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Bad Oeynhausener Kurier / Neue Westfälische , 27.11.2004 :

Kriegswaffen nach Razzia sichergestellt / Polizei und Staatsschutz gelingt Schlag gegen Rechtsextreme / Zwei Bad Oeynhausener verhaftet

Bad Oeynhausen (nw). Polizei und Staatsschutz ist ein Schlag gegen die rechtsextreme Szene gelungen. Am frühen Donnerstagmorgen wurden ein 31- und ein 20-jähriger Bad Oeynhausener verhaftet. Die Männer sind im Besitz von Maschinengewehren und -pistolen und zugleich federführend im nicht eingetragenen "Europäischen Darstellungsverein für lebendige Geschichte" (EDLG) gewesen. Dieser Verein ist Teil einer internationalen Bewegung, deren Mitglieder nach Erkennnissen der Ermittler ideologisch dem Nationalsozialsmus nahe stehen. Die EDLG hat ihren Hauptsitz in Bad Oeynhausen.

Am gestrigen Nachmittag wurden die beiden Männer, jeweils begleitet von zwei Kriminalbeamten, der Haftrichterin am Amtsgericht, Britta Kurhofer-Lloyd, vorgeführt. Zunächst betrat der 31-Jährige den Raum 10 im ersten Stock. Etwa 15 Minuen später folgte der Jüngere. Wie die NW erfahren hat , soll zumindestens der ältere Bad Oeynhausener die Zusammenarbeit mit den Behörden signalisiert haben. Ungeachtet dessen blieb er nach Beschluss von Britta Kurhofer-Lloyd in Haft. Sein 20-jähriger Kumpane kam gegen Auflagen wieder frei.

Die beiden Beschuldigten, die gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen haben sollen, sind Führungsfiguren in dem etwa 80 Mitglieder starken EDLG, der mit gleichgesinnten in aller Welt historische Schlachten in den Uniformen der Waffen-SS - Adolf Hitlers Leibstandarte - nachstellt. Der Verein versteht sich als Mitgliedsorganisation der weltumspannenden "Re-Enactment-Bewegung" (Enactment = Darstellung, Inszenierung), zu der auch die 11th Virginia Infanterie gehören soll, die bereits in der Flutmulde den amerikanischen Bürgerkrieg nachstellte.

Der 31-Jährige Peter Schulz, Vorsitzender des EDLG, ist bereits mehrfach wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und anderer Delikte verurteilt. So war er unter anderem 1993 stellvertretender Vorsitzender der Herforder Republikaner und soll bis 1995 "Oberscharführer" der Wehrsportgruppe "Heimatschutzcorps Ostwestfalen" gewesen sein. Schulz soll inzwischen in Bergkirchen leben und Vater eines kleinen Kindes sein. Schon in Herford verstieß der 31-Jährige gegen Waffengesetze, was letztlich zur Auflösung des Kreisverbandes der Republikaner führte. Außerdem trat er im Hamburger Prozess gegen einen amerikanischen Neo-Nazi auf.

Dort wurde auch bekannt, dass Schulz für den Verfassungsschutz arbeiten soll, der ihn 1993 angeworben haben soll. Nach diesem Prozess musste Schulz angeblich um sein Leben fürchten: Anschläge auf ihn und angeblich auch auf sein Haus - das dabei abgebrannt sein soll - folgten. Sein 20-jähriger Vereinskollge wurde mehrfach wegen "allgemeinkrimineller Straftaten" verurteilt, wie die Polizei mitteilte.

Um möglichen Schwierigkeiten in Deutschland auszuweichen, führten die Mitglieder ihre Übungen laut Polizei im Ausland durch. Bei nachgestellten Kampfhandlungen in Tschechien und der Slowakei würden Waffen benutzt. Dort ist dann das Tragen der SS-Uniformen laut Verfassungsschutz dann "meist obligatorisch".

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte den Verein seit Anfang 2004 beobachtet und dabei Hinweise auf Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz erhalten. Bei den daraufhin nun durchgeführten Durchsuchungen wurden nach Angaben der Polizei unter anderem zwei Maschinenpistolen MP 40, ein Maschinengewehr und eine Maschinenpistole sowjetischer Herkunft sichergestellt. Zum Teil seien die Waffen allerdings nicht funktionsfähig gewesen, berichtete die Polizei. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Bielefeld, Harald Krahmüller, betonte, es gebe keine Hinweise, dass die beiden Verdächtigen geplant hätten, die Waffen für andere Zwecke als "Kriegsspiele" zu verwenden.

27./28.11.2004
lok-red.oeynhausen@neue-westfaelische.de

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