www.hiergeblieben.de

Lippische Landes-Zeitung , 01.04.2005 :

Der persönliche 8. Mai / Gymnasiasten arbeiten Ereignisse zum Kriegsende in Barntrup auf

Barntrup (co). "Jedes Mal, wenn ich Geschichte hatte, war der Zweite Weltkrieg dran", sagt Marcel ketzerisch. Doch was der Geschichtskurs in den vergangenen Monaten erarbeitete, stieß bei dem Schüler des Städtischen Gymnasiums Barntrup und seinen Mitschülern auf großes Interesse. Sie beschäftigten sich mit dem Kriegsende in Barntrup. Daraus soll eine Dokumentation entstehen.

Treibende Kraft ist Referendar Carsten Schwier, unterstützt von Geschichtslehrer Hans Jürgen Rau, die mit ihrem Geschichtskurs eigentlich die Zeit von 1945 bis 1989 in den Fokus nehmen wollten. Beim Jahr '45 blieben sie stecken. Aus ursprünglich vier Wochen für das Thema wurde ein halbes Jahr.

Schwier stöberte durch Zufall eine Sammlung von Zeitzeugenberichten des damaligen Pfarrers Louis Kneese auf, die die Schüler bearbeiteten. "Es ging mir darum, mit dem lokalen Bezug die Motivation zu wecken und zu erhalten", schildert Schwier. Was ihm gelang. Rau: "Der Kurs hat in erstaunlicher Weise mitgezogen und Aktivitäten entwickelt."

111 Augenzeugenberichte zum Kriegsende mussten ausgewertet werden. Die Schüler lernten dabei wissenschaftliches Arbeiten kennen. Sie beschafften sich eigenständig zusätzliche Informationen bei Verwandten und Bekannten und im Archiv. "Geschichte als Forschungsprozess ist für die Schüler eine erfrischende Erfahrung gewesen", meint Rau. Bei einigen habe sich ein regelrechtes Geschichtsbewusstsein entwickelt.

Geschichte zum Greifen nah

In einer Arbeitsgemeinschaft wurde das Thema weiter vertieft - zehn Schüler machten freiwillig mit. "Es wurde eine Gebäudeliste erstellt und die durch Bomben zerstörten Häuser im Stadtplan eingezeichnet", erzählt Schwier. Eine Chronik der Nachkriegsereignisse kam hinzu. Während ihrer Forschung erfuhren die Schüler beispielsweise, dass der Lemgoer Bürgermeister Gräfer im Schlosshof erschossen werden sollte. Geschichte zum Greifen nah. Bekanntlich wurde Gräfer schließlich in Bodenwerder tatsächlich hingerichtet. weil er Lemgo an die Alliierten übergeben hatte.

Die LZ befragte die Schüler, was ihnen am Geschichtsprojekt gefallen hat. Charlene: "Es war für uns interessant, wie stark Barntrup betroffen war, und wie die Leute das erlebt haben. Jeder von uns hat persönliche Erfahrungen einbringen können." Carolin: "Mein Opa hat mir erzählt, welches dramatische Erlebnis das war, das bis heute Spuren hinterlassen hat."

Nora: "Es ist auch für Eltern interessant zu hören, was passiert ist. Ein Zeitzeuge wollte damit gar nichts mehr zu tun haben." Durch den praxisnahen Unterricht habe sie jetzt viel mehr Interesse an Geschichte. Sandra: "Mein Zeitzeuge war total erfreut, dass sich Schüler mit dem Kriegsende beschäftigen."

Finden es die Schüler wichtig, für spätere Generationen die Erinnerung an den Krieg wachzuhalten? Katharina: "Das ist Teil der Geschichte, und aus Fehlern lernt man." Nora: "Unsere Kinder sollten wissen, dass die Urgroßeltern darunter gelitten haben."

Der Heimatverein möchte die Dokumentation im Rahmen der Reihe "Barntruper Geschichten" herausgeben. Der Montag, 4. April, der Tag des Einmarschs der Amerikaner in Barntrup vor 60 Jahren, soll am Gymnasium im Zeichen des Ereignisses stehen. "Die Schüler wollten einen persönlichen 8. Mai", erklärt Schwier. Fünf Zeitzeugen werden von ihren Erlebnissen berichten.


Detmold@lz-online.de

zurück