Schaumburger Zeitung ,
02.12.2004 :
Fakten
In der St.-Marien-Kirche läuten zwei Glocken aus ehemals deutsch-schlesischen Gemeinden. Die größere war einst in Gorpe (heute Gorzupia Dolna) im Kreis Sprottau (Szprotava) zu Hause. Die andere hing mehrere Kilometer entfernt in der Kirche von Großendorf (Dluzyce). Der kleine Ort gehörte und gehört zum ebenfalls in Niederschlesien gelegenen Kreis Wohlau (Wolow).
Die Irrfahrt der beiden Glocken begann, als die NS-Machthaber ab 1940 reichsweit rund 80.000 Glocken beschlagnahmten, um sie "der deutschen Rüstungsreserve dienstbar zu machen". Im Zuge der Aktion wurden auch zwei Glocken der St. Marien-Gemeinde abtransportiert. Das Groß der Glocken wurde eingeschmolzen, darunter auch die Klangkörper aus Bückeburg. Zu den etwa 8000, die "überlebten", gehörten auch die Glocken aus Gorpe und Großendorf. Auf die Rückführung der Zeugnisse einstigen Deutschtums legten die polnischen und russischen Besatzer keinen Wert.
Anfang der 50er Jahre starteten die westdeutschen Bischöfe eine Art "Ausgleichsaktion". Dabei gelangten die niederschlesischen Glocken als "Leihglocken" nach Bückeburg - "bis zum Abschluss eines endgültigen Friedensvertrages", wie es in den Begleitpapieren heißt. Für die Bundesrepublik ist die Rückgabe der "Leihglocken" kein Thema. Die Glocken seien durch die Beschlagnahme in das Eigentum des Staates übergegangen, heißt es – und dessen Haftungsverpflichtungen seien durch die Entschädigungsregelungen komplett abgegolten.
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