Lippische Landes-Zeitung ,
08.12.2004 :
Hochzeits-Suite für Fünf / "Klezmer Alliance" in der alten Pauline
Detmold (ans). Orte haben ihr Image. Das gilt für das Sommertheater wie für den Kaiserkeller und die Alte Pauline. Ein Image hat seine Vor- und seine Nachteile. Das jeweilige Publikum erwartet seine Musik. Da ist es schwierig, wenn die Organisatoren mal etwas präsentieren, was hier nicht zum etablierten Ton gehört. Unter diesem ungeschriebenen Gesetz hatte am Sonntag die "Klezmer Alliance" zu leiden. Ihre Musik wollten nur gut eine Hand voll Besucher in der alten Pauline hören.
Die alte Pauline ist die Heimat des rauen Rock, des rebellischen Punk oder einer anderen Stilrichtung kratziger Kellermusik, in der eine Jugend sich ausdrückt, die ihr eigenes Ding machen will, weil sie den hohlen Konventionen ihrer Alten so gar nichts abgewinnen kann.
In diese Atmosphäre passt die an eine vielleicht gar idealisierte Tradition anknüpfende Klezmermusik nicht so recht hinein, zumal diese Musik in ihrer eigentümlichen Mischung aus tiefer Traurigkeit und ausgelassener Lebensfreude nur sehr selten das Lebensgefühl dieser Jugend trifft. Dabei ist die deutsch/englische "Klezmer Alliance" eine hochprofessionelle Truppe, die das beste aus der etwas schwierigen Situation zu machen verstand, will sagen, denen, die den Sprung in eine andere Welt wagen wollten, so gekonnt aufzuspielen, dass ihnen die Musik sofort in die Beine fuhr.
Von Guy Shabom am typischen Schlagwerk dieses jüdischen Schmelztiegels meist osteuropäischer, aber auch orientalischer Musiken, der Marschtrommel mit Becken, und Thomas Fritze am elektrischen Kontrabass sowie Andreas Schnittges an der nicht selten tremolierenden Gitarre angetrieben, lassen sich die beiden musikalischen Frontleute, der Klarinettist und Oboist Bernd Spehl und die Geigerin Jilah Bakhashayesh munter etwa durch die Burgas einer Hochzeitssuite treiben.
Andreas Schnittges hat zwischendurch viel über Herkunft und lebensweltlichen Zusammenhang einzelner Musiken zu erzählen, wie etwa über die "Doinas", diese melancholischen Lieder oder Instrumentalstücke, in denen die osteuropäischen Juden, von denen eine große Gemeinde in den USA lebt, die andere Seite ihres so vitalen Lebens zum Ausdruck bringen.
Wie gesagt, das Konzert litt ein wenig unter dem Image der alten Pauline, was weder den Organisatoren noch der Gruppe oder den Besuchern vorgeworfen werden kann. Wenn sich allerdings die Gelegenheit bietet, diese Band wieder in Lippe zu hören, dann sollte sich niemand, der Lust auf hochkarätige Unterhaltung hat, diesen Abend entgehen lassen - ganz gleich, wo er stattfindet.
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