Die Glocke ,
09.02.2005 :
Ausstellung " Zwangsarbeiter" / Beklemmende und eindringliche Darstellung
Drensteinfurt (jüo). Die Enge in der ehemaligen Synagoge ist bedrückend: Zwar nicht beabsichtigt, aber durch die Stellwände hervorgerufen, macht sich nicht nur inhaltlich, sondern auch wegen der Platzenge eine beklemmende Stimmung breit. "Zwangsarbeiter in Münster und Umgebung, 1939 bis 1945" - eine Ausstellung, die mit der Wersestadt nun den elften Geschichtsschauort erreicht hat, denn auch in Stewwert lebten während der Herrschaft der Nationalsozialisten zahlreiche Zwangsarbeiter. Die eigentliche Ausstellung wurde somit auch um einen Sonderteil ergänzt, nämlich um die Situationsdarstellung der Betroffenen in Drensteinfurt und in Walstedde, während der Stadtteil Rinkerode als ehedem zugehörig zum Kreis Münster ohnehin schon Eingang gefunden hatte.
Bürgermeister Paul Berlage, Fördervereinsvorsitzender Dr. Kurt Omland und Ausstellungsmitarbeiterin Gaby Flemnitz sprachen bei der Eröffnung am Sonntag einleitende Worte, aus denen sehr deutlich wurde, dass das Thema dem Grunde nach nicht als ein in sich abgeschlossenes Kapitel deutscher Geschichte bezeichnet werden kann. Im Gegenteil: Durch die Aufarbeitung vor allem auf lokaler Ebene sei dieses Kapitel soeben erst in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt worden. Und vieles gelte es noch aufzuarbeiten. So galt der Dank für die Unterstützung vor Ort unter anderem der Walstedder Familie Winterscheid, deren Unterlagen einen Teil der Drensteinfurt und Walstedde betreffenden Ausstellung bilden. 365 Zwangsarbeiter in Rinkerode, 242 in Drensteinfurt und 111 in Walstedde - das sind die offiziell bekannten Zahlen; im gesamten Kreis Warendorf sollen es um die 12.000 Frauen und Männer gewesen sein. In der Regel nicht älter als 25 Jahre, wurden sie zu 80 Prozent in der Landwirtschaft eingesetzt sowie zu 20 Prozent in Industrie, Gewerbe, Privathaushalten und bei der Deutschen Reichsbahn. Die Lebensverhältnisse der Franzosen, Niederländer, Russen, Serben, Polen und Ukrainer waren kein Zuckerschlecken, doch auf dem Lande meistens deutlich besser als in den Städten.
Doch gab es auch hier "Arbeitgeber", die die Nichtdeutschen drangsalierten, erniedrigten und quälten. Die doch eindringliche Form der Ausstellung in der ehemaligen Synagoge, verbunden mit den engen Platzverhältnissen, lässt erahnen, in welchen beengten Lebensverhältnissen die Zwangsarbeiter gelebt haben müssen. Dies bestätigen auch Zeitzeugen, die zum Beispiel berichteten, dass im Kolpinghaus ein Lager für 80 Arbeiter in Doppel- und Vierstockbetten errichtet worden war. Die ausgestellten Dokumente beziehen sich zum größten Teil auf die Zeit nach 1945, auf Besuche oder Briefkontakte ehemaliger Zwangsarbeiter zu den früheren Arbeitgebern. So hofft der "Förderverein Alte Synagoge", mit dieser Ausstellung nicht nur informieren, sondern auch einen Beitrag zur Erforschung und zur Beschäftigung mit der Ortsgeschichte leisten zu können. Nicht zuletzt aus diesem Grunde sind auch die Jugendlichen eingeladen, die Ausstellung zu besuchen.
Die Ausstellung ist bis zum 26. Februar jeweils samstags von 15 bis 18 Uhr sowie sonntags von 11 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr geöffnet.
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