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Neue Westfälische , 24.01.2013 :

Rechtsradikale schreiben Schulen an / Paderborner Pelizaeus-Gymnasium informierte den Staatsschutz / Ermittlungen wegen Volksverhetzung

Von Hubertus Gärtner

Paderborn / Bielefeld. Mit einem Pamphlet, in dem unter anderem die Schuld der Deutschen am Zweiten Weltkrieg geleugnet wird, versuchen zwei einschlägig bekannte Rechtsextreme derzeit offenbar an zahlreichen Schulen in Deutschland für ihre Ideologie zu werben. Auch das Pelizaeus-Gymnasium in Paderborn hat das Schreiben erhalten. Es setzte sich jedoch mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr.

Das Paderborner Gymnasium habe im November die dubiose Post erhalten, sagt Schulleiter Peter Lütke Westhues. Sie war adressiert "an die Lehrkräfte für Geschichte" und enthielt angebliche Argumente "gegen die These deutscher Kriegsschuld". Aufgeführt wurde eine lange Liste deutscher Kriegsgegner. Amerikanische U-Boote, "getarnt als deutsche", hätten brasilianische Handelsschiffe beschossen, um das südamerikanische Land in den Krieg zu ziehen, heißt es beispielsweise in dem Brief.

Dessen Absender sind Rolf Syffert aus München und Georg Wiesholler aus Ottobrunn. Ersterer ist nach eigenen Angaben Lehrer im Ruhestand, Wiesholler pensionierter Studienrat. "Wir konnten und wollten nicht kritiklos hinnehmen, dass man mit solchen Schreiben versucht, die Mitte der Gesellschaft mit rechtsradikalem Gedankengut zu unterwandern", sagt Schulleiter Lütke Westhues.

Die Angelegenheit sei deshalb "im Leistungskurs Geschichte behandelt" worden. Die Schüler hätten umfangreiche Recherchen im Internet angestellt und herausgefunden, dass die Verfasser des Briefes aus der rechten Szene bekannt seien. Außerdem informierte das Paderborner Gymnasium den Polizeilichen Staatsschutz in Bielefeld.

Wie ein Sprecher dort auf Anfrage dieser Zeitung bestätigte, wurde inzwischen gegen die beiden Absender Strafanzeige wegen Volksverhetzung erstattet. Auch die Bielefelder Staatsanwaltschaft wurde informiert. Sie hat das Verfahren allerdings nach München abgegeben, weil der Brief in München abgeschickt wurde und deshalb vermutlich dort der Tatort liegt. Die Münchener Staatsanwaltschaft I wollte sich "ohne Kenntnis des genauen Sachverhalts" nicht äußern.

Die Ex-Pädagogen Syffert und Wiesholler seien bereits "wegen rechter Straftaten in Erscheinung getreten", heißt es beim Bielefelder Staatsschutz. Wiesholler wurde im Oktober 2010 vom Landgericht München - zusammen mit der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel aus Vlotho - wegen Beihilfe zur Volksverhetzung verurteilt, weil er eine Broschüre verlegt hatte, in der der Holocaust geleugnet wurde. Unter dem Namen und der von Syffert angegebenen Münchener Adresse ist eine Firma eingetragen, die unter anderem Haus- und Grundstücksverwaltung betreibt. Bei dem oben geschilderten Sachverhalt stellt sich unter anderem auch die Frage, ob gegen die beiden Absender des Briefes Disziplinarverfahren eingeleitet worden sind und ob sie volle Pensionen als ehemalige Lehrer erhalten. Nach ihren eigenen Angaben haben die beiden Rechtsradikalen ihre aktuellen Pamphlete an mehr als 800 Schulen sowie etwa 1.000 Volkshochschulen geschickt. Ob auch weitere Schulen in OWL die Schreiben erhalten haben, ist offen. Beim Bielefelder Staatsschutz hat sich bislang nur das Paderborner Pelizaeus-Gymnasium gemeldet und von dem Brief berichtet.

Bildunterschrift: Empört: Schulleiter Peter Lütke Westhues.


hubertus.gaertner@neue-westfaelische.de

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