Deister- und Weserzeitung ,
12.03.2005 :
Zwangsarbeit in der NS-Zeit im Brennpunkt / Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zog Jahresbilanz / Ausblick auf 2005
Hameln (gel). Bei der Jahreshauptversammlung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im Kapitelsaal des Münsters erinnerte die Vorsitzende Christa Bruns daran, dass die Gesellschaft in diesem Jahr 25 Jahre besteht: Sie war 1980 gegründet worden. Im Zentrum ihres Rückblicks stand das Gedenken an die Opfer der NS-Herrschaft im Januar 2004 sowie die Gedenkfeier am Mahnmal in der Bürenstraße am 9. November 2004. Vortragsveranstaltungen boten Informationen über das Wiederaufleben des Antisemitismus in Deutschland, über die russisch-jüdische Emigration nach Deutschland seit 1990 und über den jüdischen Gottesdienst. Außer einer Studienfahrt nach Syrien und in den Libanon im März 2004 veranstaltete die Gesellschaft eine Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Moringen.
Reges Interesse besteht an einer Studienreise nach Israel, die aber wohl erst im Jahr 2006 angeboten werden kann. Vorgeschlagen wurde auch eine Tagesfahrt zum Jüdischen Museum in Berlin. Einen inhaltlichen Schwerpunkt wird im Jahr 2005 der christlich-jüdische Dialog bilden.
Den Schwerpunkt der Arbeit in der zweiten Hälfte des Jahres 2005 wird das Projekt Zwangsarbeit bilden, das Bernhard Gelderblom vorstellte. Umfangreiche Recherchen, die bereits im Jahre 2000 begannen, sind nun abgeschlossen, und die Ergebnisse können der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dr. Mario Keller-Holte hat über Jahre eine Datenbank aufgebaut, die detaillierte Auskünfte über die Schicksale von etwa 10.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont erlaubt. Ein umfangreicher Briefwechsel, den Bernhard Gelderblom mitüber 115 ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern vor allem aus Polen und der Ukraine geführt hat, erlaubt Einblicke in die Sichtweise der Betroffenen. Für den Herbst sind nun eine Ausstellung im Hamelner Münster, eine Internet-Präsentation sowie eine Buchveröffentlichung geplant.
Begleitend zur Ausstellung soll für den September eine Einladung an ehemalige polnische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ausgesprochen werden. Dieses Projekt, das inzwischen zahlreiche Städte realisiert haben, erfordert außerordentliche Anstrengungen, weil es in Hameln allein mit ehrenamtlichen Kräften realisiert werden muss. Während in anderen Städten die Einladungen voll aus dem kommunalen Etat finanziert wurden, wird es in Hameln wohl einen städtischen Zuschuss geben, jedoch wird der weitaus größere Teil der Finanzierung durch Spenden von Bürgern und Firmen zu decken sein.
Am Schluss berichteten Vertreter der zwei jüdischen Gemeinden in Hameln über ihre Arbeit. Dabei berichtete Rachel Dohme von der liberalen jüdischen Gemeinde über die Gründung einer Stiftung zum Bau einer Synagoge und über den Stand der Planungen. Irina Pirogowa von der jüdischen Kultusgemeinde hob besonders die Einrichtung des neuen Synagogensaals in der Lohstraße hervor, in dem nun ein lebhaftes religiöses Leben erwächst. Nach den Regularien sang Rebekka Dohme Lieder aus der jüdischen Liturgie, darunter das Adonai Adonai und das Morgengebet für Yom Kippur.
12./13.03.2005
redaktion@dewezet.de
|