Der Patriot - Lippstädter Zeitung ,
07.10.2004 :
Cellistin in Auschwitz / Die Holocaust-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch liest auf der Studiobühne aus ihrem Buch "Ihr sollt die Wahrheit erben"
Lippstadt. Die Holocaust-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch liest am Dienstag, 12. Oktober, auf der Lippstädter Studiobühne aus ihrem Buch "Ihr sollt die Wahrheit erben." Die Veranstaltung des Kunst- und Vortragsrings beginnt um 20 Uhr.
" ... nie wieder meine Füße auf deutschen Boden zu setzen" hatte sich Anita Lasker-Wallfisch 1946 geschworen, nachdem sie als Cellistin im "Mädchenorchester" von Auschwitz die Hölle der Konzentrationslager überlebt hatte.
44 Jahre später brach sie ihren Schwur, als sie mit dem Englischen Kammerorchester eine Tournee durch Deutschland machte. Diese führte sie in die Nähe von Bergen-Belsen. Ihre zunächst scheue Begegnung mit jungen Menschen, die nie Nazis gewesen sein konnten, brachte sie wieder zur deutschen Sprache, die sie nie wieder sprechen wollte und zu der Erkenntnis, dass man mit Hass nicht nur seine Umwelt sondern sich selbst vergiftet.
So machte sie zunächst für ihre bereits erwachsenen Kinder Aufzeichnungen zum Holocaust, der mit Schweigen nicht aus der Welt zu schaffen ist, damit sie die Wahrheit erben konnten. Das daraus entstandene Buch machte die Autorin in England wie in Deutschland zu einer gefragten Zeitzeugin in Funk und Fernsehen. Ihre besondere Aufgabe sieht Anita Lasker-Wallfisch aber darin, vor jungen Menschen ihre wahrlich unfassbare Geschichte zu erzählen.
Die 1925 in Breslau geborene Jüdin blieb nach der Deportation und Ermordung ihrer Eltern 1942 mit ihrer Schwester Renate zurück. Als Zwangsarbeiterinnen bekamen sie Kontakt zu einer Widerstandsgruppe, wurden jedoch entdeckt und verhaftet. Die beiden Schwestern kamen getrennt voneinander nach Auschwitz, wo sie sich durch einen unglaublichen Zufall wiederfanden. Als Cellistin des "Mädchenorchesters" konnte Anita nicht nur sich, sondern auch ihre Schwester retten. 1944 wurden beide nach Bergen-Belsen transportiert und dort von den Engländern befreit.
Nach ihrer ersten Lippstädter Lesung vor zwei Jahren sei immer wieder der Wunsch geäußert worden, die Autorin noch einmal einzuladen, und das sei nun zwischen mehreren Fernsehauftritten gelungen, so der Kunst- und Vortragsring.
Karten gibt es in der Kulturinformation im Rathaus, Telefon: 02941 / 58511.
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