Jüdische Allgemeine ,
17.11.2016 :
Amtsblatt / Unter Druck / Stadt hält auch nach Prüfung des Nazi-Vorwurfs an Verleger fest
Von Julian Feldmann
In der Kleinstadt Preußisch Oldendorf in Ostwestfalen setzen sich Politiker über Parteigrenzen hinweg dafür ein, dass die Stadtverwaltung ihr offizielles Amtsblatt auch weiterhin bei einem rechtsextremen Verleger drucken lässt.
Nachdem im August die langjährige Geschäftsbeziehung zwischen dem Druckereibetreiber Rainer Höke und der Stadt bekannt wurde, versprach Bürgermeister Marko Steiner, die Causa zu prüfen. Zuvor habe er nicht gewusst, dass Höke auch Nazi-Schriften verbreitet. Steiner prüfte und kam zu dem Schluss, dass es keinen Handlungsbedarf gebe - er sehe "keinen Anhaltspunkt für Rechtsradikales", ließ er die "Neue Westfälische" wissen.
Dabei genügt ein Blick ins Verlagsprogramm von Hökes "Deutscher Verlagsgesellschaft", um festzustellen, dass er rechtsextreme Werke veröffentlicht. In Neuauflage erschien neben anderen SS-Schriften und Büchern von Neonazis 2013 das Buch "Die Armee der Geächteten" des SS-Generals Felix M. Steiner, das der Waffen-SS huldigt. Zudem sitzt Höke im Vorstand einer rechtsextremen Vereinigung, in der sich NPD-Funktionäre tummeln.
Heuchelei
Bürgermeister Steiner ist dennoch mit seiner Meinung nicht allein. Bis auf die Grünen äußerten sich alle Fraktionen ähnlich. Höke sei ein "reiner Geschäftsmann, der sich nichts Strafbares habe zuschulden kommen lassen", verteidigt etwa Ratsherr Eckhard Bahre (Freie Wählergemeinschaft) den Verleger. Eine "Vorverurteilung ohne beweisrelevante Fakten" solle "möglichst vermieden werden", forderte auch FDP-Ratsherr Pierre Arndt.
Dabei dürften die Fakten spätestens seit den 90er-Jahren hinreichend bekannt sein. Damals war Höke zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden: Die Polizei hatte in seiner Druckerei rund 3.000 Ausgaben einer antisemitischen Postille beschlagnahmt.
Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, findet es nach wie vor skandalös, dass die Stadt mit dem Verleger zusammenarbeitet. Von den Mitgliedern des Rats erwartet er, dass sie gründlich recherchieren. Als Heuchelei empfindet der Gemeindechef zudem die Teilnahme von Kommunalpolitikern an den Veranstaltungen zum Pogromgedenken, während diese einen Verleger beauftragen, dessen Bücher die Täter von damals glorifizieren.
Bildunterschrift: Der Kölle Druck in Preußisch Oldendorf.
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Neue Westfälische 14 - Lübbecke (Altkreis), 11.11.2016:
"Ein "Weiter so" kann es nicht geben" / Rundblick: Die Grünen-Fraktion nimmt Stellung zum Thema Kölle Druck
Pr. Oldendorf (nw). Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Rat Pr. Oldendorf will als einzige Fraktion nicht den Druckauftrag der Stadt Pr. Oldendorf für das Amtsblatt "Rundblick" beim ortsansässigen Kölle Druck beibehalten.
"Herr Höke ist wie bereits bekannt Geschäftsführer bei Kölle-Druck und ebenfalls bei dem DVG Verlag / Winkelried Verlag. Dieser Verlag verkauft kriegsverherrlichende nationalsozialistische Literatur", schreiben Hannelore Lösche und Martin Schiegnitz in ihrer Stellungnahme zum Thema.
Ein Einblick im Netz unter dem Namen des Verlages biete etwa mehrere Biografien von Führungskräften der SS an. Diese würden unter anderem folgendermaßen kommentiert: "General der Waffen SS ... wird in dieser Biografie gewürdigt", sowie "Dieses Werk, das Denkmal für einen herausragenden Soldaten und Patrioten".
Bei den in diesem Verlag angebotenen Werken handele es sich aus Sicht der Grünen um eine "extrem einseitige und kriegsverherrlichende Darstellung der Waffen SS", heißt es weiter.
Weiterhin sei Rainer Höke Schatzmeister im Verein "Kultur und Zeitgeschichte-Archiv der Zeit e.V.", ein als "rechtsextrem eingestufter Verein". Dieser Verein sei 1985 von einem SS-Veteran gegründet worden und demnach kein "harmloser Verein älterer Männer", sondern vertrete noch heute eine "rechtsextremistisch orientierte Geschichtsbetrachtung".
"Solange Herr Höke nicht auf jeglichen Druck, Vertrieb und Handel mit den DVG-Verlagsbüchern umgehend verzichtet, er nicht alle Ämter und Tätigkeiten in diesem Umfeld aufgibt und sich eindeutig davon distanziert, ist es für uns Grüne nicht vertretbar, das Amtsblatt bei Kölle Druck drucken zu lassen. Welches Licht wirft es von außen auf uns als Rat der Stadt und auf die Kommune?", so Hannelore Lösche und Martin Schiegnitz.
Bildunterschrift: Sehen Handlungsbedarf: Martin Schiegnitz und Hannelore Lösche (Bündnis 90 / Die Grünen).
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Jüdische Allgemeine, 25.08.2016:
Amtsblatt in Braun / In Preußisch Oldendorf erhält ein rechtsextremer Verleger öffentliche Aufträge - von der Stadt und vom Bund
Von Julian Feldmann
Preußisch Oldendorf im Kreis Minden-Lübbecke will sich als attraktive Kleinstadt präsentieren. Dafür gibt der Ort monatlich ein aufwendig gestaltetes Stadtmagazin heraus.
In dem Amtsblatt geht es um die Aktivitäten der örtlichen Vereine, wichtige Termine, amtliche Bekanntmachungen. Herausgegeben wird der "Preußisch Oldendorfer Rundblick" allerdings von der "Kölle Druck", die dem rechtsextremen Verleger Rainer Höke gehört. Seit 2001 produziert Höke das Amtsblatt.
Waffen-SS
Neben seiner Druckerei "Kölle Druck" leitet der 61-Jährige im Ort auch die "Deutsche Verlagsgesellschaft" (DVG), die seit Jahrzehnten Literatur alter und neuer Nazis herausgibt. Erhältlich sind die Bücher aus Preußisch Oldendorf über den rechtsextremen Winkelried-Verlag und den daran angeschlossenen "Deutschen Buchdienst" in Dresden. Im aktuell lieferbaren Verlagsprogramm finden sich Titel wie Kriegsschuldfrage der beiden Weltkriege. Auch der Neonazi Andreas Thierry, der ehemalige NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel und der verstorbene NPD-Gründer Adolf von Thadden zählen zu den Autoren. Das Werk "Die Armee der Geächteten", in dem der ehemalige SS-General Felix M. Steiner die Waffen-SS glorifiziert, erfuhr noch 2013 eine Neuauflage.
Spricht man mit Oldendorfern, wissen die meisten von den rechten Ansichten des Druckereibetreibers. Nicht nur Rainer Höke, sondern auch dessen Vater war in der rechtsextremen Szene aktiv. Der einstige SS-Untersturmführer Erwin Höke übergab den Betrieb 1993 an seinen Sohn. Zwei Jahre später verurteilte das Landgericht Dortmund Höke Junior, weil bei "Kölle Druck" rund 3.000 Exemplare einer antisemitischen Zeitschrift gefunden worden waren.
Höke ist über seine Verlagstätigkeit hinaus in der rechten Szene aktiv. Der 61-Jährige ist seit zwei Jahren Funktionär einer Vereinigung, die die deutsche Geschichte umdeuten will und als rechtsextrem gilt. Im Verein "Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit e.V." bekleidet Höke das Amt des Schatzmeisters, sein Vorsitzender Martin Pfeiffer führt gleichzeitig die "Gesellschaft für freie Publizistik" an, laut Verfassungsschutz die "größte rechtsextreme Kulturvereinigung in Deutschland".
Neonazi-Literatur
In Preußisch Oldendorf ist spätestens seit 1994 bekannt, dass hier auch Neonazi-Literatur hergestellt wird. Damals gab es Proteste gegen Hökes Druckerei. Nur der Bürgermeister will von den rechtsextremen Aktivitäten des Druckereibetreibers nichts mitbekommen haben, wie er den WDR wissen ließ. Er wolle zunächst prüfen, was an den Vorwürfen dran ist.
Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, glaubt nicht daran, dass die Verantwortlichen von Hökes Tätigkeit nichts wussten. "Man wollte vielleicht nichts sehen", vermutet er. Dass eine Stadtverwaltung mit einem Rechtsextremisten zusammenarbeitet, ärgert Kellig. Das berge die Gefahr, dass rechtsextremes Gedankengut zur Normalität werde. In Zeiten zunehmender AfD-Erfolge müsse man aufmerksam sein.
Ausgerechnet ein Buch über das jüdische Leben im Ort ließ die Stadt auch bei "Kölle Druck" herstellen. Dieses jüdische Leben fand mit der Schoa ein jähes Ende, nur fünf Juden aus Preußisch Oldendorf überlebten. Ein Grußwort zu dem Buch hatte Harald Scheurenberg, bis vor Kurzem Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Minden, beigesteuert. Von dem politischen Hintergrund des Druckereibetreibers wusste er nichts, sagt er, sonst hätte er versucht zu intervenieren.
Broschüren
Nach Recherchen der Jüdischen Allgemeinen hat sogar eine Bundesbehörde Aufträge an die Druckerei Hökes vergeben. Die dem Wirtschaftsministerium untergeordnete Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ließ mindestens bis 2013 mehrere Broschüren dort drucken. Seit 2002 erhielt "Kölle Druck" fünf bis sechs Prozent der gesamten Druckaufträge der Behörde. Um wie viel Geld es dabei geht, wollte Sprecher Andreas Beuge nicht verraten. Bis zur Anfrage dieser Zeitung lagen der Behörde keine Hinweise auf die rechtsextremen Aktivitäten des Druckereibetreibers vor, so Beuge.
Schützenhilfe bekommt Höke derweil von der Neonazi-Partei "Die Rechte", die sich mit dem "politisch nonkonformen Verleger" solidarisiert. Weil Matitjahu Kellig die Stadt dazu aufgefordert hat, die Zusammenarbeit mit dem Verleger einzustellen, empört sich "Die Rechte" über den "Einfluss jüdischer Lobbyorganisationen auf die deutsche Politik" und beleidigt den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold. Kellig erstattete Anzeige, die Polizei ermittelt.
Bildunterschrift: "Kölle Druck" in Preußisch Oldendorf.
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Neue Westfälische 14 - Lübbecke (Altkreis), 23.08.2016:
Druckerei-Chef gerät wegen NS-Büchern ins Zwielicht
Firma Kölle: Bürgermeister Marko Steiner prüft Vorwürfe gegen Geschäftsführer Rainer Höke wegen der Verbreitung rechtsextremer Schriften / Die Stadt Pr. Oldendorf lässt den Druckauftrag für ihr Amtsblatt bis auf Weiteres bestehen und sucht den Dialog mit den politischen Parteien
Pr. Oldendorf (fha). Bürgermeister Marko Steiner ist derzeit mit einem Thema konfrontiert, das in den 1990er Jahren schon einmal für Aufregung in der Stadt gesorgt hat. Es geht um die Druckerei Kölle. Deren Geschäftsführer Rainer Höke ist laut WDR-Sendung "Lokalzeit" ein "rechtsextremer Verleger", von dem die Stadt ihr Amtsblatt Rundblick herausgeben lasse. Höke bestreitet die Vorwürfe und sagte am Montag auf NW-Nachfrage: "Leider hat mich das Erbe meines Vaters eingeholt."
Seit Oktober 2001 lässt die Stadt Pr. Oldendorf ihr Amtsblatt, für dessen amtliche Bekanntmachungen Steiner verantwortlich zeichnet, von Kölle Druck herstellen. Dessen Geschäftsführer Rainer Höke verantwortet alle weiteren Inhalte. Zugleich sind er und sein Betrieb laut Impressum Herausgeber, Verlag und Hersteller. Auch die Anzeigenannahme läuft über die Firma.
Der 61-Jährige ist daneben aber auch Geschäftsführer der "Deutschen Verlagsgesellschaft" (DVG), die er von seinem Vater übernommen hat, und die laut Höke "Restbestände" von Büchern mit Titeln wie "Vorbildliche und bewährte Männer der Waffen-SS" und "Die Armee der Geächteten" verkauft.
Nach dem Tod seines Vaters seien nur noch zwei Titel erschienen und einer nachgedruckt worden. Höke: "Heute existiert der Verlag nur noch auf dem Papier." Den Jahresumsatz gibt er mit 5.000 bis 6.000 Euro an. "Am liebsten", sagt Höke, "hätte ich vor zehn Jahren schon alles verkauft". Auch jetzt stecke er in Verkaufsverhandlungen. Einstampfen wolle er die Restauflagen, 2.000 bis 3.000 Exemplare, nicht: "Das ist totes Kapital, aber da steckt auch ein Haufen Geld drin."
In die Kritik geraten ist Höke darüber hinaus wegen seines Amtes beim Verein "Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit", der laut WDR als "rechtsextremistisch eingestuft" wird. In Pr. Oldendorf ist Höke im Gewerbeverein und im Stadtmarketing aktiv. Im Verein Kultur- und Zeitgeschichte hat er das Amt des Schatzmeisters inne. Den habe er auf Wunsch vor zwei Jahren übernommen. Höke sagt, es handele sich um einen "Verein älterer Herren", in dem "Literatur aus allen möglichen Richtungen gesammelt" werde. Zugleich bestätigt er, dass ein früherer Vorstandskollege Mitglied der NPD ist. Der sei jetzt aber "nur noch einfaches Vereinsmitglied". Er selbst gehöre keiner Partei an und habe dies auch nicht vor: "Mit Parteipolitik habe ich nichts zu tun. Ich lege darauf keinen großen Wert."
Der Bürgermeister sagte auf NW-Anfrage am Montag, er sei seit 2011 in der Stadt und habe bislang keinerlei Vorwürfe in Richtung Höke wahrgenommen. Das Amtsblatt sei weit vor seiner Zeit unter dem damaligen Bürgermeister Wünsch an Kölle Druck vergeben worden. Bevor er die Angelegenheit im politischen Raum bespricht, will Steiner sich Informationen aus erster Hand beschaffen, darunter vom Staatsschutz. In jedem Fall, so Marko Steiner, "verfolge ich die Dinge weiter".
Über "manipulierende Berichterstattung" des WDR beklagt sich Dieter Besserer, Autor eines 2014 bei Kölle gedruckten Buches über die jüdische Geschichte Pr. Oldendorfs. Ohne Höke, betont er, wäre es nicht zur Erstellung dieses über 500 Seiten starken Buches gekommen. Besserer: "Damit hat Herr Höke gezeigt, dass ein neues Blatt der Geschichte aufgeschlagen wurde. Auch kann es nicht sein, dass Herr Höke in Sippenhaft mit seinen Vorgängern genommen wird."
Seite Pr. Oldendorf
Bildunterschrift: Weist Vorwürfe zurück: Rainer Höke.
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Neue Westfälische 14 - Lübbecke (Altkreis), 23.08.2016:
Kommentar / Kölle Druck und das Amtsblatt der Stadt Pr. Oldendorf / Man kann ein Erbe auch ausschlagen
Frank Hartmann
Rainer Höke, anerkanntes Mitglied der Werbegemeinschaft Pr. Oldendorf und im Stadtmarketing aktiv, ein Rechtsextremer? Oder Sympathisant? Oder einfach ein cleverer Geschäftsmann, der von seinem Vater einen Verlag und einen Bestand an NS-Büchern geerbt hat und neben dem Hauptgeschäft mit Kölle Druck damit ein paar Tausend Euro im Jahr zusätzlich verdient? Selbst wenn letzteres zutrifft: Wenn ich Rechtsextreme und ewig Gestrige ablehne, verkaufe ich ihnen keine Bücher, die ihre braune Ideologie transportieren.
Zum Amt des Schatzmeisters in einem als rechtsextrem eingestuften "Verein alter Männer", wie Höke sagt, zwingt einen ebenfalls niemand. Wenn ich weiß, dass in diesem Verein mindestens ein NPD-ler Mitglied ist und ich nichts mit diesen Leuten zu tun haben will, trete ich aus.
So inkonsequent das vermeintliche Berichterstattungs-Opfer Höke sich gegenüber dem "Erbe meines Vaters" verhält - ein Erbe kann man übrigens auch ausschlagen -, so fragwürdig erscheint in diesem Licht der Druckauftrag der Stadt für das Amtsblatt. Natürlich ist es richtig, ortsansässige Unternehmer zu unterstützen. Aber um jeden Preis? Ich denke nicht.
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Westdeutscher Rundfunk Köln, 17.08.2016:
Preußisch Oldendorf: Rechtsextremer Verleger gibt Amtsblatt heraus
17.08.2016 - 17.58 Uhr
Im Amtsblatt von Preußisch Oldendorf (Kreis Minden-Lübbecke) informiert die Stadtverwaltung über ihre amtlichen Bekanntmachungen. Der Herausgeber des offiziellen Stadtmagazins "Preußisch Oldendorfer Rundblick" ist nach WDR-Recherchen ein rechtsextremer Verleger.
Seit 15 Jahren produziert der Betreiber der örtlichen Druckerei "Kölle-Druck", Rainer Höke, das Blatt im Auftrag der Stadt. Der 61-Jährige ist allerdings auch Geschäftsführer der "Deutschen Verlagsgesellschaft" (DVG), die rechtsextreme Schriften verbreitet. "Vorbildliche und bewährte Männer der Waffen-SS" lautet einer der Titel. Auch die Bücher "Die Freiwilligen der Waffen-SS" und "Die Armee der Geächteten" des berüchtigten SS-Generals Felix M. Steiner finden sich im Verlagsprogramm, das über rechtsextreme Buchhändler erhältlich ist. Werke von Neonazis sind ebenfalls bei der DVG erschienen. Laut Frederic Clasmeier von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in OWL wird in den Büchern die nationalsozialistische Waffen-SS glorifiziert.
Höke ist zudem Vorstandsmitglied in einem Verein, der als rechtsextremistisch eingestuft wird. Im "Kultur- und Zeitgeschichte - Archiv der Zeit e.V.", in dem NPD-Funktionäre und andere Rechtsextremisten tätig sind, fungiert der Preußisch Oldendorfer als Schatzmeister. Gegründet worden war die Organisation von einem ehemaligen SS-Hauptsturmführer.
Dennoch lässt die Stadt ihr Amtsblatt von Höke herstellen. Auf WDR-Anfrage schreibt Bürgermeister Marko Steiner, dass ihm die rechtsextremen Aktivitäten des Amtsblatt-Herausgebers nicht bekannt seien. Er wolle den "Sachverhalt" zunächst prüfen.
Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, ist über die Geschäftsbeziehung der Stadt zu dem rechten Verleger erschrocken. Dass der Bürgermeister einer Kleinstadt von alledem nichts mitbekommen habe, hält Kellig für unglaubwürdig. Er fordert die Stadtverwaltung auf, umgehend Konsequenzen zu ziehen und sich von "Kölle-Druck" zu trennen.
Bereits seit den 1990er Jahren ist in Preußisch Oldendorf bekannt, dass "Kölle-Druck" auch rechtsextreme Bücher herstellt. Damals hatte die Polizei bei einer Durchsuchung der Druckerei zahlreiche Exemplare einer antisemitischen Zeitschrift beschlagnahmt.
Verleger Höke sagt, er verhalte sich "politisch neutral" und trenne seine Verlagstätigkeit von der Arbeit für die Stadt. "Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun", sagt er der WDR-Lokalzeit. Rechtsextremismus-Experte Clasmeier glaubt nicht, dass man die beiden Tätigkeitsfelder strikt trennen kann. Die Stadt fördere mit ihrer Zusammenarbeit daher "extrem rechte Strukturen".
Bildunterschrift: Rainer Höke, Herausgeber des Amtsblatts und Geschäftsführer der "Deutschen Verlagsgesellschaft".
Bildunterschrift: Die "Deutsche Verlagsgesellschaft" gibt Bücher aus dem Neonazi-Spektrum heraus.
Bildunterschrift: Matitjahu Kellig, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold.
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die tageszeitung (taz), 17.12.1994:
Der gute Ruf von Preußisch-Oldendorf
Eine Druckerei in Preußisch-Oldendorf druckt sowohl städtische Broschüren, als auch rechtsextreme Propaganda / SPD, DGB und Antifa rufen für heute zur Demonstration auf
Von Bernd Siegler
Nürnberg (taz). Ganze 12.000 Einwohner zählt das zwischen Minden und Oldenburg gelegene Preußisch Oldendorf (PrO). 150.000 Übernachtungsgäste pro Jahr lassen die Kassen des Städtchens klingeln. "PrO stimmt froh", lautet der Slogan, der Erholungssuchende anlocken soll. Negative Schlagzeilen kann man sich in Preußisch-Oldendorf eigentlich nicht leisten. Dass es sie doch gibt, daran ist die Druckerei Kölle- Druck schuld. Dort wird nicht nur das Programm der örtlichen Volkshochschule gedruckt, sondern auch diverse neonazistische Hetzpostillen. Zusammen mit der örtlichen SPD und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wollen heute mehrere antifaschistische Initiativen dem Spuk ein Ende bereiten. Mit einer Demonstration soll "Druck auf Kölle- Druck" ausgeübt werden.
Die Druckerei besteht seit 1947. Letztes Jahr übergab Seniorchef Erwin Höke, ein ehemaliger NPD- Funktionär, das Unternehmen an seinen Sohn Rainer. Die Firma druckt seit Jahren die "Bauernschaft", herausgegeben von dem in Deutschland per Haftbefehl gesuchten Auschwitz-Leugner Thies Christophersen. Der ehemalige SS-Sonderführer koordiniert vom dänischen Kollund aus internationale Kampagnen der Rechtsextremisten. Sein Standardwerk "Die Auschwitz-Lüge" ließ er ebenfalls bei Kölle drucken. Seniorchef Höhe versteht die ganze Aufregung nicht. Er sei Drucker und habe sich nicht um den Inhalt der Texte zu kümmern. Christophersen sei doch ein "seriöser und ernstzunehmender Mann". Mehrere Jahre wickelte Kölle-Druck die Auslieferung für den Verlag K. W. Schütz ab. Die Bücher des früheren SS-Hauptsturmführers und NPD-Funktionärs Waldemar Schütz wurden wegen ihres NS- verherrlichenden Inhalts bereits mehrfach indiziert. Im Kölle-Firmengebäude ist zudem der "Deutsche Buchversand" von Peter Dehoust, Herausgeber des rechtsextremen Monatsblattes "Nation & Europa", untergebracht.
Neben Aufträgen aus dem rechtsextremen Spektrum druckt Kölle Hochglanzbroschüren der Stadt, Heimatbücher und eben das Programm der örtlichen Volkshochschule. Kölle sei eben der billigste gewesen, rechtfertigt VHS- Leiter Möllering die Auftragsvergabe. Auf der nächsten Verbandsversammlung wolle man jedoch prüfen, ob die Kontakte zur Druckerei mit den Bildungszielen der VHS vereinbar sind. Auch Oldendorfs Stadtdirektor Beermann erwägt, die Verbindungen mit Kölle zu beenden. "Ich möchte keine negativen Schlagzeilen für unsere Stadt."
Ins Rollen kam die "Kölle-Affäre" durch die "Antifa Lübbecke". Sie recherchierte die geschäftlichen Beziehungen und initiierte die heutige Demonstration. Daran wird auch der SPD-Kreis Minden teilnehmen. Jedoch ohne Rolf Köster, Fraktionschef der SPD im Oldendorfer Stadtrat. Köster arbeitet seit vierzig Jahren im Kölle-Druck und sorgt sich um die zwanzig Arbeitsplätze. Er möchte lieber die Staatsanwaltschaft in die Pflicht nehmen und wundert sich, dass die rechtsextremen Zeitschriften nach wie vor "frei angeboten" werden. Immerhin habe es in den letzten Jahren immer wieder Kollegen gegeben, die sich geweigert hätten, entsprechende Druckaufträge zu erledigen.
Bei Kölle werde "unter einem seriösen Deckmäntelchen faschistische Literatur gedruckt und vertrieben", heißt es in dem Demo-Aufruf von Antifa, SPD und DGB. Einen Erfolg haben die Initiatoren bereits erzielt. Um die Firma nicht in "Misskredit" zu bringen, wollen Erwin und Rainer Höke in Zukunft auf den Druck der "Bauernschaft" verzichten.
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