Die Glocke ,
31.03.2005 :
Erinnerungen an den 31. März 1945 / "Gegen Mittag hörten wir plötzlich Schüsse"
Ennigerloh (gl). "Gegen Mittag hörten wir dann plötzlich Schüsse", erinnert sich Heinz Gröne. Vor genau 60 Jahren, am Morgen des Karsamstags, 31. März 1945, hatte die Familie erfahren, dass der Einmarsch der Amerikaner in Ennigerloh unmittelbar bevorstehe. Zu den vereinzelten Schüssen gesellte sich der monotone Lärm von Motoren. Die Familie, die im Dahsen wohnte, hängte wie alle Nachbarn weiße Bettlaken aus dem der Straße zugewandten Fenster. "Wir haben dann immer so um die Ecke gelinst", berichtet der Ennigerloher, der damals 14 Jahre alt war. Schließlich sah der Jugendliche die Fahrzeugkolonnen der Amerikaner, die von Enniger aus in Ennigerloh eingerückt waren, über die Oelder Straße fahren. "Was da an Fahrzeugen, Panzern und Jeeps vorbeifuhr!" Auch Russen, die in Ennigerloh als Kriegsgefangene auf Ennigerloher Höfen arbeiteten, standen an den Straßen und winkten.
"Für uns blieb es ruhig", weiß Gröne noch. Insgesamt verlief der Einmarsch der Amerikaner für die Drubbelstadt relativ glimpflich. Auf Höhe der Mühle waren den Panzern vier Ennigerloher Männer mit einer weißen Flagge entgegengetreten: Bürgermeister Hischmann, Dr. Georg Barth, der gegenüber der Mühle wohnte, der Pfarrer Wienhues und der Ortsgruppenleiter Krabbe. Sie signalisierten so, dass sich keine Soldaten mehr im Ort aufhielten. Die letzten in Ennigerloh stationierten deutschen Soldaten hatten wenige Stunden zuvor im Schutz der Dunkelheit die Stadt verlassen, viele davon Richtung Ruhrgebiet. "Die orientierten sich zum Teil an den Hochspannungsmasten, um den Weg zu finden", erinnert sich Gröne. Einen Toten gab es im Verlauf des Einmarsches: Der Polizist Ricks wurde erschossen. Zwei Jugendliche dagegen, die den Amerikanern mit einer Panzerfaust entgegentreten wollten, wurden von den Wirten einer Gastwirtschaft im Keller eingesperrt, um Unheil zu verhindern. Dass in Ennigerloh nicht mehr gekämpft worden sei, sei so selbstverständlich nicht gewesen, weiß Dr. Rudolf Barth: "Es gab in Ennigerloh zwei Richtungen in der Partei: die einen wollten bis zum Schluss verteidigen, die anderen nicht."
Am Morgen des folgenden Tages, Ostersonntag, 1. April 1945, bekamen die Grönes dann einen gehörigen Schrecken: Die Amerikaner hatten auf den Wiesen der Bauerschaft ein großes Biwak aufgeschlagen. "Da haben wir unwahrscheinliches Glück gehabt, dass die nicht zu uns gekommen sind", sagt Heinz Gröne. Und für die Jungs hatte das Camp auch Gutes: Die Amerikaner ließen viele Benzinkanister auf den Wiesen zurück. Der Zeitzeuge schmunzelnd: "Das war spannend für uns." Der Heimatverein lädt heute ab 19.30 Uhr ins Drubbelhaus ein, um an den 31. März 1945 zu erinnern.
Nicole Fenneker
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