www.hiergeblieben.de

Mindener Tageblatt , 19.03.2005 :

Alte Erinnerungen werden wach / MT-Serie zum Kriegsende: Kinder und Jugendliche von einst blicken auf Frühjahr 1945 zurück

Minden (mt). Deutschland, Mitte März 1945: US-Truppen stehen in Köln und halten einen Brückenkopf bei Remagen, die Rote Armee rückt auf Berlin vor. In Minden glauben wie vielerorts in Deutschland immer weniger Menschen an den von den Nazis propagierten Endsieg. Aber noch steht der Stadt einer der schwärzesten Tage ihrer 1200-jährigen Geschichte bevor.

Von Jürgen Langenkämper

Fast 60 Jahre nach seinem Ende beschäftigt der Zweite Weltkrieg die Menschen. Besonders bei Älteren, die damals als Kinder und Jugendliche das Grauen eines Krieges hautnah erlebt haben, den sie selbst nicht verschuldet hatten, in dem die meisten der Generation der heute 60- bis 80-Jährigen nicht Täter, wohl aber fast alle Opfer einer mörderischen Gewalt- und Eroberungspolitik des Nazi-Regimes wurden, bei diesen Älteren vor allem werden Erinnerungen wach.

Erinnerungen an Entbehrungen, Bombenabwürfe, Stunden in überfüllten Kellern und Bunkern, Brände und beklemmende Ängste, Trauer und Verzweiflung nach dem Verlust von Angehörigen, Bangen um verschollene Verwandte, um vermisste Väter, Söhne und Brüder an den Fronten.

Vielfach wurden die traumatischen Erlebnisse in den Jahren des Wiederaufbaus im deutschen Wirtschaftswunder verdrängt, beinah so verdrängt wie die deutsche Schuld am Grauen dieses Krieges, dem planmäßig organisierten Versuch zur Ausrottung eines ganzen Volkes. Gegenüber den Erzählungen, manchmal Prahlereien alter Haudegen, mal williger, mal unbedachter Erfüllungsgehilfen einer zerstörerischen völkischen Expansionspolitik - Stoff für Stammtischrunden, Skatabende und Landserhefte -, standen die Erinnerungen der Zivilbevölkerung vielfach am Rande, mussten zurückstehen, diese Eindrücke der Frauen und Kinder.

Im Fernsehzeitalter werden viele der Bilder wieder wach. Historische TV-Dokumentationen von mehr oder minder fernen Schauplätzen, die früher einmal Heimat waren für manchen Flüchtling oder Vertriebenen, ziehen erneut vorüber.

Die verdunkelte Stadt - Minden 1944/45

Für Minden hat der damalige Leiter des Kommunalarchivs, Dr. Hans Nordsiek, 1995 das Kriegsende vor damals 50 Jahren in seinem Buch "Die verdunkelte Stadt. Minden 1944/45" aufgearbeitet. Es ist inzwischen nur noch in ganz wenigen Restexemplaren käuflich greifbar. Es bildet eine, dazu noch wissenschaftlich abgesicherte, Grundlage für eine kleine Serie des Mindener Tageblatts zum Ende des Zweiten Weltkriegs und zur unmittelbaren Nachkriegszeit.

Eckdaten der Spurensuche und Gespräche mit Zeitzeugen sind die Ankunft von Flüchtlingen und Vertriebenen aus dem Osten im März 1945, das verheerende Bombardement im Stadtkern am 28. März, die Sperrung der Kanalüberführung durch deutsche Truppen und der Einmarsch kanadischer Fallschirmjäger am 4. April, der Vormarsch der Amerikaner am 5. und 6. April sowie die Situation bei Unterzeichnung der Kapitulation am 7. bzw. 8. Mai. Ergänzend soll die Situation der Zwangsarbeiter vor und nach ihrer Befreiung und ihre Unterbringung in den so genannten "Polendörfern" beleuchtet werden, ebenso wie Auswirkungen der Besatzung auf das Leben in der Stadt.

19./20.03.2005
mt@mt-online.de

zurück