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Neue Westfälische 01 - Bielefeld West , 23.05.2016 :

Briefe an die Lokalredaktion / "Hat mich ziemlich geschockt"

Der Kommentar "Verrohte Sprache" (21. / 22. Mai) über das Motto "Den braunen Dreck wegfegen" des Bielefelder Bündnisses gegen Rechts hat Zustimmung und Ablehnung erzeugt:


Zur Demokratie gehört nach meiner Auffassung aber auch die Fähigkeit, andere Meinungen und politische Vorstellungen im Zuge von Demonstrationen zuzulassen und zu ertragen. Bei der Wahl des Mottos einer angemeldeten Gegendemonstration sollte man aber mit Bedacht vorgehen, gerade wenn man gegen Menschenfeindlichkeit eintreten will. Die Gegendemo zur Biegida-Demonstration wurde von Wiebke Esdar für das "Bündnis gegen Rechts" unter dem Motto "Den braunen Dreck wegfegen" angemeldet. Dieser Sprachgebrauch hat mich tief erschüttert, weil er unerträgliche Menschenverachtung ausdrückt. Völlig unabhängig von politischen Überzeugungen würde ich mich niemals einer Demonstration anschließen, die unter diesem Motto auf die Straße geht.

Renate Jungnitsch
Bielefeld


Die Wortwahl des "Bündnis gegen Rechts" zeugt von einem gestörten Demokratieverständnis. Das hohe Gut von Demokratie und Meinungsfreiheit gilt auch für Menschen, die anderer Meinung sind. Auch die Tatsache, dass man Menschen mit anderer Meinung nicht zu Wort kommen lässt, sie niederpfeift und niederbrüllt, zeugt von einem merkwürdigen Verhältnis zu unserer Demokratie.

Bernhard Zurheide
Bielefeld


Es sind Menschen, auch wenn sie sich politisch und ideologisch verirrt haben. Man sollte ihnen helfen, ihre Toleranz zu entwickeln.

Hans Tuxhorn
Bielefeld


Beim Lesen dieses Kommentars hat es mir zunächst die - keineswegs "verrohte"! - Sprache verschlagen. Dass sich das Motto des "Bündnisses gegen Rechts" - das in Bielefeld engagierte und verdienstvolle Arbeit leistet - "Den braunen Dreck wegfegen", auf die faschistoide Ideologie von Biegida und Co. sowie deren Hass-Tiraden gegen nicht-deutsche Menschen bezieht, und nicht etwa auf die Entsorgung derer Vertreter, hat wohl in Bielefeld, außer der Autor, jede/r verstanden. Schließlich käme doch auch kein NW-Redakteur auf die Idee, die Mitarbeiter der Müllabfuhr wollten, statt den Dreck zu beseitigen, dessen Verursacher in die MVA transportieren, oder?! Eines ist klar: Gegen reaktionäre und fremdenfeindliche "Bewegungen" ist ein entschiedenes, lautstarkes und gerne auch scharfzüngiges Auftreten angesagt - und kein leises, pseudohumanes Gesäusel.

Thomas Güdelhöfer
Bielefeld


Der Kommentar "Verrohte Sprache" macht deutlich, dass der Kant`sche Kategorische Imperativ auch für den Umgang mit Sprache gilt, und zwar für das rechte wie das linke Lager.

Eitel Riefenstahl
Bielefeld


Ich bin der Meinung, dass man alle diese Vorwürfe ernst nehmen sollte und immer wieder überprüfen, in welcher Sprache sie schreiben. Dies gilt für das "Bündnis gegen Rechts"; für die NW; aber auch für mich selbst.

Lutz Havemann
Bielefeld


Der Kommentar hat mich ziemlich geschockt, denn der Autor bellt da den falschen Baum an. Die Besen sollten hetzerische Worte und Ideologien wegfegen, nicht Menschen. Ich käme gar nicht auf die Idee mit "braunem Dreck" Menschen zu titulieren, selbst Nazis nicht. Was wir wegfegen wollten, war das ideologische Gift, das von Biegida verbreitet wird.

Dagmar Buchwald
Bielefeld

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Neue Westfälische 01 - Bielefeld West, 21./22.05.2016:

Kommentar / Der Stil des "Bündnisses gegen Rechts" / Verrohte Sprache

Ansgar Mönter

Das "Bielefelder Bündnis gegen Rechts" deckt gerade unfreiwillig Erschreckendes auf - und zwar bei sich selbst. Stolz verkündeten die Akteure zur neuerlichen Anti-Biegida-Demonstration das Motto: "Den braunen Dreck wegfegen." Damit verwenden sie eine verrohte Sprache, die auf Facebook einen noch härteren Widerhall findet ("Weg mit der braunen Sch..."), die aber sonst eigentlich nur dem politischen Feind zugeschrieben wird.

Das ist mehr als peinlich und entlarvend. Es erinnert an die Volksweisheit: "Wer mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt mir drei Fingern auf sich."

Ob "Biegida", die Partei "Die Rechte" oder andere, deren Meinungen abgelehnt werden und die Gegenpositionen unbedingt verdienen: Es geht dabei dennoch immer um Menschen und nicht um "Dreck", auch nicht um "braunen".

Die entmenschlichende Sprache, die das Bündnis nutzt, ist ein erprobtes politisches Kampfmittel übler Sorte. Auf diese Methode folgen nicht selten rohe Taten. Ein Beispiel lieferten die Nationalsozialisten. Sie nannten Juden "Ungeziefer". Zuletzt wurde Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann gerichtlich wegen Hetze verurteilt. Er bezeichnete Flüchtlinge als "Viehzeug".

Biegida-Teilnehmer "braunen Dreck" zu nennen, geht stilistisch in diese Richtung. Das sollten gerade die wissen, die sich sonst selbst auf dem Hochsitz der Moral verorten und glauben, mit ihrem "Kampf gegen Rechts" selbstverständlich auf der Seite der Guten zu stehen.

Das Motto des "Bündnisses" verrät ein Übermaß an ideologischem Furor, gepaart mit Hassgefühlen. Das wirkt abstoßend.


bielefeld@nw.de

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