Neue Westfälische 05 - Bielefeld mit Oerlingh.-Leopoldsh. ,
03.09.2015 :
Kein Zutritt für Nazis / Amtsgericht bestätigt Hausverbot für rechtsextremen Aktivisten Bernd Stehmann
Oerlinghausen / Leopoldshöhe. Wie erst jetzt bekannt wurde, hatten die jährlich stattfindenden Wikingertage des Archäologischen Freilichtmuseums des vergangenen Jahres ein Nachspiel. Bernd Stehmann, ein bekannter Neonazi-Aktivist aus Leopoldshöhe, reichte vergangenen Oktober Klage gegen das Freilichtmuseum am Amtsgericht Detmold ein. Die Klage wurde im Januar dieses Jahres vom Amtsgericht abgewiesen und gilt als rechtskräftig.
Am ersten Veranstaltungstag der Wikingertage 2014 wollten der 50-jährige Neonazi Bernd Stehmann und seine Lebensgefährtin diese besuchen. Stehmann wurde noch an der Kasse auf Grund seiner Gesinnung ein Hausverbot ausgesprochen. Daraufhin verklagte Stehmann das Freilichtmuseum. In der Klage beantragte Stehmann die Feststellung der Rechtswidrigkeit des erteilten Hausverbots sowie den Widerruf des Hausverbots und eine Entschädigung in Höhe von 500 Euro.
Begründet wurde dieses damit, dass das Museum als solches für den öffentlichen "allgemeinen Publikumsverkehr" geöffnet ist. Da das Museum aber eine Ausschlussklausel gegenüber Personen aus der rechtsextremen Szene auf der Homepage veröffentlicht hat, sah Stehmann den Charakter des Museums als Einrichtung für den öffentlichen Publikumsverkehr als verloren an.
Zu dem Verhandlungstermin im Dezember erschien der beklagte Vorsitzende des Vereins "Archäologisches Freilichtmuseum" in Begleitung eines Rechtsanwalts. Bernd Stehmann wurde von drei weiteren Kameraden aus der Neonazi-Szene begleitet. Der Museumsverein beantragte die Abweisung der Klage, da Stehmann am besagten Tag, als das Hausverbot ausgesprochen wurde, Kleidung der Neonazi-Marke "Thor Steinar" trug und damit ein sachlicher Grund bestand. Denn "die Atmosphäre werde für Besucher, insbesondere Familien und Schülergruppen gestört, wenn Personen, die erkennbar der rechten Szene angehörten, Zutritt zum Museum gewährt würde". Des Weiteren "sei eine erhebliche Rufschädigung mit wirtschaftlichen Folgen zu befürchten, dies gelte insbesondere im Hinblick auf den historischen Hintergrund des Museums und auf die Darstellung der frühgermanischen Lebensformen, die das Museum auch in der Vergangenheit in den Fokus der rechten Szene gerückt hätten".
Museum kann frei entscheiden, wem Zutritt gewährt wird
Das Amtsgericht Detmold stellt in seiner Urteilsbegründung gleich zu Anfang fest, dass die Klage unbegründet sei und dass auch kein Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des ausgesprochenen Hausverbots besteht, da dieses rechtmäßig erteilt wurde. Das Recht des privatrechtlichen Vereins "Archäologisches Freilichtmuseum Oerlinghausen" sei auf Grund der Privatautonomie insgesamt höher anzusiedeln. Damit ist der Verein auf Grund seines Hausrechts berechtigt, das Hausverbot auszusprechen und kann frei entscheiden, wem der Zutritt gewährt wird und wem er ihn verwehrt.
Dieses hat das Freilichtmuseum mit Hinblick auf die Person Stehmann, sowie mit Blick auf die Gründungsgeschichte des Freilichtmuseums getan. Weiter stellte das Gericht fest, dass Stehmann keinen Anspruch auf Widerruf des Hausverbots hat und ebenso wenig einen Entschädigungsanspruch. Auf das inzwischen rechtskräftige Urteil wurde keine Berufung eingelegt. Stehmann musste die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Der Leopoldshöher Bernd Stehmann agiert überregional und tritt in verschiedensten Formen in der Öffentlichkeit auf. Seit rund drei Jahrzehnten ist er in unterschiedlichsten Organisationen und in einem bundesweiten Netzwerk von Neonazis aktiv. Auch wird Stehmann regelmäßig in Verfassungsschutzberichten sowie in Publikationen des Innenministeriums NRW erwähnt. Aktuell ist er für den Internet-Auftritt der NPD OWL verantwortlich.
Museumsleiter Roeland Paardekooper bestätigt den Vorfall und ergänzt, dass Bernd Stehmann als kein "normaler Museumsbesucher" anzusehen sei und ihm als ideologisch gefestigter Nationalsozialist sehr wohl die Vergangenheit des Archäologischen Freilichtmuseums bekannt ist. Das 1936 als "Germanengehöft" gegründete Freilichtmuseum gilt auf Grund seiner Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus als sensibler historischer Ort.
Es müsse damit gerechnet werden, dass Stehmann kein Interesse an dem Freilichtmuseum als solches hat, sondern an dessen Historie. Außerdem zeige sein Erscheinen vor Gericht im Verbund mit weiteren Neonazis offensichtlich, dass es sich bei der Klage von Stehmann um eine für die Neonazi-Szene wichtige, grundlegende Entscheidung handele, sagt Paardekooper.
Neonazis werben in diversen Publikationen für einen Besuch des Freilichtmuseums in Oerlinghausen. Um diesem entschieden entgegenzutreten und aus der Konsequenz des Rechtsstreits, hat Museumsleiter Roeland Paardekooper die Hausordnung überarbeitet. Fortan ist die Ausschlussklausel bereits im Eingangsbereich ausgehängt und auf der Homepage sowie in Veröffentlichungen des Museums wird diese nun regelmäßig und dauerhaft abgedruckt.
shs@nw.de
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