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Ev. Kirchenkreis Paderborn , 04.10.2001 :

Demonstration gegen Abschiebehaft in Büren / Rund 1.200 Menschen protestieren vor Haftanstalt gegen das "Abschiebe-Regime" der Bundesrepublik

Büren (da). "Weg mit allen Abschiebeknästen" forderten am Mittwoch, 3. Oktober, weit mehr als tausend Menschen mit einer friedlichen Demonstration vor der Abschiebehaftanstalt in Büren bei Paderborn. Nach einem Protestmarsch durch die Stadt warnten Sprecher mehrerer Menschenrechtsorganisationen bei der Abschlusskundgebung auf dem Bürener Marktplatz vor einer drohenden Verschärfung der Ausländergesetze.

"Im Zuge des geplanten Einwanderungsgesetzes wird die Abschiebehaft ausgebaut und die Grenzen Europas weiter abgeschottet", befürchten die Vertreter antirassistischer, antifaschistischer und flüchtlingsunterstützender Gruppen in Deutschland, die zu der Veranstaltung aufgerufen hatten. Jan Hofmann, Sprecher des bundesweiten Netzwerks "Kein Mensch ist illegal" warnte, dass als Konsequenz der Terroranschläge in Amerika auch eine Verschärfung des Ausländerrechts drohe.

Vor der Haftanstalt sprachen Mitglieder von Flüchtlingsinitiativen und Freunde Gefangener Grußworte in mehreren Sprachen, um den Inhaftierten zu zeigen, "dass sie nicht allein gelassen sind". Mit Pfeifen und Glocken protestierten die Demonstranten lautstark gegen das "Abschiebe-Regime" der Bundesrepublik, das ein eindeutiger Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person sei.

Frank Gockel vom Bürener Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft", betonte, dass "die Menschen, die hier eingesperrt sind, keine Straftat begangen haben". Die Betroffenen seien praktisch nur inhaftiert, damit sie den Behörden im Moment der Abschiebung nicht entwischen könnten. Sozialverbände fordern seit längerem, dass die Dauer der Abschiebehaft drei Monate nicht übersteigt. "Viele sitzen allerdings über Monate in Abschiebehaft", so Gockel, da ihre Heimatländer ihnen die Wiedereinreise verweigerten.

"Solange Menschen in Deutschland in Abschiebehaft sitzen", so ein Sprecher der Flüchtlingsorganisation The Voice (Die Stimme), "ist der dritte Oktober kein Tag zum Feiern, sondern ein Tag der Schande für Deutschland."

Büren sei ein Beispiel für den "heimlichen und unheimlichen Rassismus" in Deutschland, hieß es in einem Papier der Initiative 'Abschiebehaft abschaffen!', die zu der Demonstration aufgerufen hatte. Abgelegen in einem Waldstück steht hier seit acht Jahren eines der größten Abschiebegefängnisse in Deutschland. In der umgebauten ehemaligen NATO-Kaserne sitzen derzeit knapp über 400 Abschiebehäftlinge hinter einer sechs Meter hohen Betonmauer. 1994 wurde bekannt, dass es in der Bürener Haftanstalt zur schmerzhaften Fesselung von Gefangenen kam, die von vielen Menschenrechtsorganisationen als Folter bezeichnet wird; 1999 verbrannte ein Häftling in einer Isolationszelle.

Für die Inhaftierten galten während der Demonstration verschärfte Sicherheitsmaßnahmen; sie mussten in ihren Zellen bleiben und konnten keine Besucher empfangen.

Die Polizei hatte das Gelände etwa 50 Meter vor der Haftanstalt abgeriegelt. Nach den Erfahrungen in den letzten Jahren, so ein Polizei-Sprecher, rechnete man von vornherein allerdings nicht mit Ausschreitungen. So waren insgesamt weniger Beamte im Einsatz als bei früheren Demonstrationen und nur vereinzelt habe man vor der Demonstration Fahrzeugkontrollen durchgeführt.

Die Demonstranten zogen später durch die Stadt und versammelten sich zur Abschlusskundgebung auf dem Bürener Marktplatz. "Die Greencard-Debatte hat zu einer Modernisierung des Rassissmus geführt", sagte Jan Hofmann. So sollen hochqualifizierte Arbeitskräfte zwar leichter einreisen können, die Unerwünschten aber umso stärker ausgegrenzt und noch rigoroser abgeschoben werden.

Angemeldet wurde die Veranstaltung von der innenpolitischen Sprecherin der PDS-Fraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, die die Abschiebepolitik der Bundesregierung am Rande der Veranstaltung als "skandalös" bezeichnete.


PAD-KK-Kreiskirchenamt@kkpb

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