Zeitung für Schloß Holte-Stukenbrock / Westfalen-Blatt ,
14.02.2014 :
Himmlers Pläne für Wewelsburg / Markus Moors und der Kalender 1940
Von Monika Schönfeld
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). "Wewelsburg, Prof. Speer, Nordturm" - Heinrich Himmler, Reichsführer SS, hat 1940 in seinen Taschenkalender nur Stichworte eingetragen. Markus Moors und Moritz Pfeiffer, wissenschaftliche Mitarbeiter des Kreismuseums Wewelsburg, haben die Eintragungen in den Zusammenhang gestellt.
Markus Moors hat auf Einladung des Fördervereins Dokumentationsstätte Stalag 326, der Stadt und des Gymnasiums am Dienstag vor knapp 30 Zuhörern über die Schlüsse gesprochen, die aus den Eintragungen abzulesen sind. Das Buch "Himmlers Taschenkalender 1940" ist im Oktober im Schöningh-Verlag erschienen.
Am linken Rand jedes Tages steht eine Zahl in Rot. Am 28. März 1940 ist das die 211. "Das sind die Tage seit dem 1. September 1939", sagt Moors. Ein Indiz, dass für die Nationalsozialisten mit Kriegsbeginn eine neue Zeitrechnung begann. Eine weitere Zahl findet sich in Grün. "Heinrich Himmler hat sich sein Gewicht in Pfund aufgeschrieben." Am 28. März waren das 150.
Markus Moors, Diplom-Politikwissenschaftler und Archivar, arbeitet seit 2006 im Kreismuseum Wewelsburg. Das Kreismuseum hat Himmlers Taschenkalender 2010 im Auktionshandel gekauft, das Bundesarchiv hat die Echtheit bestätigt. Das Heftchen ist jetzt Teil der Dauerausstellung "Ideologie und Terror". Gekauft wurde der Kalender, weil darin steht, dass Albert Speer auf der Wewelsburg war. Speer war Architekt, Rüstungsorganisator in der Zeit des Nationalsozialismus und ab 1942 Reichsminister für Bewaffnung und Munition. Als Favorit Adolf Hitlers machte er ab 1933 eine kometenhafte Karriere. Ab 1937 war er Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt, plante und leitete zahlreiche Monumentalbauvorhaben Hitlers, die den NS-Herrschaftsanspruch unterstreichen sollten.
Speer sollte Himmler 1940 als Bauleiter auf der Wewelsburg bestätigen. Dessen Architekt, Hermann Bartels, hatte weit tragende Pläne mit der Wewelsburg. So sollte der Nordturm des alten, im 17. Jahrhundert erbauten Schlosses, das Zentrum einer kreisrunden Festung werden, die einen Radius von mehr als 450 Metern haben sollte. Als Burg für SS-Offiziere sollte sie das Casino, eine Versammlungsstätte, aber keine Kultstätte werden. Das Dorf Wewelsburg sollte dafür weichen. 1943 wurden die Arbeiten an der Burg eingestellt. Im Keller des Nordturms ist die "Gruft", auch Walhalla, genannt. Die Geschichten, die über Vorgänge in der Gruft erzählt werden, seien Legenden, sagt Moors. Der Nordturm sei bei Kriegsende Baustelle gewesen.
"Die SS war aus Himmlers Sicht die vollkommende Verkörperung des Nationalsozialismus. Kampf und Krieg wurden zur Daseinsform. Ziel war, immer wieder neue Gegner zu suchen, aufzuspüren oder zu erfinden. Das Ideal war nicht der Arier, sondern der soldatische Mann. Emotionslos, sachlich, hart - anders als ihre Väter, die den Ersten Weltkrieg verloren hatten. Das Morden war kein moralisches Problem, sondern etwas, das Männer hart machte."
Die Wewelsburger, so Moors, hätten sich mit der Vergangenheit des Ortes lange schwer getan. Es habe eine Bürgerinitiative gegen ein "Nationalistisches Freilichtmuseum" gegeben. Erst im Jahr 2000 sei ein Mahnmal auf dem Appellplatz aufgestellt worden, auf Initiative Wewelsburger Jugendlicher. "Denen konnte man das schlecht abschlagen."
Bildunterschrift: Der Taschenkalender Heinrich Himmlers aus dem Jahr 1940 war das Thema von Markus Moor (Mitte), wissenschaftlicher Mitarbeiter des Kreismuseums Wewelsburg. Der Vorsitzende des Fördervereins Dokumentationsstätte Stalag 326, Manfred Büngener (links), und Markus Barlage, Lehrer am Gymnasium und Organisator der Anne Frank-Ausstellung.
SHS@westfalen-blatt.de
|