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Lippische Landes-Zeitung , 20.10.2016 :

Im Bahnhof rollen bald Modellzüge

Renovierung: Die Eisenbahnfreunde Lippe bringen das alte Gebäude in Ehlenbruch von Grund auf in Schuss / Auch ein Gottesdienst ist nach der Fertigstellung in dem Haus geplant

Von Guntmar Wolff

Lage-Ehlenbruch. Keine fünf Meter vor seinem Fenster fährt mit lautem Getöse ein Zug vorbei. Was für andere Mieter eines Hauses der blanke Horror wäre, ist für Dirk Schneider, Thomas Weber und ihre Freunde ein echter Glücksfall. Denn Schneider und Weber sind die Vorsitzenden der Eisenbahnfreunde Lippe.

Der Verein mit 85 Mitgliedern hatte bisher seine Räumlichkeiten im Bahnhof Lage. Da der Mietvertrag aber gekündigt wurde, suchten die Modelleisenbahnfans eine neue Unterkunft. "Der alte Bahnhof in Ehlenbruch wurde uns von der Stadt Lage empfohlen", erzählt Schneider freudestrahlend.

Zwar sei der Mietvertrag mit der Kommune erst zum 1. September geschlossen worden, um aber das neue Vereinsheim nutzen zu können, legten sich die "Eisenbahner" seit Pfingsten bereits richtig ins Zeug. "Aus dem Keller haben wir mehr als 35.000 Liter Wasser gepumpt", berichtet Lutz Gebhardt, der bei den Renovierungsarbeiten der zweite Bauleiter ist.

Zuerst seien Fachleute durch das Gebäude gegangen, das 1902 gebaut wurde. Im Anschluss habe man den alten Bahnhof völlig entkernt. "Mehr als 80 Kubikmeter Schrott haben wir hier abtransportiert", beschreibt Gebhardt den Umfang der Bauarbeiten. Vor dem Kauf des Bahnhofs durch die Stadt gehörte der Bahnhof der rechtsextrem zuzuordnenden "Road Crew OWL" (siehe Kasten). Die Gruppierung hat sich mittlerweile in andere Gefilde verabschiedet.

"Im Augenblick befinden wir uns in einem schleichenden Übergang zwischen Abbruch und Aufbau. Wir haben heute die letzte Decke vom Dachboden entfernt und begonnen, im Keller Lampen zu installieren und elektrische Leitungen zu verlegen", berichtet Schneider. Viele Arbeitsstunden hätten die Vereinsmitglieder seit Pfingsten hier jeden Samstag verbracht. "Zu zehnt waren wir hier immer, die mit angepackt haben", freut sich Friedhelm Rakowskys, der ehemalige Vereinsvorsitzende.

Wenn nun alles so weiterläuft, sollen ab Frühjahr 2017 die monatlichen Treffen in den neugestalteten Räumlichkeiten stattfinden. "Auf der einen Seite werden wir dann eine Spur N und auf der anderen Seite eine Spur 0 verlegen, mit insgesamt mehr als 200 Meter Schienenlänge", freut sich Thomas Weber, der zweite Vorsitzende.

Geht es nach den Eisenbahnfreunden soll Pfarrer Dirk Gerstendorf im Vereinsheim auch einen Gottesdienst halten. "Wir wollen einen Neuanfang machen, auch für unseren Verein", so Weber.

Aber auch die Bevölkerung kann sich freuen: Denn in Zukunft soll es auch Tage der offenen Tür geben, an denen sich Interessierte die Modellbahnen anschauen können und - wichtig - auch fahren lassen dürfen.

Verein mietet das Gebäude

Die Stadt hat den Bahnhof Ehlenbruch vor gut einem Jahr gekauft. Vorher diente er als Domizil der der rechtsextremen Szene zuzuordnenden "Road Crew OWL". In dieser Zeit bildete sich ein starker öffentlicher Druck, durch den die Gruppe schließlich abzog. Nachdem der Bauhof die Hinterlassenschaften ausgeräumt hatte, nutzte er das Gebäude als Lager. Wie Kämmerer Frank Limpke in der jüngsten Sitzung des Rates bekanntgab, hat die Stadt nun einen Mietvertrag mit den Eisenbahnfreunden Lippe abgeschlossen. Der Zustand des Bahnhofs sei desolat. "Die Eisenbahnfreunde werden in Eigenleistung Maßnahmen ergreifen, um ihn wieder herzurichten." Die Stadt werde selbst auch Arbeiten vornehmen müssen. Dafür werden 50.000 Euro außerplanmäßig bereitgestellt. An Mieteinnahmen sei nicht viel zu erwarten, ergänzte Bürgermeister Christian Liebrecht. Wichtig sei, dass die Eisenbahnfreunde das Gebäude gut in Schuss hielten.

Bildunterschrift: Packen gemeinsam an: Schon bald sollen mit Hilfe von Thomas Weber, Friedhelm Rakowskys, Dirk Schneider und Lutz Gebhardt (von links)Modell-Eisenbahnen durch das renovierte Bahnhofsgebäude in Ehlenbruch rollen.

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Lippische Landes-Zeitung, 30.11.2015:

Initiative behält die Neonazis im Blick / Aktion: "Road Crew"-Gegner treffen sich am alten Bahnhof Ehlenbruch und verteilen 1.000 Flyer

Lage-Ehlenbruch (sc). Die vor einem Jahr gegründete Initiative gegen Neonazis im Bahnhof Ehlenbruch hat ihr Ziel erreicht: Die "Road Crew" hat sich im September dieses Jahres aus ihrem Clubhaus zurückgezogen, das Gebäude wurde von der Stadt Lage gekauft (die LZ berichtete).

Doch die Initiative, die aus Anwohnern, engagierten Bürgern sowie Vertretern von Vereinen und Organisationen aus Lage und Umgebung besteht, will weiter machen, die "Road Crew OWL" im Blick behalten und auch die Öffentlichkeit weiterhin informieren. Darum wurden am Samstag rund um Kachtenhausen 1.000 Flyer verteilt.

"Die Rechtsextremen sind zwar aus dem Bahnhofsgebäude in Ehlenbruch raus, aber sie sind deshalb ja nicht komplett von der Bildfläche verschwunden", sieht Manfred Hilbrink-Späth eine Gefahr, die noch längst nicht gebannt sei. "Viele der "Road Crew"-Mitglieder wohnen hier in unmittelbarer Nachbarschaft. Wir gehen davon aus, dass neue Räumlichkeiten in der Umgebung für Treffen, Konzerte oder sonstige Veranstaltungen gesucht und gekauft werden."

Auf dem Flyer hat die Initiative gegen Neonazis der "Road Crew OWL", wie sie sich jetzt umfirmiert hat, zusammengefasst, welche Verbindungen das Chapter pflegt und die wichtigsten Szene-Codes der rechten Szene aufgelistet. "Wir haben die Bürger bei unseren Treffen als sehr aufgeschlossen erlebt, und auch wenn viele erleichtert sind, dass der Spuk hier vor Ort vorbei ist, muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Brüder anderswo weitermachen", so ein Mitglied der Initiative, die zur Vernetzung eine Internetseite freigeschaltet hat.

Die Adresse lautet: www.initiative-gegen-rc-owl.de.

Bildunterschrift: Wollen nicht aufgeben: Manfred Hilbrink-Späth und seine Mitstreiter der Initiative gegen Neonazis der "Road Crew OWL" wollen mit einem Infoblatt die Bürger aufklären.


lage@lz-online.de

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