Lippische Landes-Zeitung ,
21.11.2015 :
Leserbriefe / Vernunft ist immer gut
Zum Bericht "Wir brauchen keine Irminsul 2.0?", LZ vom 13. November.
Der Vorsitzende des Lippischen Heimatbundes Friedrich Brakemeier setzt bei der Entscheidung zur Errichtung eines "Wanderkreuzes" an den Externsteinen auf Vernunft. Mir scheint allerdings, dass diese bei dem bisherigen "Wanderweg" dieses Projektes eine nicht allzu große Rolle gespielt haben kann. Politiker und die ihnen zuarbeitenden Verwaltungsstellen sollen und müssen kreativ sein. Und gegen die Idee eines solchen Projektes ist ja erst einmal nichts einzuwenden.
Aber: Es gibt in einer demokratisch organisierten Gesellschaft Regeln. Diese sind einzuhalten, wenn eine politische Entscheidung akzeptiert werden und der Gemeinschaft dienen soll.
Bei diesem "Wanderkreuz" ist die einfachste aller Regeln nicht eingehalten worden - die Beteiligung. Es ist geradezu grotesk, dass, wenn es auch nur im entfernten Sinne um das Thema "Wandern", aber auch um Touristik und regionalbezogene Geschichte geht, viele Sachverständige nicht mitgenommen werden.
Hier insbesondere all diejenigen Menschen, die sich ehrenamtlich für unsere lippische Heimat engagieren und sich in ihr auskennen. Es ist schon nachdenkenswert, warum das "Kreuz" bei der Standortsuche schon mehr Kilometer zurückgelegt hat, als mancher Lipper in diesem Jahr gewandert ist.
Nun sagt Herr Weigel, Wirtschaftsförderer des Kreises, dass die angedachte Symbolik, "Friedensraum" oder ähnliches, "komplett eliminiert" sei. Ja, dann frage ich mich in der Tat, warum dann an einem Ort, der touristisch ein Alleinstellungsmerkmal aufweist, zudem historisch vielen Deutungen unterliegt, ein "Bauwerk zum Nägel einschlagen" hinzugefügt werden muss.
Verfechter dieses Projektes sollten eigentlich wissen, dass es außerhalb ihrer Möglichkeiten der Einflussnahme liegt, welche Symbolik sich bei solcher "Art von Kunstwerken" entwickelt. Bei der Nähe zu den Externsteinen und der aktuellen politischen Stimmung habe ich da so meine Bedenken. Die ganze Sache gehört beendet. Und das Argument, wir haben da ja Fördergelder, ist eigentlich lippisch untypisch. Die Politiker sind von Lippern gewählt - darüber nachzudenken lohnt sich bestimmt.
Gerd Kaulvers, Detmold
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Lippische Landes-Zeitung, 13.11.2015:
"Wir brauchen keine Irminsul 2.0"
Wanderwegekreuz: Die Gegner stellen einen Antrag an den Stadtrat und den Kreistag, das Projekt an den Externsteinen abzulehnen / Friedrich Brakemeier vom Lippischen Heimatbund setzt auf die Vernunft
Von Manfred Brinkmeier
Horn-Bad Meinberg. Die Gegner des geplanten Wanderwegekreuzes an den Externsteinen machen Druck. Der Arbeitskreis gegen Nazis Horn-Bad Meinberg und der Heimatverein Horn haben einen Antrag an den Stadtrat und den Kreistag gestellt, das Vorhaben abzulehnen.
Friedrich Brakemeier, Vorsitzender des Lippischen Heimatbundes, setzt auf die Vernunft und ein Umdenken bei den Verantwortlichen. "Die Politiker müssen endlich Farbe bekennen. Wir fordern die Verantwortlichen dazu auf, das Projekt definitiv zu stoppen. Mein Eindruck: Fördergelder sind oft schlechte Berater für Politiker. Offenbar muss hier Geld ausgegeben werden. Das wollen wir aber nicht akzeptieren. Stattdessen wollen wir dem Kreuz mit dem Kreuz ein Ende bereiten."
Nach Angaben von Frank Huismann vom Naturwissenschaftlichen und Historischen Verein für das Land Lippe werde das Wanderwegekreuz eher als Symbol für Schmiedekunst und neu belebte Kriegsnagelungen an den Externsteinen wirken. Dabei wäre es nicht das erste Mal, dass an den Externsteinen beziehungsweise in deren Nähe die Funken eines Schmiedefeuers fliegen.
Huismann erinnert daran, dass am ehemaligen Gasthaus an den Externsteinen schon einmal eine "Reichslehrschmiede" existiert habe, die der SS-Division Totenkopf unterstellt gewesen sei. Das Einschlagen von geschmiedeten Nägeln gegen das Leisten einer Spende habe ebenfalls eine wenig erfreuliche Vorgeschichte - nämlich Kriegsnagelungen, die ab 1915 in Deutschland in großem Umfang stattgefunden hätten. Der Historiker Dr. Andreas Ruppert hält dieses Motiv deshalb für verbrannt. "Was hier entstehen soll, ist Kriegssymbolik und keinesfalls ein Friedenssymbol. Das kann die Stadt Horn-Bad Meinberg doch nicht ernsthaft wollen, dass es so etwas in ihrem Stadtgebiet gibt."
Auch Kathrin Burgenmeister vom Arbeitskreis gegen Nazis warnt dringend vor der Umsetzung des Projektes. "Selbst wenn Touristen es nicht wissen, Rechtsradikale wissen um die Symbolik. Wir wollen das braune Spektrum nicht anziehen. Ich befürchte aber, dass genau das eintreten wird."
Robin Jähne von der Schutzgemeinschaft Externsteine kritisiert, dass es auch keinen Ideenwettbewerb unter Beteiligung heimischer Künstler gegeben hat. "Zudem sollte ein solches Projekt an einem symbolträchtigen Ort wie den Externsteinen gemeinsam entschieden werden. Ganz abgesehen davon, dass wir hier überhaupt keine Verbindung zum Thema Wandern sehen."
Auch große Events an der Felsengruppe, wie sie zukünftig immer am 8. Mai stattfinden sollen, sehe die Schutzgemeinschaft sehr kritisch. Robin Jähne: "Es ist schon schlimm, dass Ehrenamtliche, die sich so intensiv engagieren, nicht beteiligt werden. Es wäre zudem viel besser, wenn Fördergelder für andere Dinge ausgegeben würden, die dem Naturschutzgedanken nahe stehen."
Das Argument, den Tourismus ankurbeln zu wollen, weist Robin Jähne zurück. "Die Besucherzahlen an den Externsteinen sind in jüngerer Zeit gestiegen. Und die Leute kommen wegen der Ruhe zu den Externsteinen und nicht, weil dort Events stattfinden." Die Gegner des Wanderwegekreuzes hätten nichts gegen Tourismusförderung, ergänzt Frank Huismann. "Uns geht es um Sachargumente." Friedrich Brakemeier sagte in Anspielung auf die Germanentümelei früherer Zeiten und die Geschichte vom angeblichen Heiligtum der Sachsen an den Steinen: "Wir brauchen keine Irminsul 2.0."
Bildunterschrift: Naturschutzgebiet mit hoher Ausstrahlung: Die Gegner des geplanten Wanderwegekreuzes an den Externsteinen wollen das Projekt auf jeden Fall verhindern.
21./22.11.2015
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