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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 01.11.2004 :

Gegengewicht zu Hitlers Propaganda / Libori im Nationalsozialismus: Ulrich Wagener konzentrierte sich vor allem auf das Libori-Jubiläumsjahr 1936

Paderborn (kv). Festveranstaltung der Liborius-Gesellschaft zum Herbstliborifest: der Vortrag von Professor Ulrich Wagener aus Paderborn beschäftigte sich mit dem Liborifest in der Zeit des Nationalsozialismus.

"Der traditionelle Festvortrag soll zeigen, dass Paderborn nicht nur eine erfolgreiche Industrie- und Universitätsstadt ist, sondern auch eine Stadt mit christlicher Tradition und einer 1200-jährigen Geschichte als Bischofstadt", eröffnete Bürgermeister Heinz Paus den Abend im Rathaus. Dabei dürfe man aber auch nicht vergessen, dass gerade diese christliche Prägung den Nazis ein Dorn im Auge gewesen sei.

Steigende Furcht vor der katholischen Konkurrenz

Genau diesen Eindruck bestätigte auch der Vortrag von Professor Ulrich Wagener, der sich besonders auf die Ereignisse im Jahre 1936 bezog, als Paderborn die 1100-jährige Wiederkehr der Übertragung der Reliquien des hl. Liborius feierte. Dieses Liborifest habe im Besonderen zum Ziel gehabt, die kirchliche Kraft nach innen und nach außen zu verstärken, so Wagener. "Somit stieg natürlich auch die Furcht der Nazis vor der katholischen Konkurrenz", erklärte er.

Er zitierte aus einem brieflichen Dialog der Gestapo Bielefeld mit Berlin, in dem es heißt, es sei sehr bedenklich, dass der Katholizismus gerade im Raum Paderborn immer deutlicher an Boden gewinne.

Trotz Versuchen der Gestapo, das Andrang zum Liborifest durch Absperrungen oder andere - vorwiegend verkehrspolizeiliche - Maßnahmen einzudämmen, ließen es sich fast 150.000 Festgäste nicht nehmen, in der Liboriwoche die Kirchen Paderborns aufzusuchen. "In 650 Sonderzügen wurden etwa 55.000 Gäste aus dem Umland nach Paderborn gebracht", berichtete Wagener. Der Andrang habe sogar solche Ausmaße angenommen, dass am Festsonntag der Dom bereits um neun Uhr wegen Überfüllung geschlossen wurde. Wagener: "In der Marktkirche und auf dem Domplatz wurden sogar Parallelgottesdienste abgehalten und erst um 22 Uhr endete die Besichtigung des Schreins des hl. Liborius."

Als Fazit fasste Wagener zusammen, dass die Kirche zwar keine offene Auflehnung gegen den Staat der Nationalsozialisten gezeigt habe, was seiner Meinung nach aber auch nicht zu erwarten gewesen sei, dass sie aber dennoch durch das Festhalten am christlichen Glauben ein deutliches Gegengewicht zu Hitlers Propaganda dargestellt habe.

Als Dank und Anerkennung für seinen Vortrag erhielt der Professor eine Medaille aus den Händen von Bürgermeister Paus.

Musikalisch umrahmt wurde der Vortrag von Pianist Denis Wiens, der Schüler des Gymnasiums in Schloß Neuhaus ist und seit seinem sechsten Lebensjahr Klavier spielt.

01./02.11.2004
lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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