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Deister- und Weserzeitung , 09.02.2005 :

Rechtsextreme wollen im alten City-Kino tagen / Stadt: Gesperrt wegen baulicher Mängel / Arnecke: Diese Gäste sind in unseren Mauern unerwünscht

Hameln (ni). Der mehrfach als Rassist und Rechtsextremist verurteilte Hamburger Neonazi und Rechtsanwalt Jürgen Rieger scheint seine Drohung wahr machen zu wollen, im ehemaligen City-Kinocenter an der Deisterstraße "nationale Tagungen" zu veranstalten. In einschlägigen Kreisen kursiert seit einigen Tagen eine Einladung an die "werten Freunde der nationalen Sache", am Sonnabend, 12. Februar, ab 15 Uhrim City-Kino "den Schulterschluss nationaldenkender Menschen" in Niedersachsen zu vollziehen. Als Redner sind mit Thorsten Heise und Thomas ("Steiner") Wulff zwei Figuren angekündigt, die nach Einschätzung des Verfassungsschutzes eine herausragende Stellung in der Neonazi-Szene einnehmen. Die Stadt Hameln versucht den Aufmarsch der braunen Gesinnungsgenossen zu verhindern.

"An alle Mitglieder der REP, DP, DVU, NPD und freien Gruppen in Norddeutschland" - und damit an das ganze Spektrum der amäußersten rechten Rand organisierten ewig Gestrigen - ist die Einladung gerichtet. Unterschrieben hat sie der Bundesorganisationsleiter der Jungen Nationaldemokraten, Sascha Wagner. Neben Heise und Wulff kündigt er darin auch den Auftritt der "nationalen Liedermacher" Michael Müller und Annett sowie "die Vorführung historischer Filme in verschiedenen Kinosälen" an.

Eigentümer des ehemaligen Kinos ist Jürgen Rieger. Er hat das Haus 1999 für 2,2 Millionen Euro erworben und bietet es seit Monaten offenbar erfolglos im Internet zum Verkauf an. Gegenüber der Dewezet erklärte Rieger, der bekannt dafür ist, dass er den Mund gern voll nimmt, er rechne am Sonnabend mitrund 300 Teilnehmern. Er werde selbst nach Hameln kommen, um seine "Gäste zu begrüßen".

Gäste, "die die Stadt Hameln in ihren Mauern nicht sehen möchte", wie Oberbürgermeister Klaus Arnecke unmissverständlich klar macht. Arnecke: "Wir dürfen hier nicht wegschauen, sondern müssen diesen undemokratischen Kräften die Stirn bieten". Die Verwaltung wird darum ein Schreiben an Rieger schicken, in dem sie ihm die Nutzung des ehemaligen Kinos untersagt. Begründung: Die von der Bauaufsicht bei einer Inspizierung des Gebäudes schon im Herbst 2004 festgestellten baulichen Mängel seien bis heute nicht behoben. So entspreche die in Teilen zerstörte Decke nicht den Brandschutzvorschriften, müssten die gesamte elektrische Anlage sowie die Lüftung und der Rauchabzug überprüft und deren Funktionsfähigkeit von einem Sachverständigen bescheinigt werden, seien die Feuerschutztüren nicht in Ordnung und die Feuerlöscher nicht brauchbar.

Die auf die baulichen Mängel abhebende Verfügung "ist der Hebel, mit dem wir formal ansetzen können, um eine solche Veranstaltung zu verhindern", sagt Hamelns Pressesprecher Thomas Wahmes. Ob der mit allen juristischen Wassern gewaschene Hamburger Anwalt (Spezialität: Verteidigung von Neonazis) aufgrund des Schreibensklein beigibt, bleibt jedoch abzuwarten. Gegenüber der Dewezet bezeichnete er die von der Stadt monierten Mängel im Inneren des Gebäudes als "Kleinkram", der ohnehin nur die Kinosäle 4 und 5 betreffe. "Und die wollen wir gar nicht nutzen."


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