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Lippische Landes-Zeitung ,
20.08.2004 :
Zivilcourage setzt Grenzen / Ordnungspartnerschaft Leopoldshöhe kontrolliert die Treffpunkte der Jugendlichen
Leopoldshöhe-Asemissen (sew). Partys machen draußen am meisten Spaß - zumindest den Jugendlichen. Sie genießen die Sommernächte und treffen sich auf der Berliner Straße in Asemissen oder auf den Spielplätzen. Die Kehrseite erleben die Anwohner. Sie beschweren sich über den Lärm und den Müll, der regelmäßig liegen bleibt. Die LZ ließ sich die Situation von Bauhofleiter Andreas Glatthor, dem Mitarbeiter des Ordnungsamtes Klaus Sunkovsky und dem Polizei-Bezirksbeamten Jürgen Hampe schildern und begleitete das Team der Ordnungspartnerschaft am Freitagabend.
Die ersten Grüppchen überholen wir auf dem Weg - und kaum, dass die Jugendlichen den Streifenwagen sehen, machen sie auch kehrt. Einige kommen trotzdem und lassen sich auf ein Gespräch mit Hampe ein. Der Müll, der ist nicht von ihnen. Die Scherben auch nicht, und der Baum, der hat seine Rinde "abgeworfen". Schnell rücken die Jugendlichen in die Defensive, dabei geht es nicht um Schuldzuweisung. "Wir versuchen, ihnen deutlich zu machen, was der Blödsinn für Folgen haben kann", sagt der Bezirksbeamte.
Einen Verantwortlichen festzumachen, ist ausgesprochen schwierig. Schließlich sind die Jugendlichen immer wieder in unterschiedlichen Bereichen unterwegs, einen Stammtreffpunkt gibt es nicht. Wer die Bäume fällt oder Flaschen zerdeppert, lässt sich nicht feststellen, denn die Anwohner beschweren sich zwar, allerdings erst Tage später. "Das ist zu spät, wir können nur effektiv eingreifen, wenn wir sofort angerufen werden. Alles andere bringt nichts", sagt Hampe. Sonst gibt es eben die Standardantwort: "Das waren wir nicht."
Dabei zeigen sich die Jugendlichen einsichtig und reagieren überwiegend freundlich. An der Berliner Straße sitzen vier Gruppen, die offensichtlich nichts miteinander zu tun haben wollen. Die Bierflaschen und Alcopos werden 'rumgereicht, zwischendurch legt ein 17-Jähriger artistische Sprünge mit dem BMX-Rad hin. Nach einem Sprung über den Zebrastreifen ist Hampe zur Stelle und gibt die Richtung vor: Einer wird verpflichtet den Müll wegzuräumen, als er muckt, kassiert der Polizist seinen Personalausweis und notiert die Daten. "In der Gruppe sind sie stark. Klar, wir haben uns früher auch an bestimmten Stellen getroffen und fanden das toll. Das wäre ja auch völlig in Ordnung, wenn die auch die Verantwortung übernehmen und sich entsprechend verhalten würden." Uneinsichtig seien die meisten nicht, eher "bockig".
Einen gewissen erzieherischen Effekt hat die Streife offensichtlich, die mittlerweile zum festen Programm der Leopoldshöher Ordnungsgpartnerschaft gehört: Auf dem Parkplatz vor der Grundschule, wo sich mittlerweile etwa 15 Jugendliche versammeln, heben einige schon automatisch ihren Müll auf und werfen ihn in den Papierkorb.
Wie es auch funktionieren kann, hat Bauhofleiter Andreas Glatthor im Krähenholz erlebt. Dort suchte ein älterer Bürger, der sich über den Müll ärgerte, das Gespräch mit den Jugendlichen - und hatte Erfolg. "Die räumen gemeinsam auf, das läuft prima." Zwischendurch schaut der Bezirksbeamte nach dem Rechten. Dazu schmeißt er die Vespa an. Das "behördliche Anschleichen" funktioniert so: "Die denken, ihr Kumpel kommt, wenn sie den Roller hören und bleiben erst einmal ganz entspannt." Ein Polizist auf der Vespa ? Das finden einige auch "cool", andere "hätten natürlich lieber ihren Kumpel gesehen", sagt Hampe schmunzelnd. Weiterer Vorteil ist, dass der Bezirksbeamte mit der Vespa auch die Schleichwege abfahren kann.
Gefragt, was den Reiz der sommerlichen Treffs im Freien ausmacht, gibts eine klare Antwort: "Bock" macht es, sich kurzfristig zu verabreden, zu "labern" und - das ist nicht zu übersehen - nebenbei einen zu heben. 100 Pfandflaschen hat die Truppe des Bauhofes schon mal gesammelt - die Summe eines Abends, denn mittlerweile kontrollieren die Mitarbeiter täglich Spielplätze und Straßentreffs. "Das kostet eine Menge Steuergelder, aber wir müssen reagieren", sagt Glatthor. Das Buswartehäuschen an der Berliner Straße wurde abgebaut. Das soll auch erst mal so bleiben. Ein ausrangiertes wurde an anderer Stelle alternativ aufgestellt, um die Jugendlichen in die Seitenstraße "umzusiedeln" - ohne Erfolg.
Trotzdem sieht der Bauhofleiter eine Chance, das Problem in den Griff zu kriegen. "Die Bürger müssen sofort bei uns anrufen, wenn sie etwas hören. Zivilcourage setzt deutliche Grenzen und zeigt den Jugendlichen klar, wie weit sie gehen können."
salzuflen@lz-online.de
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