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Mindener Tageblatt , 27.06.2014 :

Vorstände von CDU und SPD segnen Kooperationsvereinbarung ab / Zwei Große und zwei Kleine schmieden eigene Pläne / Fraktion aus AfD und UB-UWG

Von Jürgen Langenkämper

Minden (mt). Zwei große Fraktionen, CDU und SPD, wollen in den nächsten Jahren die Geschicke des Kreises Minden-Lübbecke gemeinsam lenken. Zwei kleine Gruppen - AfD und UB-UWG - sind dabei, überhaupt erst eine Fraktion zu schmieden.

Mit 22 und 21 Sitzen lagen CDU und SPD nach dem Wahlabend nicht nur Kopf an Kopf dicht beieinander, jede der beiden großen Fraktionen hatte auch mehr Sitze errungen als der ganze Rest der übrigen politischen Parteien und Gruppen - sieben (!) an der Zahl - zusammen. Denn die kommen lediglich auf 17 Mandate im neuen Kreistag.

Für eine Kreistagsmehrheit wären politische Konstrukte aus mindestens drei, eher noch vier Fraktionen und Gruppen erforderlich. An einem solch heißen Eisen wollte und will sich niemand die Finger verbrennen.

Deshalb machte früh das Gerücht von einer "GroKo" die Runde. Wegen der ausstehenden Stichwahl des Landrats versuchten die Beteiligten aber, den Deckel auf der Gerüchteküche zu halten.

Seit Donnerstag steigt Dampf aus dem Kessel auf. "Der Unterbezirksvorstand hat die Kooperationsvereinbarung einstimmig gebilligt", bestätigte SPD-Geschäftsführer Ulrich Pock den Ausgang von Beratungen seines Parteivorstands am Mittwochabend. Mehr verriet der Sozialdemokrat nicht. Denn am heutigen Freitag wollen beide Fraktionen Einzelheiten in einer gemeinsamen Pressekonferenz im Kreishaus bekannt geben. Auf die verwies auch die CDU-Kreisvorsitzende Kirstin Korte (MdL) gestern von Düsseldorf aus.

Am anderen Ende der Sitze-Skala im Kreishaus bahnt sich unterdessen zwar keine Sensation, aber doch eine Überraschung an. Nachdem sich Kurt Riechmann (FWG / 2 Sitze) den allein umherschwimmenden Piraten Karl-Heinz Detert geangelt hatte, um eine Drei-Mann-Fraktion mit allen damit verbundenen Vorteilen aufmachen zu können (MT vom 24. Juni), stand die Frage im Raum, was wohl die übrigen Kleingruppen unternehmen könnten, um ihre Position bei Ausschussbesetzungen zu verbessern.

"Wir werden sehen, wie man sich einbringen kann", sagte Cathrin Marin (Linke) die bei zwei errungenen Kreistagssitzen nicht über den Gruppenstatus hinauskäme. "Wir wollen nicht eine Fraktion um jeden Preis." Und zu den beiden verbliebenen Aspiranten auf dem politischen Heiratsmarkt - Alternative für Deutschland (AfD) und Unabhängige Bürger - Unabhängige Wählergemeinschaft (UB-UWG) - sah sie "wenig Berührungspunkte".

Berührungsängste hat die UB-UWG dagegen eher nicht. "Wir sind bemüht, besser dazustehen", bestätigte Matthias Beier die Frage, ob er auf politischen Freiersfüßen stehe. Nach der schmutzigen Scheidung von der FWG im alten Kreistag zeigte er sich "sehr zufrieden" vom bisherigen Verlauf der Verhandlungen mit der AfD, die er als "sehr fair" empfand. Eine gemeinsame Pressemitteilung sollte nach Beiers Worten noch gestern, spätestens heute, folgen. Bis zum Abend blieb eine Anfrage bei der AfD unbeantwortet.

Bildunterschrift: Solitär: Matthias Beier (UB-UWG) startet den zweiten Versuch, Fraktionspartner zu finden.

Bildunterschrift: Zu klein für eigenständige Kreistagsfraktion: Thomas Röckemann (AfD) ist auf einen Juniorpartner angewiesen.


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Mindener Tageblatt, 08.08.2002:

Schill-Partei stößt in Minden auf recht wenig Resonanz / Gert Walter und Markus Wagner stellen sich in Minden als Kandidaten vor / Grundsatzreferat zur Parteiausrichtung

Von Jens Große

Minden/Porta Westfalica (jg). Die Informationsveranstaltung der Schill-Partei - Bezirksverband Minden-Lübbecke - hatte den Charakter einer Generalabrechnung mit dem Staatssystem der Bundesrepublik Deutschland. So will die Partei rechtsstaatlicher Offensive das Asyl-Grundrecht abschaffen und regelmäßige Volksabstimmungen einführen.

Anlässlich der Informationsveranstaltung zur Bundestagswahl stellte der Bezirksverband Minden-Lübbecke sein Team vor. Eigentlich hatte der Abend aber weniger den Charakter der Team-Präsentation, was die Veranstalter nicht müde wurden, zu betonen. Die Veranstaltung, die nur 15 Zuhörer ins Hotel Friedenstal anlockte, wurde letztlich nur von einem Mann dominiert, der nicht zum hiesigen Bezirk gehört. Markus Wagner, 38-jähriger Geschäftsmann aus Bad Oeynhausen und Direktkandidat des Bezirkes Herford, drückte dem Informationsabend derart seinen rhetorischen Stempel auf, dass das Bundestagswahlkampf-Team um Gert Walter aus Hüllhorst insgesamt blass blieb.

Walter zeigte zwar anlässlich seiner Begrüßung gewisse Moderations-Fähigkeiten, doch alle inhaltlich-programmatischen Äußerungen kamen aus dem Munde Wagners. So konnte der Vortrag von Michael Kaldewei, stellvertretender Vorsitzender des Bezirkes Minden-Lübbecke, zum Thema Bildungspolitik lediglich durch eine Aneinanderreihung inhaltsleerer Worthülsen glänzen. Fachliche, programmatische Bildungsvorschläge blieben Mangelware.

Markus Wagner, studierter Sozialpädagoge, räumte denn auch gleich mit dem öffentlich immer wieder geäußerten Vorurteil auf, dass der Parteivorsitzende Ronald B. Schill, Hamburger Innensenator, seit dem spektakulären Einzug in die Hamburger Bürgerschaft noch nichts für die Innere Sicherheit getan habe.

Wagners Sicht der Dinge: "Die offene Drogenszene am Hamburger Bahnhof ist verschwunden, 300 neue Polizeistellen wurden geschaffen, und 500 Berliner Polizeischüler werden jetzt an der Elbe übernommen."

Wagner, der allerdings nicht darüber sprach, dass Parteigründer Schill mit seinen Getreuen ursprünglich gar nicht zur Bundestagswahl antreten wollte: "Daran sehen Sie, meine Damen und Herren: Seit wir in Hamburg mitregieren, tut sich eine Menge in Sachen Sicherheit." In diesem Zusammenhang sprach sich Wagner, der bis 1996 CDU-Mitglied war und jetzt der Programmkommission der Schill- Partei angehört, gegen ein grundgesetzlich geschütztes Asyl-Recht einschließlich langer Instanzenwege - aus.

Wagner bevorzugt das Hamburger Modell: "Wer dort als Asylant keine gültigen Papiere vorweisen kann, und beispielsweise beim Dealen erwischt wird, kann sofort ohne Instanzenweg - ausgewiesen werden." Wagner, der für diese Äußerungen lautstarken Applaus erhielt: "Hamburg hat Verträge mit Dritt-Ländern geschlossen, um solche Asyl-Fälle sofort loszuwerden." Das müsse auch in Nordrhein-Westfalen möglich sein, forderte Wagner.

"Eine Bereicherung auf Steuerkosten"

Zu Beginn seines Referates hatte Wagner, der als Mitgesellschafter einer Sozialeinrichtung in Bad Oeynhausen tätig ist, den allgemeinen Zustand der repräsentativen Demokratie massiv angegriffen. Aktuelle Themen wie Bonus-Meilen und immer wiederkehrende wie Altersversorgung von Parlamentariern machten eins ganz deutlich, so Wagner, der ohne Manuskript rund 30 Minuten sprach: "Diese Herren bereichern sich auf Steuerkosten. Jeder normale Bürger würde dafür zur Rechenschaft gezogen." Wagner wörtlich: "Dafür würden viele von uns in den Knast gehen." Und weiter: "Sie sehen, dass unsere repräsentative Demokratie am Ende ist." Zukünftig müssten daher regelmäßig Volksabstimmungen stattfinden.


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