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Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische , 20.12.2004 :

Preisträger macht Mut für Offenheit gegen Flüchtlinge / Bürgermeister Wollbrink zeichnete den Arzt und Friedenskämpfer Dr. Winfrid Eisenberg mit dem Heiko-Plöger-Bürgerpreis aus

Von Hartmut Braun

Herford. Der jüngste Heiko-Plöger-Preisträger Dr. Winfrid Eisenberg hat Behörden und Bevölkerung dazu aufgerufen, die humanitären Spielräume des neuen Zuwanderungsgesetzes im Interesse von Flüchtlingen und ihren Familien zu nutzen. Bei der feierlichen Preisverleihung gestern im überfüllten Rathaussaal rief er zudem die Ausländerbehörden dazu auf, eigenverantwortlich zu handeln und sich nicht "zu Rädchen im Getriebe degradieren" lassen".

Minutenlang spendeten mehr als 200 Zuschauer im Ratssaal und auf den Emporen stehend Beifall, als Bürgermeister Bruno Wollbrink (SPD) dem 67-jährigen Arzt, langjährigen Chefarzt der Kinderklinik und jahrzehntelangen Vorkämpfer für Abrüstung, Frieden und Toleranz den mit 1.000 Euro dotierten Preis überreichte.

"Für einen solidarischen und unvoreingenommenen Umgang mit Fremden"

Eisenberg habe sich in seinem Leben immer wieder besonders für die Rechte der Kinder eingesetzt und dabei einen "solidarischen, unvoreingenommenen Umgang mit Fremden und fremden Kulturen" vorgelebt, sagte Wollbrink in seiner Laudatio.

"Mit Zähigkeit und sozialer Kreativität" sei es ihm dabei nicht selten gelungen, ein Umdenken bei seinen Gesprächspartnern herbeizuführen. Dr. Eisenberg sei in Herford so etwas wie eine Institution. Wollbrink nahm auch dazu Stellung, dass der Preisträger immer wieder die Praxis der Herforder Ausländerbehörde kritisiert hatte: Deren Aufgabe sei es, "lediglich die gesetzlichen Bestimmungen oder richterlichen Anordnungen umzusetzen", sagte Wollbrink dazu. "Ich darf an dieser Stelle aber auch sagen, dass es uns oft nicht leicht fällt, diese Anordnungen auszuführen".

Eisenberg ist der elfte Träger des an den von den Nationalsozialisten umgebrachten Herforder Arbeiters Heiko Plöger erinnernden Preises, mit dem die Stadt Herford Engagement für Frieden, Abrüstung, Menschenrechte und soziales Engagement würdigt. Doch noch nie zuvor wollten so viele Herforder an der feierlichen Auszeichnung teil haben.

Zahlreiche Flüchtlinge, für die der Preisträger sich einsetzte, waren neben Familie, Freunden und Weggefährten gekommen. Auch Vertreter der CDU, die sich in der Jury gegen die Preisverleihung an Eisenberg ausgesprochen hatte, sowie der für die Ausländerbehörde zuständige Dezernent nahmen an dem Festakt teil.

Eingeleitet wurde er von der Musikgruppe "Lebenslaute", die Kammermusik von Bartok und Haydn spielte; eine Mitspielerin bezeichnete die Ausländerbehörde dabei als "Stätte des Unrechts". Der Preisträger selbst bekannte sich in einer ausführlichen Stellungnahme zu Vorbildern wie den Ärzten Rudolf Virchow und Albert Schweitzer sowie seiner mehrjährigen Tätigkeit als Arzt in Tanzania.

Er stellte das Goethe-Wort "das Land, das die Fremden nicht schützt, geht unter" als Motto über sein politisches Engagement in der örtlichen "Flüchtlingsbegleiter-Gruppe" sowie in der Ärzte-Organisation für soziale Verantwortung IPPNW und Pro Asyl.

Ein Thema hob er besonders hervor: Die Situation der von ihm auf 1,5 Millionen geschützten Gruppe der Flüchtlinge "ohne Papiere" in Deutschland. Er forderte die Bundesregierung dazu auf, sie nach dem Vorbild Spaniens aus der "Anonymität" herauszuholen und ihnen einen sicheren Status zu gewähren.

Eisenberg bekannte sich dazu, als Chef der Kinderklinik alle Kinder, gleich welcher Herkunft und Hautfarbe, gleich behandelt - und damit im Zweifel auch gegen das Asylbewerberleistungsgesetz verstoßen zu haben.


lok-red.herford@neue-westfaelische.de

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