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Lippische Landes-Zeitung , 24.07.1993 :

Nicht jeder kommt in die Klüter Kaserne hinein / Vor verschlossenem Tor

Detmold (as). Donnerstagabend, Klüter Kaserne: Ein Asylbewerber erscheint, zückt seinen Ausweis, begehrt Einlass - und wird abgewiesen. Was nun? Zufällig ist Dietrich G. da, der als hilfsbereiter Nachbar dem Ukrainer eine Schlafstatt für die Nacht anbietet - dass eine Asylbewerberunterkunft einen Asylbewerber abweist, findet er allerdings recht merkwürdig.

Der Leiter der Gemeinschaftsunterkunft (GUK), Michael Leue, machte gegenüber der LZ auf Sicherheitsgründe geltend. Wer nicht in der GUK wohne, müsse bis spätestens 22 Uhr das Gelände verlassen. Der Pförtner habe korrekt gehandelt, habe doch die von dem Ukrainer vorgelegte "Gestattungserlaubnis" ein Bielefelder Übergangsheim als Wohnstatt ausgewiesen.

Des Rätsels Lösung fand sich erst am Freitagmorgen. Tatsächlich habe der Ukrainer schon einmal in der GUK gewohnt, sei dann aber auf eigenen Wunsch - er habe sich bedroht gefühlt - nach Bielefeld überwiesen worden. Doch der Amtsschimmel reitet langsam: Post für ihn komme immer noch in Detmold an.

Und weil der Mann einen wichtigen Brief erwarte, sei er nach Detmold geschickt worden. Er habe aber die Fahrt so spät angetreten, dass man dem Zweck des Besuches mit Bielefeld nicht mehr habe klären können - und erhellende Unterlagen habe der Mann nicht bei sich gehabt.

Es passiere öfters, so Leue, dass jemand versuche, sich in die GUK hineinzumogeln. Doch sei die Klüter Kaserne weder eine Obdachlosenunterkunft noch könne man Asylbewerber beköstigen, die anderswo Unterkunft hätten. Für den Ukrainer hat sich die Angelegenheit in Wohlgefallen aufgelöst: Er kann bleiben, bis der wichtige Brief da ist.

24./25.07.1993
Detmold@lz-online.de

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