Lippische Rundschau ,
24.01.2002 :
Teilerfolg der Staatsanwaltschaft gegen den Detmolder Ratsherrn Hendrik Schnelle / Sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung
Detmold (sts). Mit versteinerter Mine reagierte Hendrik Schnelle auf den Urteilsspruch der Berufungskammer am Detmolder Landgericht: "Kein Kommentar!" Vorsitzender Richter Rudolf Hartl hat den 25-jährigen Ratsherrn gestern wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Zudem muss der ehemalige Christdemokrat, der stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union (JU) Detmold ist, 60 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.
"Schwule sollte man genauso vergasen wie damals die Juden", soll Schnelle im Frühjahr 1998 in einer Kneipe gegenüber einer 20-jährigen Zeugin gesagt haben. Im Herbst des gleichen Jahres soll er sich in einer anderen Gastwirtschaft gegenüber einer Kellnerin zudem abfällig über Schwarze geäußert haben.
Das Amtsgericht hatte den Jurastudenten im vergangenen Jahr vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Die ihm vorgeworfenen Aussagen habe es zwar gegeben, so der Richter damals. Sie seien aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen, wodurch der Vorwurf der Volksverhetzung nicht erfüllt sei. Das sah Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink anders: Er legte Berufung ein und forderte gestern erneut neun Monate Haft auf Bewährung für Schnelle.
Erneut versuchte die Berufungskammer, mit Hilfe zahlreicher Zeugen herauszufinden, was vor vier Jahren von Schnelle wirklich gesagt worden ist. Dabei stand die 20-jährige Zeugin, 1998 bei den Jungsozialisten aktiv, im Mittelpunkt. Obwohl keiner der anderen Zeugen den von ihr vorgebrachten Satz Schnelles über Homosexuelle am Kneipentisch gehört haben will und manche Ungereimtheiten in ihrer Aussage waren, glaubte ihr das Gericht. "Es ist kein Grund erkennbar, warum sie sich das ausgedacht haben soll", meinte der Richter. Anders bei der angeblichen abfälligen Äußerung Schnelles über Schwarze im Herbst 1998, habe der JU-Funktionär gewusst, so Hartl, dass er "diese fürchterliche Aussage" gegenüber einer politisch Andersdenkenden mache und sie so eventuell eines Tages öffentlich werde. Damit handele es sich zumindest in diesem Falle um Volksverhetzung. Schnelle selbst bestritt erneut, "so Dummes und Törichtes" gesagt zu haben. Er denkt über eine Revison nach.
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