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Neue Westfälische , 04.12.2004 :

Schwarze Schwester abgewehrt / Verwandtenbesuch bei Kenianerinnen in Nieheim von Behörden verhindert

Von Hubertus Gärtner

Nieheim. Wenn Maureen Rasche (33) in Nieheim über die Straße geht, dann drehen sich nicht nur die Männer nach ihr um. Die attraktive Frau aus Kenia ist in der ostwestfälischen Provinz wegen ihrer schwarzen Hautfarbe eine etwas auffällige Erscheinung. Vorurteile oder gar Rassismus hat Maureen Rasche in Nieheim bislang aber noch nie erlebt. Nur auf die deutsche Botschaft in Nairobi ist sie nicht mehr gut zu sprechen.

"In Nieheim sind alle Menschen immer sehr freundlich zu mir", sagt Maureen. Ihr Gatte Michael Rasche (34), der in Warburg als Kaufmann arbeitet, kann das bestätigen. Vor elf Jahren hatte er spontan eine Urlaubsreise nach Afrika gebucht. Der Grund sei einfach Abenteuerlust gewesen.

In einer Diskothek in Mombasa lernte Michael Rasche damals Maureen Ouko kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Die beiden heirateten 1994 und zogen nach Nieheim, wo Michael Rasche schon von Kindesbeinen an gewohnt hatte. "Unsere Mischehe wird von jedem hier akzeptiert", sagt Michael Rasche. Seine Frau Maureen hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Sie beherrscht die deutsche Sprache perfekt. Das Ehepaar Rasche hat zwei Kinder, Christian (7) und Katrin (4). Sie tollen ständig in der Gegend umher.

Im Jahr 1996 erhielt Maureen Rasche in Nieheim Besuch von ihrer Schwester Hulda (39). Das Wiedersehen wurde groß gefeiert. Vermutlich war es Zufall, dass auch Hulda Ouku sich bei diesem Besuch in einen deutschen Mann aus Nieheim verliebte.

Hulda Ouku arbeitete in Nairobi als Sekretärin in einer Brauerei. Sechs Jahre lang pendelte sie anschließend zwischen Deutschland und Kenia hin und her. 2002 heiratete sie dann Hermann Hansmann (39), der in einem Nieheimer Recycling-Betrieb angestellt ist. Hulda und Hermann Hansmann wohnen nun im Nieheimer Ortsteil Holzhausen. Beide sagen, sie seien "sehr glücklich und zufrieden".

Maureen Rasche und Hulda Hansmann haben jetzt ihre jüngste, ledige Schwester Irene (21), die in Kenia lebt und arbeitslos ist, nach Nieheim zu Besuch eingeladen. Doch die deutsche Botschaft in Nairobi lässt das Familientreffen nicht zu. Sie verweist auf das Ausländergesetz und verweigert unter Hinweis auf die - so wörtlich -"Verhinderung unerwünschter Einwanderung" der jüngsten Schwester Irene ein Visum für Deutschland. Dem Interesse der Antragstellerin, ihre Verwandten in Deutschland zu besuchen, stehe "die Beeinträchtigung der Interessen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber, die in der hohen Wahrscheinlichkeit liegt, dass die Antragstellerin nach Ablauf des von ihr begehrten Besuchsvisums nicht fristgerecht in ihr Heimatland zurück kehren wird", heißt es in einem Bescheid der deutschen Botschaft vom 8. September. Begründet wird das mit dem Familienstand sowie der derzeitigen Erwerbslosigkeit der jüngeren Schwester. Daher fehle ihr in Kenia "die Verwurzelung".

Auch eine "Verpflichtungserklärung der Einladenden zur Übernahme der während des Aufenthaltes (in Deutschland, d. Red.) anfallenden Lebenshaltungskosten" konnte die Behörde nicht umstimmen. Sie verweist in ihrem Beschluss ferner darauf, dass "bereits die Schwester" mit einem Besuchsvisum nach Deutschland gereist war und dort geheiratet hat. In Wirklichkeit haben sogar schon zwei Schwestern aus Kenia in Nieheim eine Familie gegründet, was der deutschen Botschaft vermutlich noch weniger recht sein dürfte.

Maureen Rasche und Hulda Hansetann sind enttäuscht, dass ihre Schwester Irene nicht zu Besuch nach Deutschland kommen darf. Die deutschen Ehemänner, Michael Rasche und Hermann Hausmann, sind empört. "Wir können es nicht verstehen", sagen sie. Das Ganze erinnere an die DDR, wo die Mauer und ein unbarmherziges Regimeeiner ungehinderten Familienzusammenführung jahrzehntelang im Wege standen. Michael Rasche sagt, seine Frau und seine Schwägerinnen trügen die schwarze Hautfarbe. Deshalb dürfe aber doch niemand unterbinden, dass sie sich in Nieheim treffen oder eine Liebesbeziehung mit einem Deutschen pflegen wollen. ,"Wir sind verheiratet, gehen arbeiten und zahlen unsere Steuern. Alles ganz normal", sagt Rasche.

Seine Ehefrau Maureen berichtet derweil, dass ihr Onkel Robert Ouku hieß und einst Außenminister von Kenia war. Robert Ouku wurde 1990 von Unbekannten ermordet. Seine Leiche wurde verbrannt, weil er Korruptionsfälle publik machen wollte. Vor zwei Jahren wurde in Kenia der Präsident Daniel arap Moi nach 24 Jahren abgelöst. Mwai Kibaki kam ins Amt. Seither sei Kenia auf dem Weg in die Demokratie, sagt Maureen Rasche. Sie dehnt das Wort. Gang so, als sei es ihr noch etwa fremd.

04./05.12.2004
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