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Klaus Voigt , 09.03.2002 :

... Straße nach einem Opfer der Deportation benannt werden sollte

An den Bürgermeister
der Stadt Horn-Bad Meinberg
Herrn Eberhard Block

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

von meinen Kollegen in Detmold erfuhr ich, dass die Stadt Horn-Bad Meinberg plant, eine Straße nach einem aus Fossoli bei Carpi deportierten Kind zu benennen. Auf Bitten meiner Kollegen habe ich mich deshalb an das Jüdische Dokumentationszentrum in Mailand und die an ihm tätige Herausgeberin des Gedenkbuchs für die aus Italien deportierten Juden (Il libro della memoria. Gli ebrei deportati dall'Italia. 1943 – 1945) gewandt, die mir bei der Suche nach dem kleinsten aus Fossoli deportierten Kind behilflich war. Wir sind beide der Ansicht, dass die Straße nach einem Opfer der Deportation benannt werden sollte. Insofern käme Regina Labi, deren Eltern aus Libyen stammten, nicht in Betracht, denn sie hat in Bergen-Belsen überlebt. Frau Picciotto schlägt deshalb Richard Silberstein vor, der am 29. März 1944 im Krankenhaus von Carpi geboren und am 18. Mai 1944 mit seinen Eltern von Fossoli nach Auschwitz gebracht wurde. Die Eltern stammten aus Wien und waren wahrscheinlich nach der Übernahme der italienischen Besatzungszone Frankreichs im Herbst 1943 durch deutsche Truppen nach Italien geflohen.

Die Initiative der Stadt Horn hat die Mitarbeiter des Jüdischen Dokumentationszentrums in Mailand sehr beeindruckt. Sie wird in Italien, vor allem in den Jüdischen Gemeinden, als Zeichen der Besinnung einer Stadt auf ihre Vergangenheit sehr positiv aufgenommen werden. Ich würde mir daher von Herzen wünschen, dass die Initiative, für die ich in Deutschland kein zweiters Beispiel nennen kann, erfolgreich ist.

Ich beschäftige mich als Historiker besonders mit der Geschichte der jüdischen Flüchtlinge in Italien. In diesem Zusammenhang habe ich im November an dem in Detmold veranstalteten Symposium "Von Italien nach Auschwitz" teilgenommen und war ich zu Gast in Horn beim Empfang für Demos Malavasi, den Bürgermeister von Carpi. Vor kurzem habe ich in der Stadt Nonantola bei Carpi eine kleine Ausstellung "Die jüdischen Kinder der Villa Emma" durchgeführt, die Ende Januar 2003 auch in Detmold gezeigt werden wird.

Mit freundlichen Grüßen


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