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Mindener Tageblatt , 30.01.2017 :

Ganz ohne Vorurteile?

Elvan und Hakki Kilic gehören der Kyffhäuser Kameradschaft Minden an und sind geschätzte Mitglieder / Dafür war ein gewisses Umdenken - auf mehreren Seiten - vonnöten

Von Ilja Regier

Minden (mt). Sie zieht das Luftgewehr vor. Er trifft am besten mit dem Großkaliber. Elvan und Hakki Kilic sind Schützen und Mitglieder der Kyffhäuser Kameradschaft Minden. Damit ist das Ehepaar aus Dankersen Teil des Kyffhäuserbundes, heute mit 200-jähriger Tradition, einst als deutscher Kriegerverein gegründet. Urdeutsche Wurzeln haben die Kilics nicht. Beide stammen aus der Türkei. Vor ihrem Vereinseintritt mussten erst Ressentiments abgebaut werden - auf beiden Seiten.

"Reichlich Negatives habe ich über die Kyffhäuser gehört. Rechtspolitisch sollten sie sein. Deswegen sollte ich auf Grund meines Migrationshintergrundes aufpassen", sagt Taxiunternehmer Hakki Kilic (50). Er wollte sich aber eine eigene Meinung davon machen. Am Schießsport sei er bereits seit längerer Zeit interessiert gewesen. Sein Arbeitskollege Peter Franke, erster Vorsitzender der Kyffhäuser Kameradschaft Minden (KK-Minden), lud ihn zum Reinschnuppern ein. Hakki beließ es 2013 nicht dabei - und blieb.

Mittlerweile wurde Hakki zum ersten Schießsportleiter ernannt. Dafür musste er eine Schießwart-Prüfung ablegen. Er kennt sich in rechtlichen Details im Umgang mit Waffen aus. Organisiert und beaufsichtigt Schießübungen. "Diese Position passt zu ihm, weil er auf dem Schießstand eine ruhige und sachliche Art besitzt. Außerdem ist Hakki ein gern gesehenes Mitglied", erklärt Namaori Franke, Geschäftsführerin der KK-Minden.

"Bei Wettkämpfen haben andere Schützen große Augen gemacht."

Gern gesehen ist auch Hakkis Frau Elvan (47), nicht nur weil sie für Veranstaltungen der Kyffhäuser türkische Spezialitäten wie Baklava oder Börek zaubert. Sie ist aktives Mitglied der Kyffhäuser Frauengruppe, die sich sozial engagiert. Hat eine Affinität zum Schießen: ihr Vater war Jäger. Und sie trifft ins Ziel, davon durfte sich Hakki schon mehrmals überzeugen. "Das war eine Blamage!", sagt er und muss lachen. Beim Weihnachtsschießen im vergangenen Jahr belegte Elvan Rang zwei und verwies ihren Mann auf den dritten Platz.

Einen "nachvollziehbaren" Grund für die Niederlage hat er auch: "Ab fünfzig machen die Augen nicht mehr mit." Der Haussegen hängt deswegen aber nicht schief. "Ich nehme das sportlich", erwidert Hakki ausgeglichen. Elvan wurde sogar als "gefährlich" eingestuft. Verwandte mit Humor teilen ihr das regelmäßig mit, wenn sie ihre erfolgreichen Schießbilanzen im MT sehen.

Elvan Kilic wurde von Verwandten als "gefährlich" eingestuft.

Gänzlich vorurteilsfrei war die Situation für Hakki anfangs dann doch nicht. "Bei Wettkämpfen haben andere Schützen wegen meines südländischen Aussehens schon große Augen gemacht." Das hat er zumindest gespürt. "Was ist das denn für einer, haben die sich bestimmt gefragt." Das Eis war aber schnell gebrochen. "Ich habe ihnen zugenickt und freundlich gelächelt. Seitdem wurde ich akzeptiert. Probleme gab es nie." So einfach kann es gehen.

Elvan und Hakki Kilic kommen beide aus der westtürkischen Provinz Uşak. Hakkis Vater war Gastarbeiter der ersten Generation. Er selbst kam 1979 nach Deutschland, als er zwölf war. Elvan migrierte später und erinnert sich noch genau, wie sie am 17. September 1987 gegen 14 Uhr am Frankfurter Flughafen eintraf. Kennengelernt haben sich beide später in Espelkamp. Heute arbeiten die Eltern von drei Kindern beide als Taxifahrer und haben ein eigenes Unternehmen.

Burkhard Kemena, Vorsitzender des Bezirks OWL im Westfälischen Schützenbund, empfindet das Ehepaar aus Dankersen mittlerweile als nichts ganz so Besonderes mehr. Er kenne auch einen Schützen mit senegalesischer Abstammung aus Päpinghausen oder einen Deutsch-Türken aus Gütersloh, der seit 40 Jahren Schütze ist.

Als Musterbeispiel im Schützenwesen, das sämtliche Klischees und Stereotypen gebrochen hat, darf Emin Özel aus Paderborn bezeichnet werden. 2007 wurde er in der Stadt, die oft als "erzkatholische Schützenhochburg" bezeichnet wird, Schützenkönig - und damit deutschlandweit der erste "türkische" König. Das brachte ihm ein bundesweites Medienecho ein. Zehn Jahre später schwärmt Özel immer noch von dieser Erfahrung. "In dieser Zeit habe ich so viel erlebt, dass ich meinen Enkeln davon berichten werde", sagt er im MT-Gespräch. Er habe den Berührungsängsten und der Distanz getrotzt und wurde herzlich aufgenommen. "Einen wichtigen Teil der deutschen Kultur durfte ich erleben." Damals hat er auch in einem FAZ-Interview erklärt, dass Schützen immer durstig seien.

Hakki selbst, der mit seiner Frau neben dem Schießen auch am Vereinsleben teilnimmt, verzichtet auf Alkohol. Der Moslem widerlegt, dass Schützen auch gerne mal Alkohol trinken. "Ich trinke nicht." Das wird respektiert. "Der Volksmund denkt, dass wir Schützen besoffen mit einer Waffe durch die Gegend laufen. Das ist definitiv nicht so", sagt OWL-Vorsitzender Burkhard Kemena.

Vor zehn Jahren war solch ein Vereinseintritt nicht möglich.

Eine Mitgliedschaft von Elvan und Hakki bei der KK-Minden wäre laut dem ersten Vorsitzenden Peter Franke vor zehn Jahren nicht möglich gewesen. "Es durften nur Leute eintreten, die gedient haben - das war eine Tradition und Voraussetzung. Wir mussten erst alte Zöpfe abschneiden." Franke selbst war zu diesem Zeitpunkt in den Parteien "Die Republikaner" und "pro NRW" aktiv.

Er distanziert sich heute von seinen politischen Aktivitäten. "Ich schnupperte nur rein", sagt er. Deswegen stuft die Webseite hiergeblieben.de ihn und KK-Minden als "rechts" ein. Deswegen soll KK-Minden, wie hiergeblieben.de schreibt, 2011 aus dem Kreis- und NRW-Landesverband der Kyffhäuser geschmissen worden sein. "Schwachsinn", erklärt Franke. Auch Peter Gräßer vom Mindener Kreisverband der Kyffhäuser nennt andere Gründe. Kann jemand, der ein türkisches Ehepaar in seinen Verein aufnimmt, als rechts eingestuft werden?

Das steckt hinter dem Kyffhäuserbund

Der Kyffhäuserbund ist ein demokratischer Volksbund und wurde unter seinem heutigen Namen 1900 gegründet.

Er betreibt aktive Reservistenarbeit, fördert den Sport und insbesondere das Sportschießen.

Auf Bundesebene ist dieser als schießsportreibender Verband anerkannt. Zudem widmet er sich der Unterstützung von Angehörigen gefallener oder in Not geratener Kameraden. Des Weiteren pflegt er die Kameradschaft seiner Mitglieder sowie die Zusammenarbeit von Soldaten als der älteste Deutsche Soldatenbund.

Er ist überparteilich, seine Mitglieder sind an keine Konfession gebunden. Zudem bekennt sich dieser zum demokratischen Rechtsstaat.

Schießsportwettkämpfe bis zur Bundesebene sollen für sportliche Anerkennung der Arbeit sorgen. Der Kyffhäuserbund nimmt sich besonders in den dörflichen Gemeinschaften der Erhaltung und Pflege des Brauchtums und des Gemeinschaftslebens an.

Zu den Aufgaben zählen unter anderem die Völkerverständigung, der Denkmalschutz, die Maßnahmen der Jugendhilfe, Alters- und Wohlfahrtspflege.

Der Kyffhäuserbund ist Mitglied in nationalen und europäischen Vereinigungen ehemaliger und aktiver Soldaten.

Quelle: kyffhaeuserbundev.de

Bildunterschrift: Elvan Kilic hat schon bewiesen, dass sie besser als ihr Mann ins Ziel treffen kann. Hakki schiebt das auf sein Alter.


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Mindener Tageblatt, 07.04.2010:

"pro NRW" gründet Kreisverband / Ex-Republikaner an die Spitze im Kreis Minden-Lübbecke gewählt

Minden (hn). Die rechtspopulistische "Bürgerbewegung pro NRW" hat zu Ostern einen Kreisverband Minden-Lübbecke gegründet.

Vorsitzender ist der 63-jährige Kreistagsabgeordnete Ulrich Manes (Stemwede). Wie berichtet war Manes kürzlich von den Republikanern, für die er 2004 und 2009 in den Kreistag gewählt worden war, zu der neuen Gruppierung pro NRW um den Kölner Markus Beisicht übergewechselt.

Manes war bisher im Landesvorstand der Republikaner, hatte aber Ärger mit dem Landesvorsitzenden. Der in der Suchtklinik Schloss Haldem tätige Justizvollzugsbeamte soll im vorigen Jahr einen Verzicht der Republikaner auf eine Landesliste bei der Landtagswahl zu Gunsten von pro NRW vorgeschlagen haben, war damit aber gescheitert. Neben Manes hatten noch zwei weitere Landesvorstandsmitglieder der REPs die Partei in Richtung pro NRW verlassen.

Den Kreisverband Minden-Lübbecke von pro NRW hat der stellvertretende Landesvorsitzende Garry Hauer in Minden mit aus der Taufe gehoben. Vize-Kreisvorsitzender ist der 58-jährige Mindener Peter Franke, erfolgloser Kandidat für die Republikaner für Kreistag und Stadtrat bei der Kommunalwahl im September und Vorsitzender des Kyffhäuser-Kreisverbandes Minden. Weiterer Stellvertreter ist Uwe Wahrendorf. In OWL gibt es bisher in Bielefeld und Lippe Kreisverbände der rechtspopulistischen pro NRW.

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indi-rex - Informationsdienst Rechtsextremismus, 05.04.2010:

"pro NRW"-Kader leitet Kyffhäuser-Kameradschaft

Der stellvertretende Vorsitzende des jungen "pro NRW"-Kreisverbandes Minden-Lübbecke, Peter Franke, fungiert zugleich als Vorsitzender der Kyffhäuser-Kameradschaft. Franke wurde bei der Gründung des Kreisverbandes in der vergangenen Woche zusammen mit dem Mindener Uwe Wahrendorf zum Stellvertreter von Ulrich Manes gewählt. Manes führte bisher die Republikaner im "Mühlenkreis" an und sitzt für diese im Kreistag.

Obwohl die Republikaner seit der Kommunalwahl im vergangenen Jahr in den Stadträten von Minden und Porta Westfalica sitzen, scheint die rechte Partei im Landkreis zu zerbrechen. Bis vor kurzem brüsteten sich die Republikaner noch damit, der "aktivste Kreisverband in Ostwestfalen-Lippe" zu sein, nun laufen zahlreiche Aktivisten zu "pro NRW" über und selbst Kreis-Chef Manes verzichtet auf eine Kandidatur für die Republikaner zur Landtagswahl.

Der 58-jährige Taxifahrer Franke aus Minden wechselte bereits im Dezember letzten Jahres zur rechtspopulistischen Partei "pro NRW" und fungierte dort als "Kreisbeauftragter". Seine Kyffhäuser-Kameradschaft will nun aus dem NRW-Landesverband der Kyffhäuser auf Grund von "seit drei Jahren andauernden Differenzen" austreten, wie das Mindener Tageblatt schreibt, und sich ins niedersächsische Schaumburg orientieren.

Sowohl als Treffpunkt für die "pro NRW"-Anhänger als auch für die Kyffhäuser dient die Gaststätte "Kronenkrug" in Minden-Rodenbeck.

Für die beiden Wahlkreise für die Landtagswahl im Mai haben die Rechtspopulisten bereits Kandidaten aufgestellt. Anita Schlüter tritt im Wahlkreis "Minden-Lübbecke I" an. Unterschiedliche Angaben liegen zur Zeit zur Kandidatur für "Minden-Lübbecke II" vor: Klaus Bünte oder Hans-Jürgen Schubert sollen dort zu wählen sein.

Für den Kreis Minden-Lübbecke verspricht die "Bürgerbewegung" einen spektakulären Wahlkampf. In Porta Westfalica soll am 2. Mai die siebentägige Wahlkampf-Tournee von Patrik Brinkmann beginnen - mit "Hubschraubereinsätzen", wie "pro NRW" ankündigt.

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NRW rechtsaußen, 21.12.2009: Minden: "Republikaner" wechselt zu "pro NRW"

Minden. Einen weiteren Neuzugang aus den Reihen der "Republikaner" kann "pro NRW" verzeichnen: In Minden wechselte Peter Franke zu den Rechtspopulisten und wurde gleich deren neuer "Kreisbeauftragter".

Franke, 58 Jahre alt und von Beruf Taxifahrer, hatte bei der Kommunalwahl im August noch für die "Republikaner" kandidiert. Bei der Wahl des Kreistags stand er auf Platz 5 der REP-Reserveliste. Bei der Wahl des Stadtrats war er Listenzweiter. Mit 1,04 Prozent hatte es für die "Republikaner" aber nur für ein Mandat im Stadtparlament gereicht.

Seine frühere Zugehörigkeit zu den "Republikanern" verschweigt "pro NRW" den Lesern seiner Homepage. Statt dessen wird er als "besonders engagiertes pro-NRW-Mitglied" vorgestellt - ein Engagement, das aber noch nicht von besonders langer Dauer ist.

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Mindener Tageblatt, 24.08.2009:

Kommunalwahl: Sieben schaffen das Mandat direkt / Die Bewerbungen in den Kreistags-Wahlbezirken in Minden

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Wahlbezirk 1 ( ... ) Republikaner: Michael Iselies (56), Kaufmann

Wahlbezirk 2 ( ... ) Republikaner: Matthis Burzlaff (45), Rentner

Wahlbezirk 3 ( ... ) Republikaner: Marie-Louie Pelick (45), Hausfrau

Wahlbezirk 4 ( ... ) Republikaner: Dieter Pelick (49), Maurermeister

Wahlbezirk 5 ( ... ) Republikaner: Josef Hopf (27), Maler und Lackierer

Wahlbezirk 6 ( ... ) Republikaner: Peter Franke (58), Kraftfahrer

Wahlbezirk 7 ( ... ) Republikaner: Birgit Oestreich (49), Friseurin

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