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Neue Osnabrücker Zeitung ,
24.03.2004 :
Jeden Morgen: "Hausmeister, ich liebe dich"
Hesepe (ln). Als Seelsorger und Handwerker in einer Person kennen sie alle Bewohner und sind die erste Anlaufstelle für fast jedes Problem: Die 13 Hausmeister in den acht Unterkünften der Landesaufnahmestelle.
Jerzy Brylski, Andreas Botte und Karl-Heinz Trinen gehören dazu. Von früh morgens bis mindestens 20 Uhr sind ihre Büros an den Gebäudeeingängen geöffnet. Hier werden Zahnpasta und Bettwäsche ausgegeben, und wenn für die Bewohner amtliche Post kommt, helfen die Hausmeister auch schon mal beim Übersetzen. Dadurch seien sie oft die Ersten, die wichtige Wendungen im Leben der Flüchtlinge mitbekommen, erläutert Brylski, der Bewohnern auch tröstet, wenn es nötig ist. "Seelsorger" beschreibe seine Tätigkeit deshalb wohl manchmal besser als Hausmeister.
"Bei schwierigen Problemen verweisen wir an die Betreuer, aber zunächst versuchen wir selbst zu helfen", erläutert sein Kollege Botte. Zu den Aufgaben, die eher an den Beruf Hausmeister erinnern, gehören kleinere handwerkliche Arbeiten wie die Reparatur einer Türklinke. Denn "zwei linke Hände darf man auch nicht haben", erinnert Trinen, der wie seine beiden Kollegen eine handwerkliche Ausbildung hat. Fremdsprachen sind keine Voraussetzung, aber seine Russisch-Kenntnisse haben Botte schon oft geholfen, wie er erzählt.
Auf Englisch muss er ausweichen, wenn er sich mit Christopher Weah aus Liberia unterhält, der von der Arbeitsvermittlung in der Aufnahmestelle regelmäßig zur Unterstützung der Hausmeister eingeteilt wird. Mit Botte und Brylski versteht sich Weah deshalb besonders gut, der wegen seiner Tätigkeit inzwischen "Hausmeister zwei" genannt wird. Weah nimmt es mit Humor und fährt mit Botte sogar sonntags in die Kirche nach Bramsche. Die ist zwar nicht katholisch wie er selbst, "aber zu Gott beten kann man überall", sagt Weah.
Bei so engem Kontakt bauen sich oft intensive persönliche Beziehungen auf. "Wir kriegen auch im Alltag immer wieder Einladungen zum Tee", erzählt Botte. Selbstverständlich, sagt Brylski, unterstützte er auch schon mal, wenn Liebesbotschaften auf Deutsch per SMS verschickt werden sollen, und das bringt offensichtlich Sympathiepunkte. Als Dank sammeln sich im Büro Fotos von ehemaligen Bewohnern, kleine Geschenke, und zum Abschied gibt es "immer wieder Umarmungen".
Keine Zeit mehr für Umarmungen bleibt, wenn plötzlich Beamte des Landeskriminalamts vor der Tür stehen. Dann droht eine Abschiebung, und auch den Hausmeistern bleibt nichts anderes übrig, als beim Taschepacken zu helfen. Aber "meistens passiert das in den frühen Morgenstunden", erklärt Brylski, "und wir können später nur noch feststellen, dass jemand fehlt."
Bei den wenigen ehemaligen Bewohnern unter den Asylbewerbern, die längere Zeit in Deutschland bleiben dürfen, oder bei jüdischen Emigranten hält sich der Kontakt oft auch länger.
"Eddy zum Beispiel", der jetzt in Nordhorn wohnt, "kommt regelmäßig zu Besuch", freut sich Botte. "Wir haben natürlich auch andere Fälle", ergänzt Brylski erst auf Nachfragen. Am ehesten gebe es "unter den allein reisenden Männern Typen, die einfach Ärger machen wollen". Eingetretene Türen und eingeschlagene Fenster seien aber eine Seltenheit. Da ist es dem Balkumer schon lieber, dass ihm ein syrischer Bewohner zur Begrüßung immer wieder zuruft: "Hausmeister, ich liebe dich."
f.wiebrock@neue-oz.de
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