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Lippische Landes-Zeitung , 02.02.2005 :

Chef-Leibwächter des Präsidenten / Afghanischer Ex-General Shadan lebt in Bad Salzuflen

Bad Salzuflen. Abdulrahim Shadan und seine Familie waren wohlhabend, damals in Afghanistan. Sie besaßen ein Anwesen, das ihrem Status entsprach. Heute lebt der Ex-General bescheidener - in der vierten Etage eines Salzufler Hochhauses. Aber für Shadan, in den 80er-Jahren Chef der Leibwache des Präsidenten, ist eines wichtiger: Seine Familie und er leben. 1992 mussten sie vor den Mujahedin fliehen. Sie wurden mit dem Tode bedroht.

Vornehme Höflichkeit umgibt den 64-Jährigen. Die Augen strahlen wach, seine Freundlichkeit hat ihm Lachfalten ins Gesicht gemalt. Wieso hat sich Shadan trotz des Erlebten diese Haltung bewahrt? "Ich bin froh, dass meine Familie lebt und meinen vier Töchtern nichts geschehen ist." Vergewaltigungen waren in den Wirren des afghanischen Bürgerkriegs Anfang der 90er an der Tagesordnung.

Abdulrahim Shadan, hochrangiger Offizier und Mitglied der Demokratischen Volkspartei von Afghanistan, geriet 1992 ins Visier der Mujahedin. Seinen Bruder - er war Oberster Landes-Richter - hatten die Putschisten schon ermordet. Der Sozialist Abdulrahim Shadan galt, obwohl er sunnitischer Moslem ist, als ungläubig und passte nicht in das Weltbild der Mujahedin, die einen islamischen Staat gründen wollten.

Shadan, der dem Volksstamm der Paschtunen angehört, legte eine Bilderbuch-Karriere beim afghanischen Militär hin: 1961 bis 1964 studierte er an der Militärischen Universität Kabul und begann danach als junger Offizier den Dienst in der Nationalgarde. 1969 stieg er zum Direktor der Personalabteilung der Garde auf. Später rückte er ins direkte Umfeld der afghanischen Regierungschefs vor.

"Heimat ist Heimat"
Abdulrahim Shadan

Shadan: "Anfang 1978 begleitete ich den Präsidenten Dauod als Verantwortlicher für seine persönliche Sicherheit auf Reisen."

Noch im gleichen Jahr wurde er stellvertretender Kommandeur der Nationalgarde. Bis 1985 oblag Shadan die Sicherheit von Präsident Babrak Karmal - in seinem Wohnsitz wie auch bei Auslandsaufenthalten.

1990 wurde der heute 64-Jährige vom letzten Präsidenten vor der Mujahedin-Revolte, Najibullah, zum General ernannt. Abdulrahim Shadan war bis zuletzt Kommandeur des Ausbildungszentrums im Ministerium für Sicherheit.

In letzter Minute konnte er mit seiner Familie im Dezember 1992 fliehen. 1993 kamen sie nach Bad Salzuflen. "Wir haben nicht das Gefühl, hier fremd zu sein", erzählt Shadan. Und über die Sehnsucht nach Afghanistan sagt er: "Heimat ist Heimat. Aber wenn man über zehn Jahre in einem anderen Land lebt, dann ist das auch Heimat, eine zweite Heimat." Indes, das afghanische Wetter fehlt ihm. Von April bis in den Herbst hinein sei so richtig Sommer gewesen, danach so richtig Winter.

Ist die Rückkehr nach Afghanistan ausgeschlossen? Ausgeschlossen nicht, antwortet Abdulrahim Shadan. Aber auch unter den jetzigen Machthabern in Kabul sei seine Familie nicht sicher. Shadans Ehefrau Habiba habe dagegen mit der Heimat abgeschlossen, sagt sie. Zu lange habe sie dort voller Angst gelebt.


salzuflen@lz-online.de

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