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Grafschafter Nachrichten , 23.08.2004 :

500 Demonstranten vor Aufnahmestelle / Protest / Auch Asylbewerber an Aktion beteiligt – "Das Lager muss weg" – 200 Polizisten im Einsatz

Von Thomas Strünkelnberg

Zum Auftakt bundesweiter Proteste "Gegen Abschiebung und Ausgrenzung" haben am Sonnabend rund 500 Menschen in Bramsche-Hesepe (Kreis Osnabrück) demonstriert.

Bramsche/Osnabrück. Mit Trillerpfeifen, Sprechchören und Transparenten mit der Aufschrift "Abschiebelager abschaffen" protestierten die Demonstranten gegen die niedersächsische Landesaufnahmestelle in Bramsche. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich an der Protestaktion auch rund 200 Asylbewerber. An der Aufnahmestelle warfen sich die Demonstranten gegen die Zäune und riefen "Das Lager muss weg". Ein Teilnehmer sei wegen Widerstandes festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Rund 200 Polizisten waren nach den Angaben von Einsatzleiter Klaus Bergmann im Einsatz.

Als das "bundesweit größte Abschiebelager" bezeichnete Hildegard Winkler vom Verein Avanti die Landesaufnahmestelle. Der Verein hatte die Proteste mit organisiert. "Wir wollen die Abschaffung aller Lager", weil diese Unterbringung menschenunwürdig sei, sagte sie. Die Demonstranten hätten lediglich symbolisch an den Zäunen gerüttelt. "Ich finde es nicht in Ordnung, dass die Polizei sofort eingreift." Bergmann bezeichnete das Rütteln an den Zäunen dagegen als "eindeutig rechtswidrig".

Der Leiter der Einrichtung, Conrad Bramm, wies alle Vorwürfe der Demonstranten zurück: "Unsere Bewohner werden instrumentalisiert, das ist das Schlimme." Die Aktionen schürten vor allem Ausländerfeindlichkeit in der deutschen Bevölkerung, warnte er. Die CDU-Landtagsabgeordnete Irmgard Vogelsang sagte, "die Vorwürfe sind absolut fehl am Platz. Die Unterkünfte sind sauber und ordentlich."

Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums sind die 510 Bewohner aus 27 Nationen zu 95 Prozent abgelehnte Asylbewerber. Ausgelöst hatte die Proteste ein Brief tschetschenischer Flüchtlinge. Sie beklagten sich über die Unterbringung in der Einrichtung. "Die Bewohner wollen den Transfer in Gemeinden, sie verbinden damit eine Bleibeperspektive", erklärte Bramm. Diese jedoch gehörten eigentlich nicht in die Einrichtung. Denn sie hätten die Chance, in Deutschland zu bleiben.
Bei der Bevölkerung im Bramscher Ortsteil Hesepe blieben gemischte Gefühle. Jedoch: "Die Behauptung der Demonstranten, die Menschen lebten wie in einem Gefängnis, kann ich nicht glauben", sagte Almuth Steffen. "Die bauschen alles auf. Die Flüchtlinge können kommen und gehen, wie sie wollen. Und das Verhältnis ist gut."

Flüchtlinge und Unterstützer wollen bis zum 5. September in ganz Deutschland gegen Abschiebung und vermeintliche Ausgrenzung protestieren.


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