Polizei Bielefeld ,
26.11.2004 :
Gemeinsame Presseerklärung von Staatsanwaltschaft und Polizei / Waffenfund bei zwei Rechtsextremisten in Bad Oeynhausen
26.11.2004 - 09.46 Uhr
Bielefeld (ots) - FB. Am 25.11.2004, ab 06.00 Uhr, wurden in Bad Oeynhausen auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Bielefeld mit richterlichem Beschluss durch Beamte des Polizeilichen Staatsschutzes erfolgreich zwei Wohnungen nach Waffen durchsucht. Bei den Beschuldigten handelt es sich um zwei Rechtsextremisten (31 Jahre und 20 alt), die als Führungsfiguren in einem nicht eingetragenen Verein agieren, der historische Schlachten mit möglichst originalgetreuen Uniformen nach stellt. Der Verein nennt sich "Europäischer Darstellungsverein für lebendige Geschichte" (EDLG) und hat seinen Hauptsitz in Bad Oeynhausen. Er versteht sich als Mitgliedsorganisation der weltumspannenden "Re-Enactment- Bewegung" (Enactment = Darstellung, Inszenierung), deren Ziel es ist, mit möglichst originalgetreuen Uniformen und Ausrüstungsgegenständen historische Schlachten nach zu stellen. Veranstaltungen dieser Art werden zunehmend populärer. Besonderheit des EDLG ist, dass er sich die "Waffen-SS" zum Vorbild genommen hat und vorzugsweise als "Leibstandarte SS Adolf Hitler" (LAH) auftritt. Um möglichen Schwierigkeiten in Deutschland auszuweichen, führen Vereinsangehörige ihre Darstellungsübungen überwiegend im Ausland durch. Bei nachgestellten Kampfhandlungen in Tschechien und oder der Slowakei werden auch Waffen benutzt. Der Mitgliederbestand des Vereins wird auf ca. 80 Personen geschätzt, von denen aber nur ca. 30 ideologisch den Ideen des Nationalsozialismus nahe stehen und entsprechendes Gedankengut verbreiten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte bei der seit Anfang 2004 laufenden Beobachtung des Vereins Hinweise darauf erhalten, dass die in Bad Oeynhausen wohnenden Mitglieder über Waffen verfügen, deren Besitz in Deutschland nach dem Waffengesetz bzw. dem Kriegswaffenkontrollgesetz strafbar ist. Aufgrund dieser Information, die umgehend an die Strafverfolgungsbehörden weiter gegeben wurde, bestand nun erstmalig die Möglichkeit, gegen die Verantwortlichen strafrechtlich vor zu gehen. Der Besitz von Kriegswaffen bedarf nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz der Genehmigung der zuständigen Polizeibehörde. Eine entsprechende Genehmigung durch die Kreispolizeibehörde Minden Lübbecke liegt bei beiden Beschuldigten nicht vor. Insofern besteht bei beiden Beschuldigten der Verdacht eines Verbrechens nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz. Zur Klärung der Frage, ob es sich bei den gefundenen Waffen tatsächlich um Kriegswaffen handelt, wurde eine vorläufige Begutachtung durch Waffenexperten des LKA mit folgendem Ergebnis vorgenommen: Bei dem 31-jährigen Beschuldigten wurde ein funktionsfähiger Verschluss eines Maschinengewehrs MG 42 gefunden, der einen Verbrechenstatbestand begründet. Weiterhin wurde bei ihm eine Maschinenpistole MP 40 und eine Eigenbauwaffe beschlagnahmt (Mischung aus verschiedenen
vollautomatischen Waffen), die im vorliegenden Zustand nicht funktionsfähig sind, allerdings nicht alle Kriterien für eine Unbrauchbarmachung erfüllen. Der endgültige Status dieser Waffen muss durch umfangreiche Untersuchungen beim Landeskriminalamt und gegebenenfalls beim Bundeskriminalamt geklärt werden. Ein weiterer Verstoß gegen das Waffengesetz liegt vor, weil der Beschuldigte über
eine einem Maschinengewehr nachempfundene Softairwaffe verfügte, die mit einem Laserpointer für echte Waffen ausgestattet ist. Bei beiden Beschuldigten wurde zudem erlaubnispflichtige Kartuschenmunition gefunden, über die sie nicht ohne entsprechende Berechtigungen verfügen dürfen. Der 31-jährige Beschuldigte, der als Vorsitzender des Vereins agiert, ist für den Polizeilichen Staatsschutz kein Unbekannter. Er wurde seit 1993 mehrfach wegen § 86 a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), Verstößen gegen das Waffengesetz (zuletzt 2001) und anderer Delikte verurteilt. Bei ihm wurde eine Maschinenpistole MP 40 gefunden. Bei dem 20-jährigen Beschuldigten wurde ein Maschinengewehr mit 2 Wechselläufen (nicht unbrauchbar gemacht) mit funktionsfähigem Verschluss beschlagnahmt, dessen Besitz ein Verbrechen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz ist. Außerdem besaß er eine Maschinenpistole MP PPSH (sowjetische Herkunft), die deshalb nicht als Kriegswaffe einzustufen ist, weil sie vor 1945 eingeführt wurde. Der endgültige Status dieser Waffe muss hinsichtlich eines möglichen Verstoßes gegen das Waffengesetz noch geklärt werden. Letztlich verfügte er noch über eine waffenscheinpflichtige Gaspistole, für die er keinen Waffenschein vorweisen konnte. Der 20-jährige zweite Beschuldigte ist staatsschutzmäßig bisher nicht in Erscheinung getreten, allerdings mehrfach wegen allgemeinkrimineller Straftaten verurteilt worden.
Aufgrund der ersten Durchsuchungsergebnisse wurden bei weiteren Vereinsmitgliedern in Pragsdorf/Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) und Hamburg Durchsuchungen durchgeführt. Die Durchsuchung in Neubrandenburg verlief negativ; in Hamburg wurden verschiedene Waffen gefunden, deren Bewertung hier noch nicht bekannt ist. Beide Beschuldigten werden heute auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bielefeld in Bad Oeynhausen dem Haftrichter vorgeführt.
Heute, um 14.30 Uhr, werden die sichergestellten Gegenstände (Waffen) im Polizeipräsidium Bielefeld , Kurt-Schumacher-Straße 46, (Raum 229) den Medienvertretern präsentiert. Weitere Fragen werden heute nachmittag von der Fachdienststelle beantwortet.
pressestelle@polizei-bielefeld.de
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