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Lippische Rundschau , 04.08.1990 :

Asylanten werden in Ahmsen untergebracht - Proteste gegen Nacht- und Nebelaktion / Sportler ärgerlich: Riesige Zelte auf dem TuS Parkplatz

Bad Salzuflen (kop). Sie sind nicht informiert oder gefragt worden, weder Mitglieder des Vorstandes, noch der Platzwart. Plötzlich waren die Mitarbeiter einer Zeltverleihfirma am Donnerstagmorgen da und begannen auf dem Parkplatz der Sportanlage des TuS Ahmsen direkt an der B 239 ein riesiges Zelt zur Unterbringung der Asylanten aus Rumänien, die bislang in der Erich-Kästner-Schule in Schötmar untergebracht waren, aufzubauen. Die Sportler reagierten ärgerlich: "Die Bürger von Ahmsen und der Sportverein sind mit dieser Nacht- und Nebel-Aktion völlig überfahren worden", schimpft der Manager des TuS Ahmsen, Hartmut Hoge. "Diese Angelegenheit ist für uns Grund genug, uns zu wehren." Noch am Nachmittag statteten die empörten Vereinsmitglieder dem Sozialdezernenten der Stadt, Dr. Wolfgang Honsdorf, einen Besuch ab, um sich in einem zwar aufgeregten, aber sachlichen Gespräch, zu beschweren. Gestern abend veranstalteten dann die Sportler und die Ahmser Bürger eine Demonstration durch den Ortsteil, um darauf aufmerksam zu machen, dass sie mit der Vorgehensweise der Stadt nicht einverstanden sind.

Der Sportverein habe weiter bereits einen Rechtsanwalt eingeschaltet, um sich zu informieren, was gegen die Unterbringung der Roma in Ahmsen zu unternehmen sei, so Hoge. Außerdem habe man einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gestellt, die den Zeltaufbau verhindern soll. Einige Mütter hätten schon beim Manager angerufen, um ihre Kinder vom Training abzumelden. Voraussichtlich werde auch das erste Heimspiel der Fußballer am nächsten Sonntag, 12. August, ausfallen, damit rechnet der TuS. Diese Situation reiße schließlich auch ein Loch in die Kasse des Vereins, denn auch die Werbepartner hätten sich bereits gemeldet. Diese würden sich bei Spielausfällen weigern, den Verein weiterhin zu unterstützen, informierte der Manager.

Die Sportler fürchten außerdem um ihren Sportplatz, der erst kürzlich für rund 850.000 Mark gebaut worden war. "Wir befürchten, dass die Roma den Platz beschmutzen, wie sie es auf dem Gelände rund um die Erich-Kästner-Schule getan haben", so Hoge. In dieser Angelegenheit hat die Stadt allerdings schon vorgesorgt. In den nächsten Tagen, so war vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Hans Immanuel Herbers, zu erfahren, soll um den Sportplatz ein Zaun gezogen werden. Erfahrungsgemäß würden die Roma nicht einbrechen, sondern nur dort eindringen, wo Türen offen stünden. So wäre der Sportplatz gesichert.

Der Fraktionsvorsitzende betonte weiter, dass die Politiker sich die Entscheidung mit dem Zelt in Ahmsen nicht leicht gemacht hätten. In einer Sitzung der Fraktionsvorsitzenden und Verantwortlichen der Stadt in dieser Woche hatten sie eingehend über einen geeigneten Standort beraten. "Wir mussten zunächst die Situation in Schötmar entflechten", so der stellvertretende Sozialamtsleiter Wolfgang Vögeding. Zur Diskussion hätten dann die Plätze hinter der Masch und an der Begastraße gestanden, berichtete Hans Immanuel Herbers. Gegen die Begastraße habe sich die Kripo ausgesprochen, da dort ein beliebter Treffpunkt der Skinheads, und das sicherlich zu gefährlich für die Roma sei. "Das Gelände hinter der Masch kam auch nicht in Frage, da die Anwohner bemüht sind, ihr bislang asoziales Image aufzupolieren, und das sicherlich nicht gelingt, wenn dort jetzt die Roma untergebracht werden", so der Fraktionsvorsitzende.

Gelände innerhalb von Wohngebieten hätten auch nicht zur Debatte gestanden, dann hätten sich zu viele Bürger beschwert, und bebaubare Flächen würden in Kürze für den Wohnungsbau gebraucht. Also galt es, einen Standort zu suchen, der nicht in einem Wohngebiet liegt. So sei man auf den Parkplatz in Ahmsen gekommen.

Der Manager des TuS Ahmsen schlägt eine andere Alternative vor: "Der TuS Bexterhagen hat einen Ausweichsportplatz im Wald. Dort könnten doch die Asylanten in Ruhe wohnen. Eine andere Möglichkeit wäre der Salzufler Schützenplatz." Dort fände zwar Ende August das Schützenfest statt, aber schließlich hätte der TuS auch ein Vereinsfest für September geplant, was eventuell ausfallen müsste, würde nicht schnellst möglich ein Ausweichplatz für das Festzelt gefunden.

Ein anderes Problem durch die Unterbringung an der B 239 sieht der Vereins-Manager auch in der Gefahr für die Asylanten. "Die B 239 ist eine vielbefahrene Straße. Das ist sehr gefährlich vor allem für die vielen Roma-Kinder." Außerdem werde nach Meinung des TuS-Managers auch ein Problem nach Herford abgewälzt. "In Ahmsen gibt es keine Möglichkeit einzukaufen. Die Roma werden wegen der kürzeren Entfernung sicherlich demnächst in die Herforder City gehen. Und Herford hat doch selbst genügend Probleme mit Asylanten."

Vorerst sieht es allerdings nicht so aus, als würde sich am Standort Ahmsen etwas ändern. Container mit sanitären Anlagen wurden bereits angefahren und auch das Zeltdach wurde gestern morgen übergezogen. Ein Zurück gibt es nicht mehr, daran hatte auch die Diskussion mit Dr. Wolfgang Honsdorf nichts geändert. Der Sozialdezernent konnte den Wünschen der Ahmser, die Zelte wieder abzubauen, nicht entgegenkommen. Aber eines ist sicher. Die Zelte werden dort nur bis Ende Oktober stehen. "Dann beginnt die kühle Jahreszeit und wir müssen nach anderen Lösungen suchen", so Wolfgang Vögeding.

04./05.08.1990
wb@westfalen-blatt.de

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