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Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische , 07.07.1993 :

Neues Asylrecht / Während der Fahrt geschlafen

Bielefeld (Kle). Vor drei Monaten hat die Zentrale Ausländerbehörde der Stadt (ZAB) ihre Arbeit aufgenommen. Seitdem sind dort 4.736 asylsuchende Ausländer registriert worden. Der Zustrom ist nicht abgeebbt, obwohl seit dem 1. Juli das neue Asylrecht gilt. Danach können Menschen, die aus "sicheren" Herkunftsländern stammen oder über sichere Drittstaaten eingereist sind, sofort dorthin zurückgewiesen werden.

So einfach, wie das auf dem Papier aussieht, funktioniert das nicht. "Die meisten Neuzugänge haben während der Fahrt fest geschlafen oder ganz hinten in der dunklen Ecke eines Lastwagens gesessen. Darum haben sie nicht mitbekommen, durch welches Land sie eingereist sind." Von diesen jüngsten Erfahrungen der Mitarbeiter der ZAB berichtet der stellvertretende Amtsleiter Thorsten Böhling.

Sein Chef Rüdiger Schmidt ergänzt, dass oft nur durch Zufall nachgewiesen werden könne, wer welchen Weg genommen habe - wenn zum Beispiel die entsprechend datierte Geldumtauschquittung eines Nachbarlandes zum Vorschein komme.

Die Pässe gehen verloren

Auch die Rückführung ins "sichere" Herkunftsland habe ihre Tücken, denn so mancher Asylsuchende gebe an, seinen Pass verloren zu haben. Aber nur Rumänien nehme - nachdem ein entsprechender Vertrag geschlossen werden sei - seine Bürger auch ohne Papiere zurück. In allen anderen Fällen müssten erst Ersatzdokumente beschafft werden. Das brauche seine Zeit.

Von den 4.736 Zugängen von April bis Juni einschließlich, stellten 1.647 ihren Erstantrag in Bielefeld. Die restlichen 3.089 wurden aus anderen Bundesländern zugewiesen. Die meisten Asylsuchenden kamen aus Rumänien, gefolgt von Jugoslawien, den GUS-Staaten und Bulgarien.

In 171 Fällen stellte sich durch den inzwischen obligatorischen Vergleich der Fingerabdrücke beim Bundeskriminalamt heraus, dass sie schon ein oder mehrfach unter anderen Namen Asylanträge laufen hatten. Mit Unterstützung der Polizei wurden die Betroffenen von ZAB-Mitarbeitern in ihren Gemeinschaftsunterkünften aufgesucht, festgenommen und in Abschiebehaft festgesetzt.


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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