gewalttätige Ausschreitungen gegen Nazis und Polizei mit einschließt oder zivilen Ungehorsam in Form von Blockaden meint, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor.
Unter dem Motto "Erinnern heißt kämpfen!" haben sich demnach antifaschistische Gruppen aus Bielefeld zu einem Bündnis zusammengeschlossen, um den Aufmarsch der rechtsradikalen und rassistischen Demonstranten in Bielefeld zu verhindern. Zahlreiche Antifa-Gruppen aus NRW rufen bereits zur Teilnahme in Bielefeld auf. "Erinnern bedeutet für uns einen Bogen zu schlagen zwischen der Geschichte und der Gegenwart", erklärt Anna Schmidt, Sprecherin des Antifa-Bündnisses. "Am 10. November 2018, fast auf den Tag genau 80 Jahre nach der Reichspogromnacht, wollen sich alte und neue Faschisten mit einer Antisemitin solidarisieren. Haverbeck und ihre Anhänger leugnen bis heute die historische Tatsache der Shoah und verherrlichen den Nationalsozialismus. Das ist für uns unerträglich."
Die Gruppe ruft deshalb bereits am Tag vor der Nazi-Demo in Bielefeld zu einer Gedenk-Demonstration auf. Anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht am 9. November soll es um 18 Uhr eine antifaschistische Demo vom Jahnplatz zum Standort der ehemaligen Synagoge in der Turnerstraße geben. Bekanntlich war diese in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 von Nationalsozialisten ausgeraubt und schließlich niedergebrannt worden.
Die Antifaschisten wollen sich demnach nicht nur den Nazis in den Weg stellen, sondern auch ihrer Opfer gedenken - den Millionen Ermordeten des Holocaust, aber auch den heutigen Opfern rassistischer Gewalt, etwa den Opfern der NSU-Morde.
Weil am Samstag, 10. November, in Bielefeld mit einer hohen Beteiligung auf Seiten der Neonazis und Holocaust-Leugner aus dem ganzen Bundesgebiet zu rechnen sei, geht nun die Antifa in die Offensive: "Wir werden den Nazis nicht die Straße überlassen und rufen bundesweit zur Beteiligung an den antifaschistischen Protesten auf. Unser Ziel ist klar: Den Nazi-Aufmarsch entschlossen verhindern!", sagt Anna Schmidt.
Ob sich die Antifaschisten mit ihrem Aufruf damit vom friedlichen bürgerlichen Protest zahlreicher Bielefelder Gruppen gezielt entfernen, ließ die Antifa unbeantwortet. Wie berichtet, hat das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts", das sich aus Parteien, Kirchen und Vereinen zusammensetzt, bereits mehrere Mahnwachen und Kundgebungen als Gegenprotest angemeldet. Ihr Motto: "Faschismus und Holocaust-Leugnung sind keine Meinung, sondern ein Verbrechen."
Klaus Rees von "Bündnis gegen Rechts" betont: "Wir werden in der bekannten Weise den Nazis gegenübertreten - und das auf jeden Fall gewaltfrei." Dennoch würde er sich freuen, wenn der Aufmarsch zu verhindern sei. So war es im August 2011 Gegendemonstranten in Bielefeld zuletzt gelungen, eine Nazi-Demo durch eine Blockade zum Umkehren zu zwingen. Rees: "Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir so einen Aufmarsch ganz verhindern können."
Auf die Frage, ob der Aufruf der Antifa bürgerliche Demonstranten von der Teilnahme abhalten könnte, antwortet Rees: "Auch in der Vergangenheit ist es uns in Bielefeld stets gelungen, Teilnehmer, die wir vorher nicht kannten, in unserem Sinne einzubinden." Wiebke Esdar weist auf die besondere Strategie des Bündnisses gegen Rechts hin: "Wir bieten den Menschen in der ganzen Stadt verschiedene Möglichkeiten, sich zu beteiligen. Jeder kann sich den Protest auswählen, der zu ihm passt."
Da noch unklar ist, wohin die Neonazis am 10. November vom Hauptbahnhof aus marschieren werden, hat das "Bündnis gegen Rechts" Auftritte an mehreren wichtigen Plätzen angemeldet. Die Deutsch-Israelische-Gesellschaft wird an der Turnerstraße eine Mahnwache abhalten, das Welthaus an der Pauluskirche. Des Weiteren sind Kundgebungen geplant am Jahnplatz, vorm Rathaus, am Kesselbrink, am Siegfriedplatz und auch am Mahnmal für die deportierten Juden auf dem Bahnhofsvorplatz. Welche der Protestaktionen tatsächlich stattfindet, soll am 29. Oktober im Haus der Kirche diskutiert werden.
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- Montag, 29. Oktober 2018 um 19.30 Uhr -
Koordinationstreffen von "Bielefeld stellt sich quer - Bündnis gegen Rechts"
Veranstaltungsort:
Haus der Kirche
Markgrafenstraße 7
33602 Bielefeld
Am 10. November 2018 wird eine Demonstration "Freiheit für Ursula Haverbeck: Geburtstagsdemo am 10. November in Bielefeld!", zum 90. Geburtstag (8. November 1928) der (inhaftierten) Antisemitin beworben.
- Vorbereitung: Antifaschistische Demonstrationen und Mahnwachen
Weitere Informationen unter: www.bielefeldstelltsichquer.wordpress.com
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- Donnerstag, 1. November 2018 um 18.00 Uhr -
Vortrag: Die doppelte Vernichtung - die Relativierung und Leugnung des Holocaust
Veranstaltungsort:
BI Bürgerwache e.V.
Rolandstraße 16
33615 Bielefeld
www.bi-buergerwache.de
Der Zivilisationsbruch des Holocaust ist es, der den Nationalsozialismus am deutlichsten diskreditiert. Auschwitz und das Wissen um den Holocaust ist für die Akteure der extremen Rechten ein zentrales Hindernis für das Anknüpfen an den Nationalsozialismus. Um dieses zu überwinden, wurde und wird versucht, die Wahrheit zu unterdrücken und der Holocaust geleugnet oder relativiert.
Menschen wie Ursula Haverbeck-Wetzel stellen Auschwitz als Propaganda-Lüge dar, und versuchen mit pseudowissenschaftlichen Gutachten oder Berechnungen die historische Faktizität des Holocaust zu widerlegen.
Der Vortrag wird über die Bedeutung der Leugnung des Holocaust, seine Strategien und seine personellen Netzwerke informieren.
Eine Veranstaltung von "Offenes Antifa-Treffen Bielefeld" im Rahmen von "Gedenken heißt kämpfen! - Veranstaltungsreihe gegen den Nazi-Aufmarsch am 10. November" vom 1. bis zum 10. November 2018 in Bielefeld.
www.offenesantifatreffenbi.noblogs.org
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- Sonntag, 4. November 2018 um 13.00 Uhr -
Aktionstraining
Veranstaltungsort:
AJZ Bielefeld
Heeper Straße 132
33607 Bielefeld
www.ajz-bielefeld.de
Wer an Protesten gegen Neonazi-Aufmärsche oder anderen Demonstrationen und Veranstaltungen teilnimmt, läuft immer auch Gefahr, mit Polizei und Justiz konfrontiert zu werden. Damit diese Begegnung nicht zum Desaster wird, wollen wir uns an diesem Tag auf solche Situationen vorbereiten.
Für gelingende Aktionen benötigen wir Vorbereitung, Erfahrungsaustausch und Techniken, die erlernbar sind. Das Training ist dafür gedacht, euch in Aktionen sicher zu fühlen, euch selbst zu schützen - und entschlossen die vereinbarten Ziele zu verfolgen.
Außerdem wird es einen Rechtshilfe-Workshop zum Umgang mit den staatlichen Repressionsorganen in brenzligen Situationen geben. Angefangen mit der Vorbereitung auf eine Demonstration, über das Verhalten bei Übergriffen, Hausdurchsuchungen und bei Festnahmen, bis hin zu den Nachwehen wie Strafbefehlen, Gerichtsverfahren und DNA-Entnahmen. Gemeinsam wollen wir einen sicheren Umgang mit Polizei und Justiz erarbeiten.
Eine Veranstaltung von "Offenes Antifa-Treffen Bielefeld" im Rahmen von "Gedenken heißt kämpfen! - Veranstaltungsreihe gegen den Nazi-Aufmarsch am 10. November" vom 1. bis zum 10. November 2018 in Bielefeld.
www.offenesantifatreffenbi.noblogs.org
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- Donnerstag, 8. November 2018 um 19.00 Uhr -
Vorbesprechung der Demonstration
Veranstaltungsort:
AJZ Bielefeld
Heeper Straße 132
33607 Bielefeld
www.ajz-bielefeld.de
Wir treffen uns gemeinsam ein letztes mal vor der antifaschistischen Gedenkdemonstration am 9. November und den Aktionen am Tag des Neonazi-Aufmarsches am 10. November 2018, um letzte Informationen auszutauschen. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich untereinander zu besprechen und Bezugspersonen zu finden.
Kommt alle vorbei - Gedenken heißt kämpfen!
Eine Veranstaltung von "Offenes Antifa-Treffen Bielefeld" im Rahmen von "Gedenken heißt kämpfen! - Veranstaltungsreihe gegen den Nazi-Aufmarsch am 10. November" vom 1. bis zum 10. November 2018 in Bielefeld.
www.offenesantifatreffenbi.noblogs.org
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- Freitag, 9. November 2018 um 18.00 Uhr -
Antifaschistische Gedenkdemonstration
- Aktuelle Informationen:
www.antifabuendnisbielefeld.noblogs.org
www.offenesantifatreffenbi.noblogs.org
Auftaktkundgebung:
Jahnplatz
33602 Bielefeld
Gedenken heißt kämpfen!
Aufruf zur antifaschistischen Gedenkdemonstration
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannte die Synagoge in der Bielefelder Turnerstraße. Nationalsozialisten zündeten sie in einer organisierten Aktion an. Weder die Feuerwehr noch Anwohnerinnen / Anwohner löschten den Brand, sondern ließen die Synagoge, sowie das Gemeindehaus vollständig abbrennen. Zeitgleich wurden im gesamten Stadtgebiet jüdische Geschäfte angegriffen und zerstört. In den folgenden Tagen verhaftete die Polizei zahlreiche Bielefelder Jüdinnen und Juden und deportierte sie ins Konzentrationslager Buchenwald. Der antisemitische Hass entlud sich im gesamten Deutschen Reich und äußerte sich in der Ermordung von mehr als 400 Jüdinnen und Juden, der Zerstörung von mehr als 1.400 Synagogen, der Verwüstung und Plünderung von etwa 7.500 jüdischen Geschäften und Wohnhäusern sowie der Verhaftung und Deportation von über 30.000 Jüdinnen und Juden. Die unfassbaren Gewaltaktionen werden heute als Novemberpogrome bezeichnet und markieren den Übergang von der Diskriminierung und Entrechtung zur systematischen Verfolgung und Vernichtung jüdischer Menschen. Die 1924 in Bielefeld geborene Helga Ravn erinnert sich: " … von da an wurde das Leben für uns Juden mehr und mehr unerträglich."
Heute, 80 Jahre später, bezeichnet Alexander Gauland die Zeit des deutschen Faschismus mit der damit einhergehenden Ermordung von über 6 Millionen Jüdinnen und Juden, der Verfolgung politischer Gegnerinnen / Gegner und den brutalen Angriffskriegen "als Vogelschiss in der Geschichte". Das Mahnmal für die Opfer der Shoah bezeichnet sein Parteifreund Björn Höcke als "Denkmal der Schande, welches sich das deutsche Volk in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat" und fordert eine "180-Grad-Wende der deutschen Erinnerungskultur". Die AfD, aus der solche Aussagen kommen, hat aktuell laut Umfragen von Infratest dimap 18 Prozent der deutschen wahlberechtigten Bevölkerung hinter sich hat.
In Deutschland findet ein Rechtsruck statt, der sich nicht nur in allen Parteien und in den Parlamenten ausdrückt. Brennende Unterkünfte für Geflüchtete oder die rassistische Ausschreitungen wie zuletzt in Chemnitz, bei denen vermeintlich Nicht-Deutsche durch die Straßen gejagt wurden und ein jüdisches Restaurant angegriffen wurde, sind Ausdruck der reaktionären Entwicklungen dieser Gesellschaft. Im Fahrwasser der nationalistischen Mobilmachung der so genannten "Mitte" erfahren auch Nationalsozialisten alter Schule wieder Aufwind. Schulter an Schulter mit "besorgten Bürgern" marschieren sie durch die Straßen, mit dem Gefühl, dass ihr Zeit gekommen sei und ihre menschenverachtende Ideologie endlich wieder Gehör findet.
Um die Verbrechen ihrer politischen Vorfahren zu relativieren und ihre Ideologie der Vernichtung wieder salonfähig zu machen, leugnen Anhängerinnen und Anhänger des Nationalsozialismus die historische Tatsache der Shoah. Die vielleicht populärste Vertreterin dieser Lüge ist die seit Mai 2018 in Bielefeld-Quelle inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck. Mit ihren Äußerungen über die Vernichtungslager des Deutschen Reiches findet sie zahlreiche Sympathisantinnen / Sympathisanten im faschistischen, antisemitischen und verschwörungstheoretischen Milieu in Deutschland und darüber hinaus. Der deutsche Faschismus mit der industriellen Vernichtung von Menschen in Tötungsfabriken ist ein in dieser Form einzigartiges und grausames Verbrechen und kann durch nichts relativiert oder in Abrede gestellt werden!
Am 8. November feiert Ursula Haverbeck ihren Geburtstag. Wir hingegen feiern Georg Elser. Am 8. November 1939 versuchte er durch eine Bombe Adolf Hitler und die Führungsriege des Nationalsozialismus bei einer Propagandaveranstaltung im München zu beseitigen, was ihm leider nicht gelang. Wenn wir den Opfern des Faschismus gedenken, wollen wir auch an die Menschen erinnern, die versucht haben, den Faschismus zu verhindern oder ihm ein Ende zu setzen. So leisteten beispielsweise 13 Bielefelder Arbeiter der Dürkopp- und Benteler-Werke Widerstand gegen den Faschismus und wurden wie insgesamt 50 weitere Bielefelder / Bielefelderinnen wegen Hochverrat und Widerstand verurteilt und ermordet.
Am 10. November 2018, fast auf den Tag genau 80 Jahre nach der Reichspogromnacht, wollen Faschistinnen / Faschisten durch Bielefeld marschieren und sich mit der Holocaust-Leugnerin und Antisemitin Ursula Haverbeck solidarisieren. Unser Gedenken kann nur mit der kompromisslosen Forderung verbunden sein: Nie wieder!
Das bedeutet, wir müssen uns organisieren, auf die Straße gehen und kämpfen, gegen Rechtsruck, Nationalismus und Faschismus. Es liegt an uns, die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus wachzuhalten und uns auch heute Faschistinnen / Faschisten in den Weg zu stellen.
Wir rufen daher auf:
9. November 2018: Antifaschistische Demonstration mit anschließendem Gedenken um die Opfer des Faschismus nicht zu vergessen.
10. November 2018: Nazi-Aufmarsch verhindern!
"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel." (Schwur von Buchenwald)
Gedenken heißt Kämpfen!
Veranstalterin: Antifaschistisches Bündnis Bielefeld
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- Samstag, 10. November 2018 -
NS-Verherrlichung stoppen - Keine Solidarität mit der Shoah-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel
Aktuelle Informationen unter:
www.bielefeldstelltsichquer.wordpress.com
www.facebook.com/BielefeldStelltSichQuer
www.antifabuendnisbielefeld.noblogs.org
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Die geplante Auftaktkundgebung der Neonazis um 13.00 Uhr:
Hauptbahnhof Bielefeld
Am Bahnhof 1b
33602 Bielefeld
Für den 10. November 2018 wurde bereits seit Mitte Juli 2018 in der Neonazi-Szene eine Demonstration unter dem Motto "Freiheit für alle politischen Gefangenen!" in Bielefeld, zum 90. Geburtstag der notorischen Antisemitin Ursula Haverbeck-Wetzel (8. November 1928) beworben. Nach der polizeilichen Anmeldung wurde und wird die Versammlung als "Freiheit für Ursula Haverbeck: Geburtstagsdemo am 10. November in Bielefeld!", seit dem 30. Juli 2018 bundesweit - und teilweise auch europaweit - propagiert.
Die Auftaktkundgebung ist für 13.00 Uhr am Bielefelder Hauptbahnhof anvisiert, die Route einer geplanten nachfolgenden Demonstration, beispielsweise zur Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede oder durch die Innenstadt, ist derzeit noch nicht bekannt.
Demonstrative Aktionen - den Raum für Neonazis eng machen
Ziel der vielfältigen Protestaktionen ist es, mit demonstrativen Aktionen den Raum, den Neonazis besetzen können, möglichst engzumachen. Zum Beispiel sind mahnende Protestaktionen unter anderem vor den Stelen am Hauptbahnhof, die an die Deportationen von Jüdinnen und Juden in Vernichtungslager erinnern, vor dem Gedenkstein für die abgebrannte Bielefelder Synagoge an der Turnerstraße, vor dem Rathaus, auf dem Jahnplatz und Siegfriedplatz, vor der Pauluskirche behördlich angemeldet. Ebenso wie eine Demonstration vom Bahnhof Bielefeld-Quelle bis vor die Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede
Hintergrund - Ikone und Märtyrerin der Neonazi-Szene
Die 89-Jährige ist eine der Ikonen der neonazistischen Szene, vor allem, weil sie für eine lange rechte Traditionsbildung steht, sie hat in der extremen Rechten den Status einer Heldin. Als überzeugte Nationalsozialistin der so genannten Erlebnisgeneration, die immer wieder offen den Holocaust leugnet, wird sie verehrt. Schon während der Strafprozesse gegen sie in den letzten Jahren reisten aus dem gesamten Bundesgebiet Unterstützer und Unterstützerinnen an.
Nachdem die wegen mehrfacher Holocaust-Leugnung und auch anderer Straftaten inzwischen rechtskräftig zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteile Haverbeck-Wetzel - zwei Berufungsverfahren in Hamburg und Berlin stehen noch aus - am 7. Mai 2018 festgenommen wurde und in die Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede überstellt wurde, organisierte die militante Neonazi-Partei "Die Rechte" im Bündnis mit bekannten Akteuren aus den Kameradschaften und der NPD schon mehrfach Solidaritäts-Kundgebungen.
NS-Kundgebung bereits am 8. November 2018
Bereits am 10. Mai 2018 demonstrierten in Bielefeld vor dem Gefängnis 450 Neonazis gegen die Inhaftierung Haverbeck-Wetzels. Am 8. November 2018 ist erneut von Neonazis vor der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede eine Kundgebung zum 90. Geburtstag der Holocaust-Leugnerin angekündigt.
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Aufruf von Antifaschistisches Bündnis Bielefeld:
Gedenken heißt Kämpfen!
10. November 2018 - Nazi-Aufmarsch in Bielefeld verhindern!
Für den 10. November mobilisieren Neonazis bundesweit zu einem so genannten Solidaritätsaufmarsch mit der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck nach Bielefeld. Die 89-Jährige ist seit Mai in der JVA Bielefeld-Brackwede inhaftiert und sitzt eine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten wegen Volksverhetzung ab.
Durch ihre jahrzehntelangen Umtriebe in verschiedenen geschichtsrevisionistischen Organisationen hat sie nicht nur bei rechten Esoterikerinnen / Esoterikern und Verschwörungstheoretikerinnen / Verschwörungstheoretiker zweifelhaften Kultstatus. Indem sie immer wieder öffentlichkeitswirksam den Holocaust leugnet, vereint sie verschiedene Spektren der extremen Rechten. Die Nazis stilisieren sie bereits jetzt als Opfer einer von ihnen erdachten "Gesinnungsjustiz" und versuchen so sie zur Märtyrerin zu machen.
Bereits am Tag ihrer Inhaftierung im Mai riefen Neonazis zu einer ersten Solidaritätsdemo auf: Etwa 450 Anhängerinnen / Anhänger der extremen Rechten beteiligten sich nach 3 Tagen öffentlicher Mobilisierung an dem Aufmarsch im Bielefelder Stadtteil Quelle, während die Polizei einen großen Teil des Gegenprotests mehrere Kilometer vom Aufmarschort entfernt gewaltsam einkesselte.
Für die geplante Demonstration im November rechnen wir, angesichts der langen Vorlaufzeit, mit einer noch größeren Beteiligung von Holocaust-Leugnerinnen / -Leugnern aus dem gesamten Bundesgebiet.
Egal wie viele Nazis kommen werden, wir werden uns ihnen entschlossen entgegen stellen! Insbesondere einen Tag nach dem 9.November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, werden wir es nicht hinnehmen, dass hunderte Nazis durch die Straßen Bielefelds laufen!
Gerade an diesem historischen Datum, wollen wir uns nicht nur gegen die Nazis wenden, sondern auch ihrer Opfer gedenken. Ob es die Millionen Ermordeten des Holocaust sind oder die Opfer des NSU. Sie mussten sterben, weil sie nicht in eine menschenverachtende Ideologie passten, eine Ideologie die Menschen in "lebenswert" und "lebensunwert" einteilt.
Wir leben in einer Zeit des gesellschaftlichen Rechtsrucks, einer Zeit in der die Anhängerinnen / Anhänger dieser Ideologie neuen Aufwind spüren und selbstbewusst auf die Straßen drängen. Wir können diese Entwicklung überall beobachten: Von Chemnitz bis Dortmund, von den USA bis nach Italien.
Doch überall wo sich diese Ideologie zeigt, gibt es auch Widerstand. Mutige Antifaschisten / Antifaschistinnen wie Georg Elser oder Heather Heyer stellten sich ihnen in den Weg und mussten dafür zum Teil mit dem Leben bezahlen. Wir wollen auch diesen Menschen gedenken und uns an ihre Kämpfe erinnern!
Die Schlussfolgerung daraus kann nur heißen: Nie wieder! Gedenken heißt kämpfen!
Beteiligt euch am 9. November 2018 an der Vorabend- und Gedenkdemo!
Kommt am 10. November 2018 nach Bielefeld und verhindert mit uns gemeinsam den Nazi-Aufmarsch!
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Aufruf von Bielefeld stellt sich quer - Bündnis gegen Rechts:
Faschismus und Holocaust-Leugnung sind keine Meinung, sondern Verbrechen!
Mit großer Sorge beobachten wir die aufgeheizte politische Stimmung und den unübersehbaren Rechtsruck in unserer Gesellschaft. Zunehmend müssen wir erleben, dass Nazi-Parolen gerufen, der Hitlergruß gezeigt, Menschen antisemitisch oder rassistisch angefeindet werden. Wir befürchten, dass es zu einer weiteren Enthemmung, steigender körperlicher Gewalt und noch mehr Übergriffen kommt. Dagegen müssen wir gemeinsam Gesicht zeigen!
Wenn die Verfolgung und Ermordung von Millionen von Juden und weiterer Menschen verharmlost und das Nazi-Regime des Dritten Reiches verherrlicht werden, müssen wir dem umso lauter widersprechen.
Für den 10. November 2018 haben Neonazis und Rechtsextremisten anlässlich des 90. Geburtstages von Ursula Haverbeck in Bielefeld eine Demonstration angemeldet, um Solidarität mit der rechtskräftig verurteilten Holocaust-Leugnerin zu bekunden.
Wir rufen alle Demokratinnen und Demokraten auf, dagegen ein Zeichen zu setzen und sich den Demonstrationen für ein buntes und weltoffenes Bielefeld und gegen Holocaust-Leugnung anzuschließen!
Unterzeichnerinnen und Unterzeichner - Name, Vorname beziehungsweise Organisation - bitte an:
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