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Lippische Landes-Zeitung , 17.12.2004 :

Flüchtlingsbüro droht das Aus / Nach Rückzug der Stadt Bad Salzuflen: Evangelische Kirchengemeinden können wirtschaftliche Last nicht allein schultern

Bad Salzuflen (Sam). Das Ausländer- und Flüchtlingsbüro Bad Salzuflen steht vor dem Aus. Die neun evangelischen Kirchengemeinden, die die Einrichtung tragen, können die finanzielle Last allein nicht mehr schultern. Zum 31. Dezember soll das Büro geschlossen werden. Hintergrund: Die Stadt Bad Salzuflen hat sich im vergangenen Jahr aus der Finanzierung zurückgezogen. Und der zweite große Partner - das Diakonische Werk der Lippischen Landeskirche - kann wegen seiner eigenen wirtschaftlichen Situation Fördergelder nur auf einen Zeitraum von maximal einem Jahr zusagen. Doch wie so oft: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Pfarrerin Wiltrud Holzmüller, Beiratsvorsitzende des Flüchtlingsbüros, bestätigte, dass zum Jahresende der Vertrag von Norbert Scherpe ausläuft. Seit den Anfängen im Jahr 1993 hat er für das Büro Flüchtlinge beraten, ihnen Wohnungen besorgt und Integrationsarbeit für zugewanderte Menschen und deren Nachkommen geleistet.

Zwar liege die Zusage der Kirchengemeinden vor, in den kommenden drei Jahren jeweils 14.000 Euro zur Verfügung zu stellen, erklärte Pfarrerin Holzmüller. "Den Gemeinde ist die Integrationsarbeit wichtig."

Die Sach- und Personalkosten betragen jedoch 34.000 Euro per anno. Weil das Geld von der Diakonie unsicher ist und das der Stadt vollends fehlt, kann derzeit die Konsequenz nur lauten: Schließung zum 31. Dezember.

Den Kopf in den Sand stecken wollen Holzmüller und Scherpe nicht. Sie haben sich bei einer großen Stiftung mit Sitz in Münster beworben, die Projekte zur Verbesserung der Schulbildung von Kindern unterstützt, die aus Flüchtlings-, Ausländer- oder Spätaussiedlerfamilien stammen. Die Entscheidung fällt im Februar. Näheres soll dann bekannt gegeben werden. Indes, selbst bei einem positiven Votum müsste die Einrichtung für einige Monate geschlossen bleiben.

Noch ein weiteres stimmt Norbert Scherpe nachdenklich: Durch die Spezialisierung auf die Schulbildung von Migranten-Kindern würde "unsere eigentliche Aufgabe in den Hintergrund treten: die Integration von zugewanderten Menschen". Es sei wichtig, sich nicht nur um Kinder und Jugendliche, sondern auch um deren Eltern zu kümmern.

"Integration bekommt man nicht für null"
Norbert Scherpe

Norbert Scherpe appelliert an den neu gewählten Rat und die neue Rathaus-Spitze, den Rückzug aus der Finanzierung noch einmal zu überdenken. Integrationsarbeit werde sich in Zukunft zu einem dringenden Thema entwickeln: "Ein Drittel der Unter-20-Jährigen in Bad Salzuflen stammen aus Flüchtlings-, Ausländer- oder Aussiedlerfamilien. Diese Kinder und Jugendlichen sind auch die Zukunft unserer Stadt. Das muss man realisieren", betont Scherpe.

Um Integrationsarbeit leisten zu können, bedürfe es des Zugangs zu diesen Familien und den Organisationen der Migranten. "Und unser Büro hat den Zugang", bekräftigt Scherpe, "Integration bekommt man aber nicht für null".


salzuflen@lz-online.de

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