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Kampagne Z-ABschaffen , 11.03.2005 :

(Z)entrale (A)usländer (B)ehörde abschaffen! / Festung Europa Stück für Stück zerlegen

Demonstration: Bielefeld Hauptbahnhof - Samstag, 9. April 2005, 13.00 Uhr

Jeden Tag fahren in Bielefeld an der viel befahrenen Strasße "Am Stadtholz" hunderte von Autos vorbei. Jeden Tag werden in den Gebäuden “Am Stadtholz 24 -26" rassistische Entscheidungen getroffen. Jeden Tag werden auf Grund alltäglicher Verwaltung in Deutschland im Schnitt über hundert Menschen abgeschoben. Dies geschieht im Interesse der herrschenden Politik, die sich dabei auf den rassistisch-sexistischen Normalzustand in dieser Gesellschaft stützt. Gerichte, Ausländerbehörden, Abschiebehaftanstalten, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der Bundesgrenzschutz, jede und jeder - sie alle tragen dazu bei, diese unmenschlichen Strukturen gegenüber Menschen aufrecht zu erhalten.

Die ZAB muss abgeschafft werden ... -Z-ABschaffen

Wir wollen mit der Kampagne Z-ABschaffen and der Demonstration am 9. April 2005 um 13 Uhr in Bielefeld auf den staatlich institutionalisierten Rassismus aufmerksam machen. Die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) und die im ZAB-Nebengebäude untergebrachte Stelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sind in Bielefeld bisher kaum bekannt. Die ZAB ist ein Symbol für den staatlich institutionalisierten and gesellschaftlich vorherrschenden Rassismus and muss deshalb abgeschafft werden.

Jeder in Bielefeld ankommende "Flüchtling" und alle, die ohne gültige Papiere von rassistischen Passkontrollen aufgegriffen werden, werden zur ZAB gebracht oder geschickt. Die ZAB unterzieht sie einer kompletten erkennungsdienstlichen Behandlung mit Fingerabdruck und Foto, prüft und registriert alle persönlichen Daten und übermittelt das alles zum Abgleich und zur Speicherung an das europaweit vernetzte Ausländerzentralregister in Köln. Nach der Erstbefragung werden die Asylsuchenden willkürlich bundesweit Flüchtlingsunterkünften zugeordnet und obliegen dort der Residenzpflicht. Das bedeutet, dass sie den zugewiesenen Regierungsbezirk nicht verlassen dürfen. Besonders unmenschlich ist, dass Familien und Freundlnnen oft auseinander gerissen werden.

In den Räumen des Bundesamts erfolgt die Anhörung, mit der das Asylverfahren beginnt. Inforrnationen zum Verfahren und Übersetzungen werden nur in absolut unzureichendem Ausmaß gestellt. Rechtskundiger Beistand lässt sich in der Regel nicht organisieren. Nur eine der 25 Standard-Fragen bezieht sich auf die Flucht bzw. auf die Migrationsursachen. Den Befragten ist oft nicht bekannt, dass sie zwingend bereits in dieser Befragung alle relevanten Fluchtgründe vorbringen und beweisen müssen. Die Asyl-Anerkennungsquote wurde so in den letzten Jahren auf 1 – 3 Prozent gedrückt. Die befragte Person steht in einem Verhör und wird dadurch von Anfang an in eine extreme Rechtfertigungsrolle gedrängt. Menschen, die ihren Fluchtweg bis hierher überstanden und oftmals traumatische Erfahrungen gemacht haben, werden also pauschal so behandelt wie sonst nur "Kriminelle" oder Tatverdächtige. Das ist diskriminierend und rassistisch. Wenn ankommende Menschen gar nicht erst zum Asylverfahren zugelassen werden, organisiert die ZAB die Fahrten zum Abschiebeflughafen nach Düsseldorf. Die Bielefelder ZAB, die der kommunalen Verwaltung und damit in letzter Instanz dem Oberbürgermeister untersteht, entscheidet über den Vollzug jeder einzelnen Abschiebung und führt diese durch.

Jede Abschiebung ist unmenschlich. Kein Mensch flieht ohne Grund. Die ersten Termine eines Flüchtlings in ZAB and Bundesamt sind (vor)entscheidend für die Chancen auf Schutz and legalen Aufenthalt. Die von beiden Behörden dabei vorgegebenen Bedingungen dienen allein der Abschottung und sind rassistisch. Die ZAB entscheidet über die Abschiebungen abgelehnter Flüchtlinge and führt diese durch. Die ZAB ist somit eine der hauptverantwortlichen Stellen für die gesamte rassistische Ausgrenzungspolitik der Bundesrepublik.

Die ZAB muss abgeschafft werden!

Politik und Öffentlichkeit lassen sich bei jeder Gelegenheit nur über den offenen kriminellen Rassismus der Rechtsradikalen aus, der dem "Ansehen Deutschlands im Ausland" schade. Das aber lenkt davon ab, dass sich rassistische Einstellungen und Handlungen überall in der Gesellschaft finden. Es gibt strukturelle, individuelle und institutionelle Rassismen, die sich gegenseitig stark bedingen und durchdringen. Warum werden diese Formen von Rassismus kaum gesehen, warum verschwiegen, warum toleriert?

Ein Erklärungsversuch:

Seit dem 19. Jahrhundert gliedert sich die Welt vor allem in Nationalstaaten, die im Wettbewerb des kapitalistischen Wirtschaftens stehen und diesen in der Regel auch innenpolitisch sichern. Der Wettbewerb wird praktisch gesichert durch das staatliche Gewaltmonopol, durch eine dynamische Fortschreibung der privaten Eigentumsordnung und durch verschiedene, sich gegenseitig bedingende Macht- und Herrschaftsverhaltnisse wie zum Beispiel die rassistisch-sexistischeAufteilung der Arbeitsmärkte und die Regulierung von (Zwei)Geschlecht(lichkeit), Sexualität, Ethnizität und Lebensentwürfen.

Die Logik des Nationalstaats im Kapitalismus beinhaltet, dass jeder Staat nur seinen eigenen Staatsbürgerlnnen verpflichtet ist und alle anderen als AusländerInnen ausschließt - es sei denn, sie passen in die wirtschaftliche Verwertungslogik: ob als hochqualifizierte Spezialistlnnen oder als Niedrigstlohnarbeiterlnnen, die unter Bedingungen arbeiten müssen, welche "Inländerlnnen" und "EU-Ausländerlnnen" kaum zugemutet werden. Unter schwierigsten Bedingungen leben besonders die Geduldeten und die in die Illegalität gedrängten Migrantlnnen. Als Menschen ohne jede Rechte sollen Illegalisierte schrankenloser Ausbeutung und Willkür preisgegeben werden. Bezeichnenderweise gibt es in Deutschland bisher keine erfolgsversprechende Legalisierungs-Initiative.

Die Logik der wirtschaftlichen Verwertung verschärft die bestehenden Verhältnisse. Die Mittel, die eingesetzt werden, um Menschen auszuschließen, werden immer radikaler (Grenzregime, Asyl-Anerkennungsquote, "Landesverteidigung am Hindukusch"). Andererseits wird der Druck auf die eigenen Staatsbürgerlnnen immer weiter verschärft. Die Armen werden spätestens mit Hartz IV immer zahlreicher und ärmer.

Natürlich treffen die massiven Verschlechterungen nicht nur die direkt betroffenen Arbeitslosen, sondern indirekt auch alle anderen, die noch (Tarif-)Lohn beziehen. Was Hartz IV nun Arbeitslosen mit deutschem Pass zumutet, das wird seit Jahren gegenüber den Migrantlnnen ausprobiert (Durchleuchtung, Psychodruck, 1-Euro-Pflicht-Jobs).

Migrationsbewegungen gibt und gab es überall auf der Welt - schon immer! Sie sind kein "Verbrechen", sondern werden erst durch die Logik der Nationalstaaten und ihrer Grenzen dazu gemacht. Der Prozess der europäischen Einigung steht nur scheinbar im Widerspruch zu diesen Aussagen. Die EU entwickelt sich zwar zu einem komplexeren Gesamtgebäude als die alten Nationalstaaten, doch die oben gemachten Aussagen werden ihre Gültigkeit behalten und mehr oder weniger von der nationalen auf die europäische Ebene übertragen. Viele der Ursachen, die Menschen zum Verlassen ihrer Heimat bewegen (wie z.B. Krieg, Militärregierungen, Verfolgungen, Hungerkatastrophen, Dumpinglohnarbeit), wurden durch die koloniale und nachkoloniale Politik der reichen Staaten produziert. Je nach gesamtgesellschaftlichern Klima und den aktuellen kapitalistischen Bedürfnissen ist Migration erwünscht oder unerwünscht und wird dementsprechend kriminalisiert, geduldet oder gefördert.

Frauen, Lesben, Transgender fliehen nicht nur aus den oben genannten Gründen, sondern auch auf Grund frauenspezifischer Fluchtgründe: Vergewaltigung, Zwangsverheiratung, Gewalt in der Ehe, Verfolgung von Lesben und Geschlechtsnormierung zielen z.B. darauf ab, die patriarchalen Machtstrukturen aufrecht zu erhalten. In der Flucht setzen sich diese Machtstrukturen fort.

Wir denken, dass ungeachtet der Fluchtgründe Jede und Jeder das Recht hat und die Möglichkeit haben sollte, dort zu leben, wo sie oder er es möchte. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der Menschen nicht als "die Anderen" deklariert werden und auf Grund dessen diskriminiert, ausgegrenzt oder gar getötet werden. Der hiesige Wohlstand basiert auf der Ausbeutung überall auf dieser Welt. Wir wollen diese Ungerechtigkeit und Ungleichheit abschaffen und kämpfen für eine Gesellschaft frei von Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnissen!

Fluchtursachen bekämpfen!
Keine Kriminalisierung von MigrantInnen!
Residenzpflicht abschaffen - Bewegungsfreiheit für alle!


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