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Zeitung für Halle, Borgholzhausen und Versmold / Westfalen-Blatt , 26.08.2014 :

SPD schießt gegen Kogelheide / SGV-Chef steht wegen zeitweiligen Engagements in AfD-Arbeitskreis in der Kritik - Geschäftsführer wehrt sich

Von Burkhard Hoeltzenbein

Versmold (WB). Zwischen der SPD Versmold und dem Geschäftsführer der Strom- und Gasversorgung Versmold (SGV), Jörg Kogelheide, ist das Verhältnis seit gestern äußerst angespannt. Die SPD hat öffentlich gemacht, dass Kogelheide in einem energiepolitischen Arbeitskreis der Partei Alternative für Deutschland (AfD) mitgewirkt hat und dies kritisch bewertet. Dabei hat Kogelheide seine Mitarbeit schon 2013 eingestellt und sich auch inhaltlich längst distanziert.

Kogelheides Engagement löst bei den Sozialdemokraten so große Sorgen aus, dass sie gestern um 14.30 Uhr zur Presskonferenz bitten. "Ausgerechnet der Mann, der den Versmolder Energieversorger fit machen muss für die Zukunft, steht so öffentlich für eine rückwärtsgewandte Energiepolitik", sagt Fraktionssprecherin Liane Fülling. Jan Ziervogel sieht in dem öffentlich im Internet zugänglichen Papier, unter dem Kogelheides Name steht, und der in Versmold betriebenen Energiepolitik einen eklatanten Widerspruch. "Wo positioniert sich Kogelheide?", will Ortsvereinsvorsitzender Patrick Schlüter wissen.

"Ich wollte mich damals in diesem Arbeitskreis für die Erneuerbaren Energien stark machen", begründet der SGV-Chef auf Anfrage vom Westfalen-Blatt, warum er im Lauf des Jahres 2013 überhaupt bei der AfD angefragt habe. "Ich bin niemals AfD-Mitglied gewesen", betont Kogelheide. Er habe aber immer und an allen Fronten für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gekämpft. "Ich wollte auch auf diesen Programmantrag zur Energiepolitik Einfluss nehmen", sagt Kogelheide. Jedoch habe in dem AfD-Arbeitskreis, der von Dr. Thomas Rathner (Kommunikations-Experte bei RWE) geleitet wurde, ein starker Flügel die Oberhand gewonnen, der eine völlig andere Energiepolitik unterstützt.

Ein Eindruck, den die Lektüre des Antrags, der für den AfD-Landesparteitag am 11. / 12. Januar in Erkrath ausgearbeitet wurde, bestätigt. Darin wird die Energiepolitik der Regierung in scharfer, teils polemischer Form verrissen. Da werden Klimamodelle und auch schon mal die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum CO-2-Ausstoß in Frage gestellt, die EEG-Politik scharf kritisiert. "Die AfD bezweifelt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel überhaupt zutreffend sind", sagt Liane Fülling.

Positionen, mit denen sich auch Kogelheide nicht identifizieren kann. Deshalb habe er im Dezember die Mitarbeit eingestellt, sagt er. In einem Schreiben an Dr. Thomas Rathner hat er vor wenigen Wochen noch einmal darauf gedrängt, seinen Namen unter diesem Partei-Papier zu streichen.

Genau das hat die AfD nicht getan und das ist nun Kogelheides Problem. Fülling, Schlüter und Ziervogel nehmen dieses nun zum Anlass, sich um die Zukunft der Stadtwerke zu sorgen. "Wer mich kennt, weiß, dass ich für die EEG stehe und den Ausbau der alternativen Energiegewinnung in den vergangenen neun Jahren vorangetrieben habe, seit ich hier in Versmold bin", sagt Kogelheide.

Genau das habe er auch dem ehrenamtlichen Bürgermeister Horst Hardiek gesagt. Das SPD-Ratsmitglied hat den SGV-Chef gestern Vormittag als Erster auf das im Internet öffentlich zugängliche AfD-Papier mit Kogelheides Namen darunter angesprochen.

Kogelheides Einlassungen scheinen die Sozialdemokraten nicht zu beruhigen. Im Pressegespräch erneuern sie die im Antrag zur heutigen Hauptausschusssitzung gestellten Antrag der SPD nach einem verstärkten Aufsichtsrat. "Wir möchten diesen auf 14 Mitglieder erweitern, damit alle Ratsfraktionen vertreten sind und auch einem Vertreter der Arbeitnehmer Stimmrecht geben", sagt Schlüter. Ziervogel stellt klar, dass die Stadtwerke ihre Zukunft in einer modernen Energieversorgung mit erneuerbarer Energie sehen. Für den Aufsichtsrat sei ein starker Vorsitzender erforderlich. "Hier sehen wir den Bürgermeister im Amt."

Volle Rückendeckung bekommt Jörg Kogelheide vom SGV-Aufsichtsratvorsitzenden Wolfgang Beuge (Die Grünen). "In meiner Zeit bekommt Jörg Kogelheide den uneingeschränkten Tätigkeitsvermerk, sich für die Erneuerbaren Energien nachhaltig eingesetzt zu haben. Wir Grünen sehen in ihm einen Garanten für die energiepolitische Wende." Beuge spricht mit Blick auf das bisher Erreichte von einer "Gemeinschaftsleistung des gesamten Aufsichtsrates jenseits parteipolitischer Querelen". Zumindest Letztere sind mit der aktuellen Debatte zu Tage getreten.

Kommentar / Eine Nummer kleiner?

Es mag politisch nicht sonderlich geschickt sein, sich als Geschäftsführer der Strom- und Gasversorgung bei einer Oppositions-Partei zu engagieren, die in vielen Fragen bisher eher durch lauten "Wir-sind-dagegen"-Habitus auffällt. Doch erstens ist das in einer Demokratie nicht verboten und zweitens muss man Jörg Kogelheide wohl zugute halten, dass es ihm auch bei der "Alternative für Deutschland" um Positionen zu Gunsten der Erneuerbaren Energien gegangen ist.

Dass er (und andere Mitstreiter in dem Arbeitskreis) im Haifischbecken der Konzernlobbyisten mit ihren Positionen auf verlorenem Posten standen, ist angesichts des radikal anmutenden Endresultats ziemlich ersichtlich. Wenn sich Kogelheide angesichts mangelnder Diskussionsfähigkeit des Gremiums frühzeitig davon distanziert, dann ist es mindestens ein Akt hochgradiger Unfairness der AfD, Kogelheides Namen entgegen seinem Willen unter dem Papier zu belassen.

Die SPD muss sich fragen lassen, ob es bei der Klärung von Kogelheides Position nicht eine Nummer kleiner gegangen wäre. Und man es vor allem erst mal intern besprochen hätte. So aber liegt der Verdacht nahe, dass die SPD den Geschäftsführer Kogelheide bewusst politisch beschädigen will.

Burkhard Hoeltzenbein

Bildunterschrift: Warum arbeitet der Geschäftsführer der Strom- und Gasversorgung Versmold zeitweilig in einem energiepolitischen Arbeitskreis der "Alternative für Deutschland" mit? Die Versmolder SPD sieht dies sehr kritisch. Kogelheide hingegen betont, er habe sich längst distanziert.

Bildunterschrift: Jörg Kogelheide steht wegen eines AfD-Engagements im Fokus.

Bildunterschrift: Liane Fülling (SPD) stellt Kogelheides Position in Frage.

Bildunterschrift: Wolfgang Beuge (Die Grünen) steht hinter dem SGV-Chef.


halle@westfalen-blatt.de

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