Lippische Landes-Zeitung ,
21.01.2005 :
Stolpern und erinnern / Die Aktion "Stolpersteine" in Oerlinghausen wird auch kritisch gesehen
Oerlinghausen (cla). Der Kölner Bildhauer Gunter Demnig will mit seinen "Stolpersteinen" das Gedenken an die Opfer des Nazi-Regimes in den Lebensalltag der Menschen rücken. Vor zwei Jahren stellten die Grünen den Antrag, auch Oerlinghausen möge sich beteiligen. Der Rat beauftragte daraufhin die Verwaltung, zunächst Namen und Wohnsitze der Verfolgten zu ermitteln. Doch die Recherchen gestalten sich schwierig.
In Oerlinghausen ermittelt Stadtarchivarin Eva Wächter die Namen und Wohnsitze. Und diese Arbeit stellt sich als mühevoll und schwierig dar. Teilweise habe es früher in Oerlinghausen keine Straßennamen gegeben, erzählt Bürgermeisterin Dr. Ursula Herbort. Und mit Ortsteil und Nummer lasse sich heute nicht viel anfangen.
Darüber hinaus wird die Aktion "Stolpersteine" durchaus auch kritisch gesehen. "Problematisch ist, dass wir nicht alle Namen und Adressen herausfinden werden", so die Bürgermeisterin und verweist auf Opfer, die auf der Flucht vor den Nazis abgefangen wurden. Auch seien Häuser abgerissen und neu gebaut worden. Das mache den Ort des Gedenkens fast beliebig, wie Herbort meint. Hinzu kommt, dass die in den Boden eingelassenen Steine zwangsläufig "mit Füßen getreten werden". Ein Problem, das in ähnlicher Weise auch Gisela Burkamp, die künstlerische Leiterin des Oerlinghauser Kunstvereins sieht. "Wir haben die Zustimmung der Betroffenen nicht, dass wir über ihre Namen 'hinweggehen' dürfen", sagt sie. Würden die Bürger jedoch um den Stein herum- oder an ihm vorbei gehen, so fehle immer noch die Nachhaltigkeit, "die ja gerade die Grünen immer fordern", so Gisela Burkamp.
Ihr liegt daran, Erinnerung lebendig zu erhalten. Das passiere im Schulunterricht, aber auch in vielen Ausstellungen des Kunstvereins. Gerade die Ausstellung der Künstlerin Renate Ortner, die am Sonntag um 11.30 Uhr in der Synagoge eröffnet wird und die in den Besuchern eine lebendige Erinnerung hervorrufen könne, sei dafür ein gutes Beispiel.
Mit den "Stolpersteinen" und den bisherigen Recherchen der Stadt wird sich auch der Ausschuss für Kultur und Stadtentwicklung in seiner Sitzung am 17. Februar beschäftigen.
cla@neue-westfaelische.de
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