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Mindener Tageblatt , 07.03.2005 :

Nicht in Gleichgültigkeit verfallen / Weihbischof Matthias König aus Paderborn hielt Festrede bei der "Woche der Brüderlichkeit"

Minden (mt). Seit nunmehr 54 Jahren gibt es die "Woche der Brüderlichkeit", die zur Verständigung zwischen Juden und Christen in Deutschland beitragen soll. Unter dem Motto "Prüfet alles, das Gute behaltet" wurde sie gestern im großen Rathaussaal eröffnet.

Von Christine Potter

Eingeladen dazu hatte die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden, deren Vorsitzender Pfarrer Dr. Heinrich Winter in die Woche der Brüderlichkeit einführte. Er appellierte an die Vernunft eines jeden, dem öffentlichen Leben Wachsamkeit und Wertschätzung entgegenzubringen. Es könne nicht gleichgültig sein, welche Gedanken bei Nachbarn, in Vereinen und Verbänden hoffähig seien. "Alles Gedankengut, das die Würde des anderen verletzt, muss unseren Widerstand hervorrufen", mahnte Dr. Winter.

Für die Jüdische Kultusgemeinde Minden und Umgebung war deren Vorsitzender Harald Scheurenberg als Redner vorgesehen, der aus Krankheitsgründen an der Eröffnungsfeier nicht teilnehmen konnte. Bürgermeister Michael Buhre erinnerte daran, dass 60 Jahre nach Ende der Naziherrschaft und des Holocaust der christlich-jüdische Dialog davon gekennzeichnet sei, dass die Zeitzeugen aussterben. Das dürfe nicht zu einer Verblassung des Schreckens führen, der Dialog müsse erhalten bleiben. Jeder müsse Verantwortung für eigenes Handeln und Unterlassen übernehmen. Das gelte für Christen und Juden gleichermaßen, viele hätten vor sechs Jahrzehnten nicht gehandelt, sondern nur zugeschaut. Buhre ging auch auf rechtsextremistische Parteien ein und auf den Konflikt zwischen Israel und radikal-islamistischen Bewegungen. Seiner Meinung nach sei der rassistische Antisemitismus ein europäischer Exportartikel in die islamistische Welt.

Begegnung von Christen und Juden

Nach Musikstücken, komponiert und arrangiert von Anton Sjarov und vorgetragen von Oliver Krüger, Wiebke Müller, Anja Wehling, Wilhelm Grote, Uwe Pasewitsch und Anton Sjarov, hielt Weihbischof Matthias König aus Paderborn den Festvortrag. Er erinnerte an die ersten Wochen des Jahres, die durch das Gedenken an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz geprägt waren. Auschwitz sei zum Symbol für das menschenverachtende System des Nationalsozialismus und seines propagierten Antisemitismus und Rassismus geworden. Dass Derartiges nie wieder möglich werden möge, hätten sich Juden und Christen als Ziel gesetzt.

Die Woche der Brüderlichkeit solle mithelfen, dass sich Menschen beider Religionen begegnen, sich kennen und auch schätzen lernen. Gerade die antisemitischen Tendenzen, die in der Gesellschaft immer wieder aufkeimten, zeigten, dass die Begegnung zwischen Christen und Juden auch heutzutage notwendiger denn je sei.

Anschließend ging der Weihbischof auf das Motto der Woche der Brüderlichkeit ein. "Prüfet alles, das Gute behaltet" - ein Bibelwort aus dem Paulusbrief. Es sei menschlich klug, zuerst zu prüfen und anschließend zu handeln, dennoch gäbe es Menschen, die viel zu schnell auf etwas hereinfallen, was anfangs jedoch als harmlos erscheine.

Glauben und Leben aus dem Glauben gehe nicht ohne genaues Prüfen und ohne klare Entscheidungen. Mit dem Motto der Woche der Brüderlichkeit als Handlungsmaxime werde das Verhältnis beider Religionen immer von hoher Achtung voreinander und großem Respekt geprägt sein.


mt@mt-online.de

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