Antifa-Café in der alten Pauline ,
31.01.2005 :
An die Medien / Nationalsozialismus, Holocaustleugnung und Judentum heute in Deutschland - Veranstaltungsreihe in der alten Pauline
Detmold. Eine Veranstaltungsreihe des Bildungswerks Lippe (Blip) zu den Themen Nationalsozialismus, Holocaustleugnung und Judentum heute in Deutschland. Dazu lädt im Februar die Kulturinitiative Detmold e.V. (KID) als Kooperationspartner des Blip zu vier Informationsabenden in die alte Pauline an der Bielefelder Straße 3 ein.
Auftakt der Reihe in dem autonomen Kultur- und Kommunikationszentrum bildet am Mittwoch, 2. Februar um 19.30 Uhr ein aktueller Bericht über das rechtsextreme Seminarhaus "Collegium Humanum" in Vlotho. Der Referent, Thomas Schulze aus Bielefeld, wird ausführlich über das dort beheimatete Netzwerk der internationalen Holocaust-Leugner berichten. Erst am vergangenen Freitag referierte dort zum wiederholten Male Horst Mahler, der am 12. Januar wegen Volksverhetzung vom Berliner Landgericht zu einer Haftstrafe von neun Monaten verurteilt worden war. Bereits am 9. November 2003 wurde im "Collegium Humanum" der nicht eingetragene "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten" (VRBHV) aus der Taufe gehoben. An der Gründung wirkten neben Mahler zahlreiche andere einschlägig bekannte internationale Holocaust-Leugner mit.
Der mit Folien illustrierte Vortrag behandelt die Geschichte des seit 1963 bestehenden Seminarhauses, Organisation und Aktionen der Holocaustleugner als auch antifaschistische Protestaktionen.
Im zweiten Teil des Abends geht es um die Burschenschaft "Normannia-Nibelungen" in Bielefeld, "ein Sammelbecken von neonazistischen und extrem rechten Studenten", so die Kulturinitiative in einer Pressemitteilung. Gemeinsam mit anderen ostwestfälischen Organisationen ruft die KID zur Teilnahme an einer Demonstration und Kundgebung am 12. Februar aus Anlass des Jahrestreffens der Burschenschaft auf.
An den darauf folgenden beiden Mittwochen heißt das Thema jeweils "Was heißt Judentum heute in Deutschland?"
Am 9. Februar sind zunächst Mitglieder der Jüdischen Kultusgemeinde Herford-Detmold zu Gast. Einleitend werden Vertreter der KID die Verfolgung Detmolder Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus, die Zerstörung der Neuen Synagoge im November-Pogrom 1938 und den Empfang der Konzentrationslagerhäftlinge nach der Befreiung aufarbeiten. Sie werden dabei u.a. daran erinnern, dass der lippische Landespolizeidirektor am 31. Juli 1945 schrieb, " ... daß unter den ehemaligen Insassen der K.Z. sich viele befinden, die wegen krimineller Verbrechen dort untergebracht wurden", und dass diese "Elemente versuchen" würden, "jetzt ihr unlauteres Treiben fortzusetzen".
Dieser Gesprächsabend beginnt ausnahmsweise erst um 20 Uhr.
Am Mittwoch, den 16. Februar besteht ab 19.30 Uhr insbesondere für jüngere Menschen das Angebot, die Frage nach dem Selbstverständnis jüdischen Lebens in Deutschland weiter zu vertiefen. Ergänzend wird die Kulturinitiative die Grundzüge eines in Vorbereitung befindlichen Projektes zum ehemaligen Ghetto Theresienstadt vorstellen.
Am Mittwoch, den 23. Februar, wiederum ab 19.30 Uhr, geht es in der letzten Februar-Veranstaltung abschließend um das ehemalige NS-Strafgefangenenlager Stalag 326 (VI/K) in der Nähe von Stukenbrock. Hier wurden im Nationalsozialismus 65.000, vorwiegend russische, Kriegsgefangene unter menschenverachtenden Bedingungen zu Tode gequält.
Das orthodoxes Kreuz, das seit dem Jahr 1957 den Obelisk an der Gedenkstätte für die 65.000 Toten des Lagers "Stalag 326" ziert, soll nach dem Willen von Überlebenden der Gefangenschaft, die darin "eine Beleidigung der Toten" sehen, zum 60. Jahrestag der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers im April 1945 wieder gegen eine Glasplastik mit der sowjetischen Flagge ausgetauscht werden, die Rotarmisten nach Kriegsende zur Erinnerung an ihre Kameraden aufgestellt hatten. Die Bezirksregierung Detmold hat den Obelisken aber bereits in den 80er Jahren unter Denkmalschutz gesetzt - und damit Veränderungen verboten. Die KID erhofft sich deshalb "60 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz auf eine intensive und kontroverse Diskussion über die offizielle Erinnerungskultur - auch und gerade auf regionaler Ebene".
Alle vier genannten Veranstaltungen finden im Rahmen des "Antifa-Café in der alten Pauline" statt, das jeden Mittwoch ab 19 Uhr geöffnet ist und auch an die Informationsabende anschließend Möglichkeiten zum Austausch und Diskussionen bietet.
Einzelheiten des Februar-Programms können eingesehen werden unter:
www.alte-pauline.de
Im März wird die Veranstaltungsreihe fortgesetzt mit Dokumentationen über den Widerstand gegen die deutsche Besatzung und den Faschismus in Italien. Dabei werden auch ehemalige Partisaninnen und Partisanen zu Gast in der Region sein. Unter anderem auch eine Zeitzeugin, die im Polizeidurchgangslager Bozen in Italien interniert war. Dies wurde bekanntlich von dem inzwischen verstorbenen ehemaligen SS-Offizier Karl Friedrich Titho aus Horn geleitet.
info@hiergeblieben.de
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