Neue Westfälische ,
14.12.2011 :
Kollegah: Jugendamt will Indizierung
Bremen/Bielefeld (stg). Nach der Bremer Landesfrauenbeauftragten Ulrike Hauffe hat sich jetzt auch das Bremer Jugendamt an die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gewandt, um mehrere Songs des umstrittenen Rappers Kollegah auf den Index setzen zu lassen. Das bestätigte ein Sprecher der Bremer Jugend- und Sozialbehörde dieser Zeitung. Kollegah tritt heute in Bremen und am Freitag in Bielefeld auf.
Während es sich bei Hauffes Vorstoß um eine bloße "Anregung" handelte, stellte das Jugendamt jetzt einen förmlichen Antrag, über den die Bundesprüfstelle nun entscheiden muss. Falls der Antrag Erfolg hat, dürften die entsprechenden Lieder nicht mehr für Jugendliche zugänglich gemacht werden. Die Bremer Behörde rechnet nicht damit, dass die Prüfstelle noch vor den Konzerten eine Entscheidung fällt. Laut Jugendamt ist eine Reihe von Textpassagen frauenfeindlich, rassistisch und Gewalt verherrlichend, wie der Sprecher sagte.
In Bielefeld ist das Konzert vom Jugendzentrum Kamp in die Disco "Stereo" verlegt worden. Der AStA der Uni und der FH Bielefeld sowie andere Gruppen hatten den geplanten Auftritt im Jugendzentrum kritisiert.
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Neue Westfälische, 10.12.2011:
"Zuhälter-Rap" soll auf den Index / Die Stadt Bremen wehrt sich gegen frauen- und schwulenfeindlichen Musiker Kollegah
Bielefeld/Bremen (stg/krü). Bisher schien sich keiner groß an seinen diskriminierenden und brutalen Texten zu stören - jetzt stößt er auf geballten Widerstand. Die Bremer Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe hat sich an die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gewandt, um frauen- und schwulenfeindliche Lieder des bekannten Rappers Kollegah auf den Index setzen zu lassen.
Erst vor wenigen Tagen hatte sich auch in Bielefeld massive Kritik am geplanten Schauplatz für ein Konzert am 16. Dezember geregt. Das Jugendzentrum "Kamp", zumal von der Stadt finanziell unterstützt, sei nicht der richtige Ort für Kollegahs jugendgefährdende Texte, hatten Jugendzentrum und der AStA der Uni und der FH Bielefeld argumentiert. Wegen der großen Nachfrage nach Tickets muss das Konzert nun ohnehin an einen anderen Ort verlegt werden.
Die Bremer Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe hat sich an die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gewandt, um frauen- und schwulenfeindliche Lieder des bundesweit bekannten Rappers Kollegah auf den Index setzen zu lassen. Kollegah, dessen Musik als "Zuhälter-Rap" firmiert, will bei seiner jüngsten Deutschlandtournee auch in Bremen auftreten. Doch gegen das Konzert am kommenden Mittwoch gibt es schon seit Tagen Proteste. Nach der DGB-Jugend und der Frauenbeauftragten forderte am Freitag auch die SPD eine Absage des Auftritts - wegen der "extrem frauenverachtenden, homophoben und gewaltverherrlichenden Liedtexte".
Die beschönigende Werbung eines Bremer Musikclubs für das Konzert konterten Kritiker mit Zitaten aus Kollegah-Songs: "Ey, ich schlage hobbymäßig mit ’nem Stock schwule Rapper“ oder „Ich bau Aggressionen ab durch Vergewaltigung von Bordsteinschlampen". Der Musikclub wies alle Proteste zurück: "Auch wenn sich uns bei solchen Texten die Haare sträuben, sind sie in der Szene üblich und werden nicht als Aufforderung zu Gewalt verstanden." Kollegahs Plattenfirma Selfmade Records schreibt auf ihrer Internetseite, dass Hiphop-Musik nun mal von Grenzüberschreitungen und Übertreibungen lebe: "Sollten die Textstellen einen falschen Eindruck vermittelt haben, so bittet Kollegah um Entschuldigung."
Falls die Bundesprüfstelle den Indizierungs-Vorstoß aufgreift, dürfen Kollegahs Lieder nicht mehr für Jugendliche zugänglich gemacht werden - allen Entschuldigungen zum Trotz.
Bildunterschrift: In der Kritik: Rapper Kollegah.
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Allgemeiner Studierendenausschuss der Fachhochschule Bielefeld, 08.12.2011:
Stellungnahme zur Diskussion um den Rapper "Kollegah"
Mittlerweile hat es viel Wirbel um das Konzert des Rappers "Kollegah" gegeben, das ursprünglich am 16.12.2011 in den Räumen des JZ Kamp stattfinden sollte. Aus den Medien ist zu entnehmen, dass die Raumverlegung ins "Stereo" auf Grund der hohen Nachfrage erfolgt ist. Nicht auszuschließen ist aber auch, dass der Druck auf die veranstaltende Gruppe "Kulturkombinat Kamp e.V." gestiegen ist.
Nach dem ersten offenen Brief an die veranstaltende Gruppe, der auch vom AStA der Fachhochschule Bielefeld unterzeichnet wurde, gab es wie auf der Seite des Feministischen Referats der Uni Bielefeld zu lesen ist, einen zweiseitigen Beitrag einer Initiative Namens "DIS-harmonie" zum Thema Pornorap und zum Auftritt des Rappers. Daraufhin wurden die Lokalzeitungen aktiv und titelten Überschriften, wie: "Streit um Kollegahs Zuhälter Rap" oder "Kollegah Auftritt vom JZ Kamp ins Stereo verlegt".
Letzten Endes hat sich auch das Jugendamt eingeschaltet und für eine Absage plädiert. Die Einmischung staatlicher Institutionen, die auf ein Verbot mit möglichen Sanktionen hinwirken, ist weder der Weg, den wir gehen wollen, noch das Ziel. Viel eher haben wir gehofft, dass sich die veranstaltende Gruppe bewusst wird, welchen Inhalten sie dort eine Bühne geben. Für die Zukunft wäre das wünschenswert.
Das Kulturkombinat Kamp
Auch wenn das Konzert nun in andere Räume verlegt wurde, die Inhalte des Rappers bleiben dieselben! Eine Auseinandersetzung auf inhaltlicher Ebene von Seiten des "Kulturkombinat Kamp e.V." hat es nur unzureichend gegeben. In einer eigenen Stellungnahme wird von Programmvielfalt gesprochen. Dass darunter auch sexistische und menschenverachtende Inhalte Platz finden ist nicht hinnehmbar!
Mit der Begründung, dass im Zeitalter digitaler Medien Jugendliche einen ständigen Zugang zu solcher Musik haben ist auch uns vom AStA der Fachhochschule Bielefeld bekannt, stellt allerdings für uns keine Beweggründe dar, um solch fragwürdigen Inhalten eine Bühne zu geben. Würden, wie von der Initiative "DIS-harmonie" beschrieben, sexistische Inhalte durch rassistische ersetzt werden, gäbe es vermutlich nicht die Frage Kollegah eine Bühne zu bieten.
Zu verdeutlichen an dieser Stelle ist, dass Rassismus und Sexismus von der Struktur der Diskriminierung gleich sind! Sexistische und antihomosexuelle Diskriminierung scheint leider für viele der Beteiligten kein großes Problem darzustellen. Ebenso versucht das "Kulturkombinat Kamp e.V." den Auftritt des Rappers zu verharmlosen, indem gesagt wird, dass diese Form der Musik und Inhalte längst keine Randerscheinungen mehr seien, sondern den Geschmack der breiten Masse treffen würden.
Auch hier wird deutlich, dass es von Seiten der VeranstalterInnen offensichtlich keine Bedenken mit Kollegahs Inhalten gibt, da es eine gesellschaftliche Akzeptanz von Diskriminierung übelster Sorte gibt. Solchen Leuten eine Bühne zu bieten bedeutet auch, die dargestellten Inhalte mit zu reproduzieren!
Das Jugendzentrum
Paradox mag es erscheinen, dass ein Konzert mit Kollegah in einem Jugendzentrum stattfinden soll, indem tagsüber von SozialarbeiterInnen versucht wird, Jugendlichen einen respektvollen Umgang mit anderen Menschen und Geschlechtern aufzuzeigen. Später abends dann, treten vermeintliche Vorbilder auf die Bühne und vermitteln zutiefst antihomosexuelle und in brutalster Weise frauenverachtende Bilder.
Auch wenn nicht nur die im JZ Kamp eingesetzte Sozialarbeit sich gegen Kollegahs Texte ausspricht und sie kritisiert, hat sie eins zum Ziel: Jugendliche mit "sozialen Defiziten" so zu formen, dass sie zu angepassten und normierten Gesellschaftsmitgliedern werden. Ziel hierbei ist nicht, eine emanzipatorische Bewusstseinsbildung, die den Jugendlichen ermöglicht, selbstbestimmt ihr Leben in die Hand zu nehmen.
Das Problem heißt nicht Hip Hop!
Hip Hop findet sich seit über 40 Jahren in (sub-)kulturellen Lebenswelten, nicht nur jugendlicher Menschen wieder. Ziel unseres ersten offenen Briefes war nicht zu sagen, dass wir (deutschsprachigem) Hip Hop
beziehungsweise Rap eine Absage erteilen, sondern den von Kollegah vermittelten Inhalten. In einem Jugendzentrum, welches an sich selbst scheinbar den Anspruch hat, keine sexistischen Diskriminierungen zuzulassen, stellt sich die Frage warum Gäste wie Kollegah eingeladen werden, die Abends auf der Bühne beispielsweise von Vergewaltigungen in positiver Form rappen.
"Kulturfaschismus"?!
Der Vorwurf eines "privaten Veranstalters der Rap Szene", dass hier Kulturfaschismus betrieben wird ist in keiner Weise hinnehmbar. Faschismus ist eine Ideologie der Vernichtung, die während der Zeit des Nationalsozialismus Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Die inflationäre Verwendung des Wortes Faschismus ist für die Opfer desselbigen mehr als verhöhnend. Weiterhin werden der Begriff und die damit verbundene Gräueltaten verharmlost.
Wenn Kritik an Inhalten geübt wird, die massivst frauenverachtend und antihomosexuel sind und Vergewaltigungen als etwas Positives darstellen, dann gleicht es einem Schlag ins Gesicht, die mit der Kritik einhergehenden Forderungen als Kulturfaschismus zu bezeichnen.
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Neue Westfälische 01 - Bielefeld West, 02.12.2011:
Kollegah rappt jetzt im "Stereo" / Mehr als 450 verkaufte Karten machen einen Umzug des "Gangsta-Rappers" nötig / "Keine unbedarften Jugendliche im Konzert"
Von Carmen Pförtner
Bielefeld. Der Streit um das Konzert von "Gangsta"-Rapper Kollegah entwickelt sich zu einer Grundsatz-Debatte in Bielefeld. Ein privater Veranstalter der Rapper-Szene wirft der Stadt Bielefeld "Kulturfaschismus" vor, weil ein weiteres Konzert, das im Falkendom stattfinden sollte, abgesagt wurde. Kollegahs Show wird jetzt vom Kamp ins Stereo verlegt. Von den Streitereien profitiert zumindest einer: Die Karten von Kollegah gehen weg wie warme Semmeln.
"Über 450 Karten sind schon verkauft", sagt Cayan Cankatli, Programmverantwortlicher des Kamp. Das seien schon jetzt, zwei Wochen vor Konzertstart, mehr als doppelt soviel wie erwartet. Damit seien die Kapazitäten des Kamp weit überschritten. "Wir haben gestern mit dem Stereo verhandelt. Kollegah wird dort auftreten", so Cankatli. Grund für die Verlegung sei ausschließlich das rasant ansteigende Interesse und nicht die Diskussion, ob ein Musiker wie Kollegah im Jugendzentrum auftreten sollte. "Aber dieser Umstand spielt jetzt natürlich allen Seiten zu und ist ein netter Nebeneffekt", so Cankatli.
Die Auseinandersetzung hat allerdings eine Grundsatzdiskussion in Bielefelder Kulturkreisen ausgelöst. Ein privater Konzertveranstalter, der versucht hat, die Band "Trailer Park" in den Falkendom zu buchen, wirft der Stadt "Kulturfaschismus" vor. "Konzerte und Veranstaltungen von Rappern und HipHop-Künstlern werden hier kategorisch verhindert", so der Bielefelder. Er sieht vor allem finanzielle Abhängigkeiten zwischen Jugendamt und den Falken, die als Jugendhilfeträger subventioniert werden und den Veranstaltungsort Falkendom und zum Teil das JZ Kamp unterhalten.
Von "Vertrauen in die Kooperationspartner" spricht dagegen der stellvertretende Jugendamtsleiter Michael Wendt. "Die Häuser wissen, was sie tun." Und nicht alles, was dort passiert, müsse dem Geschmack Wendts gefallen. "Aber es gibt Auftritte, die über das tolerierbare und akzeptierbare Maß hinausgehen."
Von "Kulturfaschismus" will auch Ulrich Gödde, Geschäftsführer der Falken, nichts wissen. Sie hätten das Konzert aus einem einzigen Grund nicht im Falkendom haben wollen: "Kritische Nachfragen haben uns gezeigt, dass die Texte als bedenklich eingestuft werden."
Gegen den Vorwurf, die Szene untergraben zu wollen, wehrt er sich vehement: "Wir haben einige Jahre die HipHop-Szene in Bielefeld stark unterstützt", sagt Gödde. Das sei aber nach und nach schwieriger geworden. Anfeindungen zwischen den verschiedenen Interessen innerhalb der Szene hätten zugenommen. "Es gab auch Anschläge auf unser Haus", erinnert sich Gödde.
Junge Erwachsene, die seit vielen Jahren die Subkultur Bielefelds verfolgen, sehen in der ganzen Diskussion eine Gefahr für die Meinungs-, Rede- und Kunstfreiheit. Die Stadt ließe sich als Zensur-Institution von linken Gruppen instrumentalisieren, sagt ein Bielefelder. "Die Leute müssen endlich an einem Tisch kommunizieren und nicht über die Zeitung."
Die Diskussion über den anstehenden Auftritt des "Zuhälter"-Rappers geht auch auf nw-news.de weiter. Mittlerweile haben mehr als 100 Leser kommentiert und 1.850 abgestimmt: 61,5 Prozent befürworten einen Auftritt Kollegahs in Bielefeld, 27,6 Prozent sind dagegen. Fans sehen in den Texten "Satire", andere nur "Ghetto-Geprotze". Der Medienpädagoge Uwe Sander von der Uni Bielefeld glaubt nicht, dass alle Hörer eine satirische Tendenz auch so verstehen. "Rapper bewegen sich bewusst an der Grenze oder überschreiten diese." Auf nw-news.de analyiert der Pädagoge morgen die ambivalenten Texte Kollegahs.
Bildunterschrift: Coole Pose: Der "Zuhälter-Rapper" Kollegah polarisiert. Sein Konzert in Bielefeld wird vom Kamp ins "Stereo" im Neuen Bahnhofsviertel verlegt.
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Lesezeichen / Aufklären statt meckern / Kollegahs Auftritt in Bielefeld
Carmen Pförtner
Die Texte von Deutsch-Rapper Kollegah sind weniger Geschmacks- als viel mehr Haltungssache. Die Frage ist nicht, ob sie tatsächlich satirisch gemeint sind. Die Frage ist eher, wie viele der Kinder und Jugendlichen, die seine Musik hören, nur die bloßen Kraft- und Gewaltausdrücke verstehen.
Nichtsdestotrotz leben wir in einem Land mit Meinungsfreiheit. Gerade Musik sollte die beste Plattform für (Anders)denkende sein, ihre Positionen zu verdeutlichen. Kein Jugendamt und keine studentischen Gruppierungen sollten sich anmaßen, sich zu Zensoren aufzuspielen.
Bielefeld ist bislang bekannt für sein vielfältiges und vielschichtiges kulturelles Angebot. Für vielschichtige Meinungen, die in Form von Kunst, Literatur und Musik zum Ausdruck kommen. Diskussionen um Inhalte sind gewünscht und sollten offenen geführt werden - Meinungen leben und wachsen damit.
Kollegah sollte in Bielefeld auftreten - die Kraft für sinnlose Diskussionen sollte allerdings viel sinnvoller investiert werden. In mediale und jugendgerechte Aufklärungsarbeit zum Beispiel, damit die Fans von Kollegah seine Texte nicht wörtlich nehmen. Damit sie wissen, dass Rap nicht gleich Rap ist. Damit sie keine tabulosen Worte aus Kollegahs Wortschatz in ihren eigenen übernehmen.
Das wäre sinnvolle Jugendarbeit, die direkt am Thema ansetzt. Um es mit Kollegahs Worten zu sagen: "Sach den Leuten ma was hier los is."
carmen.pfoertner@ihr-kommentar.de
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Neue Westfälische 01 - Bielefeld West, 01.12.2011:
Der Kampf um Kollegah / Kamp eventuell zu klein: Streit um "Zuhälter-Rapper" heizt Kartenverkauf an
Von Carmen Pförtner
Bielefeld. Wird Kollegah im Kamp auftreten? Diese Frage treibt nicht mehr nur die Programmmacher des Kulturkombinats Kamp und die studentischen Initiativen um, die in einem offenen Brief die Absage des Konzerts gefordert haben (wir berichteten gestern). Mittlerweile beschäftigen sich mit dem "Zuhälter-Rapper" auch das Jugendamt, der Kinder- und Jugendverband "Die Falken" und rund 500 NW-Leser, die diskutiert und abgestimmt haben.
"Das Problem erübrigt sich gerade von selbst", sagt Cayan Cankatli, Programmverantwortlicher des Kulturkombinats Kamp. Denn die Nachfrage nach Karten für das umstrittene Konzert sei derart in die Höhe geschossen, dass die Show eventuell in einer größeren Lokalität stattfinden müsse. "Der Druck auf uns ist derart gestiegen, dass es verschiedene Überlegungen gibt, um allen Seiten gerecht zu werden", sagt Cankatli.
Das wäre zumindest für den Kinder- und Jugendverband Die Falken eine annehmbare Lösung. Denn räumlich gibt es durchaus Überschneidungen zwischen der Kinder- und Jugendarbeit der Falken und dem Kulturkombinat. "Wir stehen dem Konzert sehr kritisch gegenüber", sagt Ulrich Gödde, Geschäftsführer der Falken. Zwar sei Jugendkulturarbeit häufig polarisierend, "wir befürworten die Texte von Kollegah aber nicht".
Falls das Konzert am 16. Dezember in den Räumen des Kamp stattfinden sollte, werde das Team überlegen, während der Vorbereitungen das Haus zu verlassen. "Damit die Jugendlichen nicht in Berührung mit dem Rapper kommen", so Gödde. Cayan Cankatli kann darüber nur schmunzeln: "Die Jugendlichen von nebenan hören diese Musik und haben sich schon Karten gesichert."
Auch das Jugendamt habe sich am vergangenen Montag mit dem Kamp in Verbindung gesetzt und eine Absage des Konzertes gefordert. "In einem Haus, welches offene Kinder- und Jugendarbeit fördert, darf diese Art von Musik nicht aufgeführt werden", sagt Michael Wendt, stellvertretender Leiter des Jugendamtes. Auch wenn die Texte des Rappers Kollegah auf keinem Index stünden, appelliere er an das Kamp-Team, das Konzert abzusagen.
Denn das Kulturkombinat Kamp, das als eigenständiger Verein agiert, hat eine Raum-Nutzungsvereinbarung mit dem Kinder- und Jugendverband Die Falken geschlossen. Die Falken wiederum werden als Jugendhilfeträger von der Stadt Bielefeld finanziell unterstützt - dementsprechend sind auch die Räume des Kamp subventioniert. "Das ist aber eine grundsätzliche Haltung gegen eine solche Musik - egal, in welchen Räumen das Konzert stattfindet", betont Wendt vom Jugendamt.
Ein heikles Thema, das besonders junge Leute in Bielefeld interessiert: Bei einer Umfrage der NW haben 571 Leser abgestimmt - 45,6 Prozent davon sind für einen Auftritt Kollegahs in Bielefeld, 42 Prozent dagegen (Stand 18.30 Uhr). Von "Zeitverschwendung" ob einer solchen Diskussion sprechen die einen. Für viele gehört Kollegah allerdings zur musikalischen Vielfalt des HipHop und "Gangsta"-Rap zum "Bestandteil der zeitgenössischen Jugendkultur", schreibt ein Kommentator.
Kollegah, der mit bürgerlichem Namen Felix Blume heißt, bezeichnet seinen Musik-Stil selbst als "Zuhälter-Rap". Die Inhalte seiner mittlerweile neun Alben haben deutliche sexistische, gewaltbereite, diskriminierende und Frauen verachtende Tendenzen. Fans sehen darin "Satire" und "Ironie", andere nur "stumpfes Ghetto-Geprotze". Anders als vieler seiner Rapper-Kollegen wie Favorite oder Casper, mit denen Kollegah schon zusammen gearbeitet hat, ist seine Wortwahl deutlicher, extremer und tabuisierter.
Info / Kommentare auf nw-news.de
Mündiger Bürger: "( ... ) so treffen hier moderne lyrische Ergüsse, wenn auch provokant, nicht auf fruchtbaren Boden und lösen zwangsläufig Unverständnis aus."
Marc Huelsewede: "Meiner Meinung nach sind solche Konzerte in einem Jugendzentrum legitim. Man muss diese Musikform nicht mögen, aber verbieten geht nicht."
Marianne Weiß: "Selbst wenn nicht alles Satire wäre, wenn die Ironie ( ... ) verschlossen bleibt, selbst wenn er ( ... ) seine Texte ernst meint: ( ... ) Das ist schlicht die Freiheit der Kunst und Kultur."
Mirror: "( ... ) einen stumpfen Müll singt dieser Blume."
Faldera: "Die ganze Aufregung kommt doch nur, weil das Kamp über seine selbstauferlegten Statuten und sein soziales und alternatives Image stolpert."
Bielefelder_Southside: "Wenn irgendwelche Punkbands im AJZ spielen, ( ... ) ihr "all cops are bastards" trällern etc. regt sich keiner auf."
Bildunterschrift: Wird er dort jemals wirklich stehen? Der Rapper Kollegah in einer Montage vorm JZ Kamp.
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Neue Westfälische 01 - Bielefeld West, 30.11.2011:
Streit um "Zuhälter-Rap" / Kollegah im Kamp / Kritiker fordern Absage wegen diskriminierender Inhalt
Von Carmen Pförtner
Bielefeld. "Porno"- und "Gangsta"-Rap, Frauen verachtende, sexistische und reaktionäre Ideologien, Diskriminierung von Homosexuellen - die Texte des Musikers Kollegah strotzen vor Egozentrik und Tabu-Brüchen. Am 16. Dezember soll der Deutsch-Rapper im Kamp auftreten - jetzt werden Forderungen laut, das Konzert zu kippen.
Ein offener Brief mit der Forderung an das Kulturkombinat JZ Kamp, Stellung zu beziehen und das Konzert abzusagen, lag vor einigen Wochen im Briefkasten des Programmverantwortlichen Cayan Cankatli. Unterschrieben vom AStA der Uni und der FH Bielefeld, des Feministischen Referats, der AntiKnastGruppe und der Autonomen Antifa Bielefelds. "Wenn jemand frühzeitig das Gespräch gesucht hätte, wären wir zu Verhandlungen und einer anderen Lösung bereit gewesen", sagt Cayan Cankatli, der für das Programm des Kamp verantwortlich ist. Jetzt, zwei Wochen vor dem Konzert, gebe kaum Spielräume mehr für einen Konsens.
"Kollegah polarisiert, überschreitet Grenzen, bricht Tabus durch Provokation. Aber das ist die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen, die hierher kommen", sagt Cankatli. Für ihn und seinen Verein des Kulturkombinats sei klar, dass sie sich nicht vom Künstler distanzieren werden. "Wir stellen uns nicht als Richter auf."
Denn die Texte des 26-jährigen Rappers, der den bürgerlichen Namen Felix Blume trägt, stünden auf keinem Index und würden nicht gegen Gesetze verstoßen. Außerdem, so betont Cankatli, seien viele Texte, gerade auch alternativer Bands, ebenso voll von Gewalt verherrlichenden und sexistischen Inhalten. "Aber die sagen es nicht so direkt oder auf englisch."
"Texte stehen auf keinem Index und verstoßen nicht gegen Gesetze"
Das ansonsten anspruchsvolle und abwechslungsreiche Programm des Kamp generiere wenig Einnahmen, so Cankatli. Da müssten solche Konzerte her, die die anderen finanziell abfingen. "Auch wenn das nicht zum Geschmack des gesamten Vereins passt", sagt Cankatli. "Wir finanzieren uns immerhin über eigene Einnahmen."
Für die studentischen Initiativen ein Hohn. In ihrem offenen Brief schreiben sie: "Enttäuschend mussten wir feststellen, dass das Kulturkombinat des JZ Kamp anscheinend doch keine Probleme damit hat, Rappern wie Kollegah eine Bühne für ihre mehr als fragwürdigen und verachtenden Inhalte zu geben." Und im Grunde ist die ganze Situation, die öffentliche Aufregung und Diskussion genau das, was die Berühmtheit des Rappers aufwertet. "Uns ist bewusst, dass die öffentliche Entrüstung über die Texte verschiedener Rapper Teil ihrer Marketingstrategie ist", heißt es im Brief.
Zu spät, denn mittlerweile hat sich sogar das Jugendamt beim Kulturkombinat JZ Kamp gemeldet und um ein Gespräch gebeten. "Das wird in den nächsten Tagen stattfinden", sagt Cayan Cankatkli. Gestern Nachmittag war das Jugendamt für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Heute wird das Kulturkombinat JZ Kamp eine Stellungnahme auf der Homepage veröffentlichen.
Cankatli ärgert sich vor allem über die Art der Kritik: Flugblätter mit verbalen Angriffen hätten mittlerweile das JZ Kamp erreicht und seien seiner Aussage nach auch in der Uni verteilt worden. "Mit einem frühzeitigen, freundlichen Gespräch hätte die Sache nicht so eskalieren müssen, wie sie es jetzt ist."
Bildunterschrift: Polarisiert: Der deutsche Rapper Kollegah, mit bürgerlichem Namen Felix Blume, betitelt seinen Stil als "Zuhälter-Rap".
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DISharmonie - Initiative gegen den Normalzustand, 23.11.2011:
Pornorap ist die Theorie - Gewalt die Praxis?!
Am 16.12.2011 findet in den Räumen des Jugendzentrums Kamp in Bielefeld ein Konzert mit dem Musiker Kollegah statt. Die Musik von Kollegah, mit bürgerlichen Namen Felix Blume, wird dem Gangsta-Rap zugeordnet. Während er selbst seinen Stil als Zuhälterrap bezeichnet, taucht im Zusammenhang mit Musikern wie Kollegah, Frauenarzt oder King Orgasmus One auch der Begriff Porno-Rap immer häufiger auf.
Egal wie Kollegah und seine Kollegen ihre Musik selbst bezeichnen oder wie diese bezeichnet wird, keine dieser Benennungen umreißt auch nur im Entferntesten, das was durch ihre Texte ausgedrückt und einem meist jugendlichen Publikum vermittelt wird: eine absolut Frauen verachtende und -feindliche, heterosexistische und homophobe Weltanschauung, in der brutalste Gewalt, vor allem gegen Frauen, geehrt, verherrlicht und verharmlost wird. Es sind Männerphantasien die immer auf Unterdrückung, Erniedrigung, Verletzung, Unterwerfung anderer hinauslaufen und den Akteur so über andere erheben und ihm dadurch das Recht geben ihr Leben zu beherrschen. Diese menschenverachtenden Vorstellungen sind nicht neu und ähneln sehr anderen autoritären, reaktionären Ideologien. Um so wichtiger ist es dagegen vorzugehen und dieses Konzert zu verhindern.
Üblicherweise wird an dieser Stelle das oben Gesagte durch Zitate aus den Song-Texten belegt, darauf möchten wir hier verzichten. Denn wir wollen Kollegah und Konsorten nicht noch mehr Raum geben indem wir ihre diskriminierenden Inhalte hier wiedergeben. Zitate und Texte die das oben gesagte unterstreichen und belegen gibt es zur Genüge im Internet
- zum Beispiel: www.lyricsmania.com/kollegah_lyrics.html -.
Alle die es genau wissen wollen können problemlos die Texte von Kollegah finden. Nicht die Beweisführung ob Kollegah’s Texte sexistisch sind ist das Entscheidende, denn sie sind es einfach, oder die Frage ob Porno- und Gewaltrap verboten werden sollte, sondern wieso Bands mit derart Gewalt verherrlichenden, erniedrigenden und diskriminierenden Texten gerade bei jungen Menschen derart angesagt sind.
Auch wenn wir Kollegah und Kollegen als besonders krass begreifen und darum auch angehen, wissen wir doch, dass sie im Grunde lediglich die patriarchale Gesellschaft widerspiegeln und vorhandene Klischees, Rollenbilder und Vorurteile - wenn auch in überspitzter Form - bedienen. "Sex sells" und auch das Bild, dass Frauen passive Objekte sind, über die Männer jederzeit verfügen können ist immer noch eine sehr weit verbreitete Vorstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen.
Die Reduzierung von Frauen auf ihren Körper ist Alltag. Doch während gesellschaftlich Gewalt gegen Frauen scheinbar tabuisiert ist, wird der gewalttätige Umgang mit Frauen in Kollegahs Texten als "normal" und berechtigt dargestellt. Dass solche Darstellungen, das ohnehin nur rar vorhandene Bewusstsein, dass ein "Nein" bei einer Anmache auch als "Nein" zu akzeptieren ist, untergraben, bedeutet zugleich, dass solche Texte indirekt auch zu sexualisierter Gewalt aufrufen. Gewalt gegen Frauen, die durch Menschen wie Kollegah propagiert, gutgeheißen und damit letztlich auch forciert wird, ist leider alltäglicher Normalzustand, darf aber nie als "normal" begriffen werden. Und das gilt auch in Bezug auf die Diskriminierung von Schwulen und Lesben.
Denn das Weltbild das Kollegah verbreitet ist kein anderes, als das gesellschaftlich Anerkannte. Schwul als Schimpfwort findet sich überall, ob in Schulen, in Kneipen, auf Sportplätzen oder sonst wo auf der Straße. Homophobe Denkmuster sind in vielen Köpfen immanent vorhanden und Homosexualität als krank, pervers, schwach, unnatürlich, unmännlich zu bewerten wird gerade auch von einigen gesellschaftlich relevanten Gruppen beständig vorangetrieben. So findet sich Kollegah in einer illustren Gesellschaft wieder, zusammen mit der katholischen Kirche, religiösen und konservativen FundamentalistInnen (unterschiedlichsten Glaubens) und Nazis.
Diskriminierung in jeglicher Form ist nicht zu dulden, egal gegen wen und muss entschieden von der Wurzel an bekämpft werden. Der Aufruf zu Missbrauch, zu sexualisierter Gewalt, zu Folter und Erniedrigung ist niemals ein Witz und was das künstlerische daran sein soll bleibt zweifelhaft. Die Zuspitzung durch diese offene Propagierung von gewaltvollem Sexismus und Homophobie durch Kollegah und Co ist nicht zu ertragen!
Dass die Entrüstung bei Texten wie denen von Kollegah gering ist und dieser sogar noch entschuldigt wird, zeigt schlicht, dass die Auseinandersetzung mit allen Gewaltverhältnissen gleichermaßen nach wie vor nicht geführt wird oder die Gewöhnung an Sexismus und sexistisch motivierte Gewalt nach wie vor dazu führt, dass diese entschuldigt und verharmlost wird. Kollegah bewegt sich mit seinen homophoben und frauenfeindlichen Versen anscheinend in einem Rahmen, der als nebensächlich abgetan wird, weil seine diskriminierenden Mechanismen gesellschaftlich Akzeptanz finden. Würden die sexistischen Diskriminierungen in den Texten Kollegahs durch rassistische ersetzt werden, wäre der Aufschrei sicherlich ein Anderer. Die Konzerte würden verhindert werden.
Doch so sehen die Verantwortlichen des Konzertes offenbar, obwohl sie bereits in Form eines offenen Briefs
- www.femref.blogsport.de -
von mehreren Gruppen, mit der Kritik konfrontiert wurden, weder die Notwendigkeit darauf zu reagieren, noch das Konzert abzusagen. Gewalt gegen Frauen, Sexismus und Homophobie sind eben egal und eine nicht zu ändernde und zu vernachlässigende und alltägliche Normalität.
Uns ist bewusst, dass die öffentliche Entrüstung über die Texte verschiedener Rapper Teil ihrer Marketingstrategie ist, dies darf aber nicht dazu führen, dass das Abfeiern von Sexismus und brutaler Gewalt gegen Frauen einfach stillschweigend hingenommen wird! Wir fordern daher alle Menschen auf, dem Kamp als veranstaltendem Laden, sowie dem Kulturkombinat als verantwortlicher Gruppe deutlich zu machen, was sie davon halten einem Interpreten wie Kollegah eine Plattform für seine menschenverachtenden Texte zu bieten.
Sexualisierter Gewalt und Sexismus muss auf allen Ebenen und mit allen Mitteln entschlossen entgegen getreten werden!
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AStA der Universität Bielefeld - AStA der Fachhochschule Bielefeld - FemRef an der Universität Bielefeld - AntiKnastGruppe Bielefeld - Autonome Antifa Bielefeld, 16. November 2011:
Offener Brief an das "Kulturkombinat Kamp e.V." zum Auftritt des Rappers "Kollegah"
Wie bekannt wurde, soll der Rapper "Kollegah" am 16.12.2011 im JZ Kamp spielen.
Felix Blume aka "Kollegah" verwendet in seinen Texten bewusst frauenfeindliche, sexistische, homophobe Inhalte und schreckt auch nicht davor zurück, Vergewaltigungen positiv darzustellen oder Inhalte aus dem Nationalsozialismus zu verharmlosen.
Nicht selten benutzt er Textzeilen, wie: " … Ey du Schwuchtel wachst nachts auf mit steifem Schwanz, nach einem Traum von einem Mann. Es ist der homophobe King im Biz, der Modedrogen an Gesindel tickt … " aus dem Lied "Outro" oder: " …Ich komm und deportiere deutsche Rapper, vergewaltige die Mütter gebe Dick in die Gesichter und schicke diese Cockbitches dann auf den Straßenstrich … " aus dem Lied "Endlösung`". Auch im Lied "Showtime again`" rappt er Textzeilen, wie: " … Kid, ich würde lügen, wenn ich sagen würde: nein, ich habe nie ne minderjährige Bitch missbraucht. Ich zerficke die Frau die du geheiratet hast … ".
Die Liste an diskriminierenden Textzeilen ließe sich problemlos fortsetzen.
In einer Stellungnahme des Kulturkombinates zur Forderung neuer Räume, für das Selbige, besagt ein Textauszug: " … Wir holen jugendkulturelle Aktivitäten dort ab, wo sie stattfinden, also aus der Szene mit der Szene für die Szene und es besteht keinerlei Ausgrenzung außer homophoben, sexistischen, rassistischen und gewaltverherrlichenden Tendenzen gegenüber, die wir in keinster Weise tolerieren … "
Enttäuschend mussten wir feststellen, dass das Kulturkombinat des JZ Kamp anscheinend doch keine Probleme damit hat, Rappern wie "Kollegah" eine Bühne für ihre mehr als fragwürdigen und verachtenden Inhalte zu geben.
Wir fordern das Kulturkombinat auf, Stellung zu beziehen und das Konzert am 16.12.2011 abzusagen!
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