Lippische Landes-Zeitung ,
21.07.2015 :
Knapp 200 Flüchtlinge sollen Platz haben / Früheres Hotel zur Linde in Billerbeck wird ab Mitte August bezogen
Horn-Bad Meinberg / Billerbeck (co). Die Johanniter-Unfall-Hilfe Lippe-Höxter wird das Miteinander in der künftigen Notunterkunft für Flüchtlinge regeln. Dazu wird, wie berichtet, das ehemalige Hotel zur Linde genutzt - allerdings erst ab etwa Mitte August.
Die Johanniter werden, wie bereits in der Unterkunft in Bad Salzuflen, auch hier den Betrieb organisatorisch vorbereiten, also beispielsweise Etagenbetten besorgen und aufstellen. Erwartet werden an die 200 Menschen. Auch ist die Organisation dafür zuständig, die Asylbewerber - vermutlich Einzelpersonen ebenso wie Familien - mit Mahlzeiten und weiteren Dingen des täglichen Bedarfs zu versorgen. Dazu werden in erster Linie hauptamtliche Kräfte zum Einsatz kommen. Vier bis sechs Mitarbeiter sollen tagsüber vor Ort sein, zwei nachts. Außerdem werden laut Bezirksregierung jeweils drei Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma im Wechsel 24 Stunden vor Ort sein.
Die Behörde selbst wird zwei Mitarbeiter vor Ort abstellen, die - teils auch in Kooperation mit den Johannitern - überlegen, was organisiert oder kurzfristig noch beschafft werden muss. Die Verwaltungsmitarbeiter werden nach neuesten Informationen auch Asylanträge entgegen nehmen. Denn die vollen Erstaufnahmeeinrichtungen in Bielefeld und Dortmund müssten nach Angaben von Pressesprecher Andreas Moseke entlastet werden.
Nach einigen Tagen in Billerbeck werden die Flüchtlinge in die zentralen Unterbringungseinrichtungen in der Nähe gebracht, also beispielsweise nach Oerlinghausen, Detmold oder Bad Driburg. Spätestens nach drei Monaten werden sie auf die Kommunen verteilt.
Damit sich der Betrieb schnellstmöglich einspielt, werden im August erfahrene Kräfte der Johanniter, die bereits in Bad Salzuflen tätig waren, nach Billerbeck kommen. Auch eine Sozialpädagogin wird am Anfang ständig vor Ort sein und später regelmäßig den Flüchtlingen als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehen. "Es geht erst mal darum, einen geregelten Betrieb auf die Beine zu stellen", erklärte der Pressesprecher.
Wer das frühere Hotel kennt, weiß, dass es einen Festsaal gibt, der nun zum Speisesaal umfunktioniert wird. Die Hotelzimmer werden mit jeweils vier Stockbetten ausgestattet. Es wird des Weiteren eine Kleiderkammer sowie ein Aufenthaltsraum eingerichtet. Bei einem kleinen Kiosk können in der Notunterkunft Kleinigkeiten wie Getränke besorgt werden. Grundsätzlich erhält jeder Flüchtling eine Grundausstattung mit Hygieneartikeln. Das kleine Schwimmbad und die frühere Kegelbahn werden nicht genutzt.
Bevor die ersten Asylbewerber anreisen, haben die Johanniter noch einiges zu tun. So müssen beispielsweise Rauchmelder als Brandschutz angebracht werden. Und die Wasserleitungen des geschlossenen Hotels werden sicherheitshalber auf Legionellen-Befall untersucht.
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Lippische Landes-Zeitung, 18./19.07.2015:
Früheres Hotel wird Notunterkunft / Land will für ein halbes Jahr Flüchtlinge in Billerbeck unterbringen
Von Cordula Gröne
Seit gestern Mittag steht fest: Das frühere Hotel zur Linde im Ortsteil Billerbeck wird eine Notunterkunft für Flüchtlinge. Geplant ist eine Nutzung vom 1. August bis 31. Januar.
Horn-Bad Meinberg. In die temporäre Notunterkunft kommen Asylbewerber, die in den Erstaufnahmestätten Bielefeld oder Dortmund erfasst wurden und für die für einige Tage Betten benötigt werden. Nach Angaben der Stadt sollen die Menschen anschließend auf die Kommunen in Ostwestfalen-Lippe verteilt werden.
Dies bestätigt der Pressesprecher der zuständigen Bezirksregierung in Detmold, Andreas Moseke. Es werde die gesamte Immobilie genutzt. Inhaberin Beate Hähnel erklärte auf Anfrage gestern, dass die Vermietung unter Dach und Fach sei.
Laut Pressesprecher sollen die Notunterkünfte in der Regel Platz für mindestens 100 Menschen vorhalten. Die Bezirksregierung habe aktuell vom Innenministerium die Weisung bekommen, in den nächsten Tagen zunächst 300 Flüchtlinge im Regierungsbezirk Detmold unterzubringen. Derzeit suche das Land größere Gebäude.
Dass Horn-Bad Meinberg eventuell mit der Jugendherberge zwei Flüchtlingsunterkünfte bekomme, sei ein Zufall. "Wir sind darauf angewiesen, dass sich Eigentümer von Immobilien melden." Eine weitere Notunterkunft in Lippe gibt es derzeit nur noch in Bad Salzuflen.
Auch die Stadt Horn-Bad Meinberg habe umgehend Kontakt mit der Bezirksregierung Detmold aufgenommen, teilte Beigeordneter Matthias Engel mit. Er habe deutlich gemacht, dass die Vorgehensweise für die Bevölkerung geordnet und transparent sein müsse. Die Bezirksregierung will noch in der kommenden Woche die Bewohner zu einer Informationsveranstaltung einladen. Die Anwohner können sich dann mit Fragen rund um den Betrieb an Vertreter der Behörde und weitere Ansprechpartner wenden.
Das Hotel zur Linde war Ende Juni 2014 geschlossen worden. Es soll verkauft werden und wird vom Maklerbüro Wißbrock in Lage für 795.000 Euro offeriert. Der Anzeige zufolge gibt es in dem mehrstöckigen Gebäude 40 Zimmer und zwei Appartements sowie ein Restaurant mit Festsaal. Ob der Festsaal auch für Übernachtungen genutzt wird, ist noch offen.
Inhaberin Beate Hähnel hat bereits Nachbarn über die vorübergehende Nutzung unterrichtet. Die Mieteinkünfte kann sie bei dem Leerstand gut gebrauchen. Derzeit gebe es sogar zwei Kaufinteressenten, die sich eine Nutzung als Wanderhotel oder Senioreneinrichtung vorstellen könnten. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1982 und war über viele Jahrzehnte im Besitz der Gastronomen-Familie.
Ratsmitglieder sind überrascht
Horn-Bad Meinberg (co). Von der Information überrascht zeigten sich auch die Fraktionen im Stadtrat. Sie wurden von der Verwaltung gestern Morgen per E-Mail informiert. Aber nicht jeder hatte gestern schon in seinen Computer geschaut.
"Es ist sicherlich richtig, dass man Räumlichkeiten schafft", sagte das Billerbecker CDU-Ratsmitglied Frank Kuhlmann. Das Problem sei jedoch, dass es im Ort kein Geschäft gebe und die Busse nicht häufig führen. Ohne Fahrzeug könnten die Flüchtlinge nur schlecht nach Horn oder Detmold kommen.
Die fehlende Infrastruktur sieht auch das Beller SPD-Ratsmitglied Rudi Radtschun als problematisch an. Er hoffe nicht, dass sich Anwohner über die Nutzung aufregen würden. "Es ist eine schwierige Situation. Aber immer noch besser so, als in Zelten untergebracht zu werden." Er kann sich vorstellen, sich dort einzubringen und beispielsweise Besorgungen zu erledigen. Eine Begleitung der Menschen sieht er als sinnvoll an.
"Wir müssen die Flüchtlinge willkommen heißen, das ist unsere Aufgabe", meint Diana Ammer von den Linken. Für die Unterbringung von Flüchtlingen, die dauerhaft bleiben, findet sie kleinere Einheiten sinnvoll. Wie berichtet, sucht die Stadt bereits nach einer weiteren Immobilie, weil sie damit rechnet, weitere Asylbewerber zugewiesen zu bekommen.
Bildunterschrift: Steht zur Zeit leer: Das Hotel zur Linde im Ortsteil Billerbeck mit rund 420 Einwohnern. Im August ziehen die ersten Flüchtlinge ein, die jedoch nach einigen Tagen auf die Kommunen im Regierungsbezirk Detmold verteilt werden sollen.
Kommentar / Ohne Infrastruktur
Die Informationen überschlagen sich zur Zeit: Das Land plant nicht nur, die Jugendherberge in Horn-Bad Meinberg für die Aufnahme von Flüchtlingen zu nutzen. Jetzt wird aus dem früheren Hotel zur Linde in Billerbeck auch noch eine Notunterkunft.
Händeringend sucht das Land nach Räumlichkeiten, um der steigenden Zahl von Menschen aus Krisengebieten Herr zu werden. Wie sich wohl die Neuankömmlinge auf dem Land ohne Infrastruktur fühlen werden? Das hängt sicher auch davon ab, wie ihnen die Menschen im Ort begegnen werden.
Die Bezirksregierung tut gut daran, Nachbarn und Dorfbewohner zu informieren. Nichtwissen öffnet Vorurteilen Tür und Tor. Auch die Stadt pocht darauf, die Öffentlichkeit einzubeziehen. Sie hat dies vor der Einrichtung des Flüchtlingsheimes in Bad Meinberg getan - und gute Erfahrungen damit gesammelt. Hier ist vielfältiges ehrenamtliches Engagement vorhanden, von dem alle Beteiligten profitieren. Auch wenn die Asylbewerber nur kurz in Billerbeck bleiben - eine freundliche Aufnahme haben sie verdient.
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Lippische Landes-Zeitung, 16.07.2015:
Reserviert für Flüchtlinge / Jugendherberge in Horn nimmt für Oktober bis Januar keine Buchungen an
Von Cordula Gröne
Das Land NRW hat die Jugendherberge in Horn ausgewählt, um sie im Notfall als Erstaufnahmelager für Flüchtlinge einzurichten. Die Reaktionen von Anliegern sind unterschiedlich.
Horn-Bad Meinberg. "Ich bin demgegenüber positiv eingestellt", erklärte Anwohnerin Ingrid Gordon gestern. Die Flüchtlinge hätten viel mitgemacht. Sie hat bereits mit Nachbarn überlegt, die Menschen zu einem Grillfest einzuladen. Skeptischer ist Angela Grimm: "Die Jugendherberge wird eigentlich für etwas anderes genutzt." Jens Trappmann findet, dass Deutschland eigentlich genug Flüchtlinge aufgenommen habe. "Kein Land würde uns Deutsche woanders aufnehmen." Eine andere Anliegerin, die nicht genannt werden möchte, meinte: "Wir lassen uns überraschen."
Die Bezirksregierung Detmold plane nicht, eine Notunterkunft einzurichten, stellte Pressesprecher Andreas Moseke auf Anfrage klar. Simon Drath, Pressesprecher des Jugendherbergswerks Westfalen-Lippe in Hagen, spricht von einer optionalen Nutzung: "Sollte akuter Bedarf bestehen, wird die Jugendherberge als vorübergehende Entlastung der Erstaufnahmelager genutzt." Wachse der Flüchtlingsstrom weiter, sei allerdings eine Nutzung wahrscheinlich.
Die Bezirksregierung Arnsberg hat vorsorglich mit dem Deutschen Jugendherbergsverband bereits einen Rahmenvertrag für die Nutzung der Horn-Bad Meinberger Einrichtung für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Januar abgeschlossen. Gäste-Buchungen sind für den Zeitraum nicht mehr möglich. Insgesamt hat die Jugendherberge 123 Betten.
Die Stadt sei bisher nicht informiert worden, erklärte Beigeordneter Matthias Engel auf Anfrage. Er betont, dass für die Menschen eine entsprechende Unterkunft bereit stehen müsse. Aber: "Die betroffenen Städte sollten vorher eingebunden werden." Er hofft, dass das Land die Öffentlichkeit über die Planung rechtzeitig informiert. "Es geht darum, dass man die Menschen mitnimmt." Dies ist nach Angaben der Bezirksregierung geplant.
Genaues zur Aufenthaltsdauer eines Asylsuchenden konnte Moseke nicht nennen. "Das ist von vielen Faktoren abhängig." Ein Asylsuchender bleibe jedoch in der Regel so lange in einer Notunterkunft, bis der Asylantrag gestellt, die persönlichen Daten aufgenommen und der gesundheitliche Zustand erfasst sei.
Aus der Arnsberger Behörde war zu erfahren, dass wenn es in der Stadt eine solche Notunterkunft gebe, der Kommune nicht noch weitere Flüchtlinge zugewiesen würden.
Bildunterschrift: Nimmt keine Buchungen mehr an: Die Jugendherberge an der Jahnstraße könnte als Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge dienen.
detmold@lz-online.de
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