Die Glocke ,
05.03.2005 :
Ermittlungen wegen Verunglimpfung des Staates / Rechtsradikaler Versand an der Dieselstraße durchsucht
Herzebrock-Clarholz (das). Meinolf Schönborn steht erneut im Blickpunkt des Staatsschutzes: Bielefelder Beamte haben gestern Morgen in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Dortmund in Herzebrock-Clarholz die Geschäftsräume eines Versandhandels an der Dieselstraße durchsucht und Material beschlagnahmt. Der 49-jährige Inhaber Meinolf Schönborn steht im Verdacht, von dort aus Flugblätter einer so genannten "Reichsbürgerbewegung zur Befreiung Deutschlands" verbreitet zu haben. Oberstaatsanwältin Dr. Ina Holznagel rechnet nicht vor Ende nächster Woche mit Ergebnissen der Auswertung.
Ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Rheda-Wiedenbrück wurde ausgestellt, nachdem der Dortmunder Staatsanwaltschaft ein betreffendes Flugblatt vorgelegen hatte. "Dieses Flugblatt enthält strafbare Äußerungen", stellte die Oberstaatsanwältin gestern Nachmittag auf Anfrage der "Glocke" fest. Die so genannte "Reichsbürgerbefreiung" diffamiere inhaltlich die Bundesrepublik und ihre freiheitlich demokratische Grundordnung, so die Bielefelder Polizeipressestelle. Die demokratische Grundordnung werde als Erscheinungsform der "Fremdherrschaft" der Alliierten bewertet. Es folge der Aufruf, diese zu beseitigen, um das "Deutsche Reich" wieder herzustellen. Der Inhalt der Flugblätter "Das Deutsche Reich wird wieder handlungsfähig" und "Eine Million Flugblätter warten auf den Angriff" begründen den Verdacht der "Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole" sowie der "Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen", heißt es weiter.
"Es ist rechtlich nicht ganz einfach", räumt Dr. Ina Holznagel ein. Da auch Rechtsradikale eine Recht auf Meinungsfreiheit hätten, gelte es, eine mögliche Grenzüberschreitung zu überprüfen. Ob es sich um verächtliche Äußerungen und eine grundsätzliche Ablehnung der Demokratischen Grundordnung handle, die dann eine Gefährdung bedeute, werde sich bei der Sichtung zeigen. Zudem müsse natürlich die Frage geklärt werden, wo diese Flugblätter gedruckt worden seien und wer für den Inhalt letztlich verantwortlich sei. "Wir befinden uns noch in einer frühen Phase der Ermittlung", so die Oberstaatsanwältin.
Meinolf Schönborn ist ehemaliger Vorsitzender der "Nationalistischen Front". Die Partei wurde 1992 verboten. Wegen Fortführung der Organsisation verurteilte das Dortmunder Landgericht den heute 49-Jährigen später zu einer zweijährigen Haftstraße. Nach Informationen der "Antifa-West" wurden insbesondere die jetzt beschlagnahmten Flugblätter über den in Herzebrock-Clarholz ansässigen "Z-Versand" vertrieben. Dieser ist auch im Internet vertreten, als Anschrift wird ein Postfach genannt. Inhaber des "Z-Versands" ist Meinolf Schönborn. Er stand zuletzt im Sommer 2004 im Blickpunkt. Damals hatte eine spontane Demonstration antifaschistischer Gruppen auf dem Gelände der "Brocker Mühle" stattgefunden. Dort betreibt Meinolf Schönborn einen Laden mit Kult-Artikeln.
Schönborn ist in diesen Tagen als Referent in die Vlothoer Heimvolkshochschule "Collegium Humanun" eingeladen worden. Wegen Verdachts der Volksverhetzung hatte noch im November vergangenen Jahres eine Durchsuchung dieser Bildungsstätte stattgefunden. Gegen die Mentorin des Hauses, Ursula Haverbeck-Wetzel, ermittelt die Bielefelder Staatsanwaltschaft zurzeit ebenfalls.
05./06.03.2005
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