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Internationales Beratungszentrum , 07.03.2003 :

... die Debatte um das Asylrecht angeheizt ... / Pressemitteilung des ibz zur Strafanzeige gegen Stephan Grigat

ibz stellt Strafanzeige gegen den Detmolder CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Stephan Grigat wegen übler Nachrede

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Anlage übersenden wir Ihnen die o.g. Strafanzeige vom 07. März 2003.

Ergänzend dazu erklären wir das Folgende:

Durch die Grundgesetzänderung vom 26. Mai 1993 wurde das Grundrecht auf Asyl weitgehend abgeschafft. Für die von Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen geforderte Wiederherstellung des Artikel 16 ist eine verfassungsändernde Mehrheit nicht in Sicht. Trotzdem müssen die verbliebenen Möglichkeiten genutzt werden um Flüchtlinge zu schützen: auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene.

Vor und nach dem Abbau des Grundrechts auf Asyl haben leider auch in Detmold immer wieder diverse Stimmen die Debatte um das Asylrecht angeheizt, indem sie die zu uns flüchtenden Menschen diffamierten und ihnen unlautere Motive unterstellten. Die Wortschöpfungen jener Polemik sind inzwischen zahlreich; sie zu wiederholen erscheint schon für sich wie ein Akt der Demütigung.

Nachweislich der Aktenlage traten dabei zu Anfang der 90er Jahre Vertreter der Detmolder SPD unangenehm in Erscheinung, schrieben zum Beispiel vom " ... millionenfachen Missbrauch des Asylrecht" und Schlimmeren. Seit 1994 wurden diese Stimmen bedächtiger - ein Wechsel in der Verwaltung und eine Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen stand ins Haus.

Wer schon zuvor in der kommunalen Flüchtlingsarbeit engagiert war, hatte mit der einmaligen Destruktivität des CDU-Dezernenten genug zu tun. Doch trotz dessen eindeutiger Haltung in Bezug auf das Asylrecht, eröffneten sich damals viele Spielräume: Was bei aus Rumänien geflüchteten Roma angeblich ausländerrechtlich nicht umzusetzen war, wandte er später ungeniert zu Gunsten schutzsuchender Menschen aus dem Kosova an. Von ihm gezielt herausgesuchte negative Urteile (betreffs Abschiebehindernisse) von Verwaltungsgerichten waren bereits durch die nächste Instanz aufgehoben. Zuweilen hebelte ihn auch der ehemalige Stadtdirektor aus, wenn kurdische Asylsuchende in die Türkei abgeschoben werden sollten. Auch das Innenministerium intervenierte einige Mal per Dienstanweisung. Es sollte hierbei jedoch nicht vergessen werden, dass sich die SPD bei flüchtlingspolitischen Forderungen in der Regel hinter ihm versteckte.

Nachfolgerin (1) Annegret Sandbothe (SPD) verfolgt seit 1995 hingegen eine eindeutige Linie: Zuweisungsquoten eingerechnet, gab es in Detmold noch nie so viele Ausweisungsverfügungen und Abschiebungen wie unter ihrer Amtsführung. Dass dabei der "Ermessensspielraum für eine Ausländerbehörde tendenziell noch weiter zurückgegangen" sei, wie von ihr in der Sozialausschusssitzung am 11. Februar ausgeführt, hören und lesen wir seit nunmehr 20 Jahren. Merkwürdig nur, das andere Kommunen die zweifelsohne immer noch vorhandenen Spielräume nutzen.

Aus langjähriger Beratungstätigkeit können wir das Folgende versichern: In der Detmolder Ausländerbehörde wird häufig und massiv auf die sogenannte "freiwillige Ausreise" hingearbeitet. Nützt bei den Betroffenen auch der Hinweis auf "finanzielle Unterstützung" nichts, wird die Abschiebung vorbereitet. Noch laufende Verfahren wie z.B. Asylfolgeanträge werden in der Regel ignoriert, Ermessenspielräume nahezu konsequent nicht genutzt. Flüchtlinge, die nur noch zwichen der direkten Form der Verfolgung und Inhaftierung in der Heimat und dem "Untertauchen" in Deutschland wählen können, werden in eine aussichtslose Lage gebracht. Aus Verantwortung vor allem für ihre Familie, die sie nicht der unmittelbaren Lebensgefahr aussetzen wollen, wählen dann viele die zweite Alternative.

Und genau hier setzt die neue Vorlage der Verwaltung vom 14.01.2003 (Drucksachen-Nummer: (FB 2) 30/2003) zur Verhängung der Abschiebehaft an: "Bei Familien/Ehepaaren sollte nur der männliche Haushaltsvorstand inhaftiert werden, um so ein Untertauchen der Angehörigen zu verhindern." Wer darin einen "humanen Sonderweg", wie mehrfach im Sozialausschuss geäußert, erkennen will, sollte dies den Betroffenen direkt ins Gesicht sagen.

Es ist kein Widerspruch zu unserer Einleitung, wenn wir sagen: Das Asylrecht ist das allerletzte Menschenrecht, wenn bereits alle anderen gebrochen wurden! Bei der oben beschriebenen Praxis der Stadt Detmold müssen die Bürgerinnen und Bürger an dieser demokratischen Aufgabe mitwirken. Entscheidungen, die gegen dieses Grundrecht verstoßen, dürfen nicht ausgeführt werden. Hier beginnt bei aller Akzeptanz des staatlichen Machtmonopols das Widerstandsrecht der Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel durch die Gewährung von Kirchenasyl.

An dieser Grundüberzeugung wird auch die üble Nachrede eines Herrn Grigat nichts ändern!

Das ibz bereitet zur Zeit eine Veranstaltungsreihe zu den rechtlichen Möglichkeiten der Kommune und zum Thema Abschiebehaft vor. Für den 10. Mai ist eine Demonstration unter dem Titel "Hier geblieben!" geplant. Ein flüchtlingspolitischer Ratschlag für engagierte Bürgerinnen und Bürger soll die Aktion abschliessen.

(1) Nach einem Zwischenintermezzo von Frau Jeske-Paasch


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