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AG Analyse und Kritik , 05.04.2005 :

Diskussionsveranstaltung: Der internationale Vergleich der Arbeitslöhne in den Zeiten von Krise und Antiterror-Krieg / Freitag, 8. April 2005, 20.00 Uhr: Bürgerwache am Siegfriedplatz, Weststraße in Bielefeld

Der Fanatismus, der die Wirtschafts- und Sozialstaatspolitik von einer "Strukturreform" zur nächsten treibt, ist keineswegs bloß eine deutsche Errungenschaft. Auch andere Nationen leiden darunter, dass die alte Gleichung: "Wirtschaftswachstum schafft Arbeitsplätze" nicht mehr aufgeht. Es fehlt an Wachstum: Das geben die zuständigen Regierungen mit jedem neuen Haushaltsplan bekannt - von Mal zu Mal wachsen die Schulden, mit denen sie kein neues Wachstum "anstoßen", sondern bloß unproduktive Defizite finanzieren.

Angesichts der vom Kapital dauerhaft für überflüssig erklärten Millionen von Arbeitslosen rechnet sich der staatliche Aufwand an sozialer Betreuung immer weniger. Um so mehr betont die Regierung, dass ihre Verarmungsmaßnahmen ein einziger Dienst an die Arbeitslosen sind, die nur mit Lohnverzicht darauf hoffen dürfen, vielleicht doch noch einmal wieder einen Arbeitsplatz zu bekommen. Was da als Dienst für die Betroffenen und als Rettung des Sozialsystems verkauft wird, liest sich wie eine Bestätigung alter kommunistischer Vorurteile, nach denen der Erfolg von Marktwirtschaft und Nation eben unverträglich mit dem Auskommen und Zurechtkommen derjenigen ist, auf deren Benutzung der Reichtum des Kapitals und die Macht des Staates gründet.

Nach wie vor schlagen sich die Staaten mit den Konsequenzen einer kapitalistischen Krise herum: Die Unternehmerschaft, der alle fortschrittlichen Nationen den Gebrauch des produktiven Reichtums und das Kommando über die gesellschaftliche Arbeit überantwortet haben, konkurriert mittlerweile schon seit einigen Jahren nicht mehr um Anteile an einem flott wachsenden Geschäft, sondern um Gewinne bei allgemeinem Einbruch ihrer Geschäfte. Mit ihren Geschäftserfolgen von gestern hat sie es dahin gebracht, dass ihr kapitalistischer Reichtum für weitere Vermehrung zu groß und dadurch untauglich geworden ist. Ihr Wettbewerb tobt um die Verteilung ihres Schadens, der freilich vor allem ihre Belegschaften trifft. Der Staat bilanziert den ökonomischen Gesamtschaden am nationalen Wachstum und verwaltet einen Haushalt, in dem keine Rechnung mehr aufgeht.

Entsprechend heftig reagieren die Regierenden. Sie agieren selber als geschädigte Konkurrenten: Ihrer Nation fehlt es an gesamtwirtschaftlichem Wachstum, während anderswo noch Geld verdient und Kapital vermehrt wird. Dass ihre weltweit aktiven Kapitalisten sich schwer tun, für ihre Überschüsse überhaupt eine lohnende Anlage aufzutun, und allenthalben Kapital vernichten, registrieren sie als nationalen Kapitalmangel. Anderen Nationen wird alles zum Vorwurf gemacht, was sich als unfaires Werbemittel denunzieren läßt: Elende soziale Verhältnisse, die das selektive Engagement der Geschäftswelt in vielen Weltgegenden geschaffen hat, insbesondere die verheerenden Folgen des Systemwechsels in Osteuropa, mit dem eine Unmenge sozialer Errungenschaften als wertlose Belastung des einzig wahren kapitalistischen Reichtums abgeschrieben und liquidiert worden ist, werden als "Lohn-", "Sozial-" oder "Umweltdumping" angeklagt. Ans jeweils eigene Volk schließlich ergeht die Ansage: Lohn, Arbeitszeiten, Krankenversorgung, Altersrente, Sozialhilfe - alles muss "auf den Prüfstand" und für die Zwecke eines national gerechten Sozialdumping zurechtgemacht werden.

Die Bewältigung der schon viel zu lange andauernden Krise gehen die Staaten auch unter dem übergeordneten Gesichtspunkt an, daß mit ihrer nationalen Wachstumsbilanz die imperialistische Kompetenz ihrer Nation auf dem Spiel steht. Der Umbau der Staatenwelt, den die USA mit ihrem "Kampf gegen den Terror" heraufbeschworen haben, ist für sie eine Herausforderung: Mit der krisengemäßen Zurichtung ihrer Klassengesellschaft folgen sie den Anforderungen dieser neuen (Weltkriegs-) Lage.


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