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junge Welt , 13.10.2004 :

Nur tapfere Soldaten? / In Hameln findet am Freitag das 50. Treffen der rechten "Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger" statt / SPD-Landrat verzichtet nach Protesten auf persönlich vorgetragenes Grußwort

Jana Frielinghaus

Landrat Karl Heißmeyer fand zunächst nichts dabei, bei der Jubiläumsschaffe der Ritterkreuzträger aufzutreten und ein Grußwort zu sprechen. Nach einem Bericht der Deister- und Weserzeitung (DeWeZet) wollte der Sozialdemokrat die 300 zu dem Treffen erwarteten Exmilitärs persönlich begrüßen. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Ritterkreuz für "hervorragende Tapferkeit, weit überdurchschnittliche Verdienste in der Truppenführung oder eine kampfentscheidende Leistung nach selbständigem Entschluß" stets von Adolf Hitler selbst verliehen. Unter den gut 7.300 Ritterkreuzträgern waren 438 Mitglieder der Waffen-SS. Zu den auszeichnungswürdigen Taten gehörte auch die Beteiligung an der Niederschlagung des Aufstandes im Warschauer Ghetto. Unter den Ritterkreuzträgern ist beispielsweise der SS-General Oskar Dirlewanger, bekannt als der "Schlächter von Katyn".

Die "Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger" hat heute noch knapp 450 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von 87 Jahren. Am 15. Oktober wollen sich die Veteranen im Hamelner Weserberglandzentrum zu ihrem 50. Treffen versammeln – also in einem Gebäude, das der Stadt Hameln gehört. Deren parteiloser Oberbürgermeister Klaus Arnecke distanzierte sich zumindest verbal von der Tagung.

Karl Heißmeyers Genosse Rudolf Scharping befand während seiner Zeit als Bundesverteidigungsminister, die Ordensgemeinschaft werde von Leuten geführt, "die sehr nahe am Rechtsradikalismus sind, zum Teil direkt drin". Deshalb kündigte er im März 1999 an, alle Verbindungen zwischen Bundeswehr und der Gemeinschaft zu kappen. Der 1955 gegründete Verein widmet sich laut Satzung der Pflege und Förderung der Tradition des "echten Soldatentums". Das Vereinsblatt Das Ritterkreuz beklagte noch Ende der 90er Jahre die "Umerziehung" der Bundesbürger. Erst kürzlich hieß es darin: "Es muß uns mit Schmerz erfüllen, daß Ostpreußen, Ostpommern, Brandenburg und Schlesien polnisch besetztes Gebiet bleiben werden. Aber in unseren Herzen wird immer ein Licht brennen, daß dieses deutsche Land nicht ewig von uns getrennt sein wird." Das niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz sieht indes keinerlei Veranlassung, die Organisation zu beobachten. Ein Sprecher der Behörde sagte dem NDR-Fernsehen, es gebe in dem Verein "sicher ehemalige SS-Angehörige mit entsprechender Ideologie". Gleichwohl entfalte die Ordengemeinschaft "keine Aktivitäten, die bisher ein Einschreiten des Verfassungsschutzes nötig gemacht hätten". Die Einschätzungen der "Verfassungsschützer" zum seit Jahr und Tag mißtrauisch beäugten Bund der Antifaschisten – Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) lesen sich da gänzlich anders.

Anfang vergangener Woche protestierte der niedersächsische Landesverband der Grünen gegen den von Karl Heißmeyer geplanten Auftritt. Grünen-Landeschefin Brigitte Pothmer verlangte vom SPD-Landesvorsitzenden Wolfgang Jüttner, er möge den Landrat davon abhalten. Jüttner erklärte umgehend, es sei "völlig inakzeptabel, vor einem solchen Verein zu reden". Anschließend tagte die SPD-Kreistagsfraktion, wo man Heißmeyer offenbar ins Gebet nahm. Am 5. Oktober schrieb der 66-Jährige in einer persönlichen Stellungnahme: "Wer mich kennt, weiß, dass ich fest in sozialdemokratischer Tradition stehe, dass auch meine Familie ( ... ) Verwundete und Tote durch den 2. Weltkrieg zu beklagen hat, und dass ich als pensionierter Offizier der Bundeswehr ein pflichtbewußter 'Bürger in Uniform' war und bin." Sein Grußwort an die Ordensgemeinschaft wäre "kritisch ausgefallen", versichert er. Dennoch habe er "nach nochmaliger Bewertung die Entscheidung getroffen, weder ein Grußwort zu sprechen noch an dem Treffen teilzunehmen".

Das Grußwort ist dennoch in der Welt. Der DeWeZet lag es schriftlich vor, und sie zitierte daraus. Heißmeyer hat darin geschrieben, der heute noch mit Stolz getragene Orden bedeute nicht, "dass der ausgezeichnete Soldat ein glühender Nationalsozialist war, sondern nur, dass er ein tapferer Soldat im Dienste seines Vaterlandes war". Er werte das Kreuz "nur als soldatische Leistung und nicht in Verbindung mit dem verbrecherischen Regime".

* Demonstration der IG Metall, der beiden jüdischen Gemeinden, der VVN-BdA und der Antifaschistischen Aktion Hameln-Pyrmont gegen das Treffen der "Ordensgemeinschaft" am 15. Oktober um 17.30 Uhr auf dem Hamelner Rathausplatz.


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